Hellas Channel
Kopf aus der Schlinge zu ziehen, und mich im Regen stehenlassen. Zweifellos muß ich nun den alten Wein in neue Schläuche füllen, und zudem noch gehörig verdünnen. Das Schlimme ist nur, daß ich die genaue Dosierung nicht weiß und fürchten muß, daß mir am Schluß verwässerter Traubensaft übrigbleibt.
Sowie ich seiner Privatsekretärin meinen Namen nenne, springt sie auf, öffnet die Tür und schiebt mich in Delopoulos’ Büro. Bei ihm sitzt Petratos, auf einem der beiden dem Schreibtisch gegenüberstehenden Sessel, und mustert mich wie die Spinne, der die Fliege ins Netz gegangen ist.
»Setzen Sie sich«, sagt Delopoulos frostig und zeigt auf den anderen Sessel. Mein Hintern ist kaum auf dem Ledersitz angekommen, als er schon über mich herfällt.
»Zu meiner großen Freude geben Sie uns höchstselbst, anstelle Ihres Untergebenen, die Ehre Ihres Besuchs.« Seine Körperhaltung wirkt hinter dem Schreibtisch beeindruckend und einschüchternd, doch sein Blick ist nicht streng. Er erinnert mich an Kostaras, in dessen Augen vor dem Verhör nur Ironie und Verachtung lagen.
»Ich fürchte, daß einer Überprüfung, die der Form halber durchgeführt wurde, zuviel Bedeutung zugemessen wurde, Herr Delopoulos. Vielleicht lag es an der Vorgangsweise von Kriminalobermeister Vlassopoulos. Wir sind verpflichtet, die Aktivitäten aller Personen, die mit dem Opfer in irgendeiner Beziehung standen, zu überprüfen. Wie Sie verstehen werden, habe auch ich Vorgesetzte vor meiner Nase, denen ich Rechenschaft ablegen muß. Ich möchte nicht, daß man mir nachsagt, meine Arbeit nicht gut verrichtet zu haben.«
»Herr Gikas hat mir versichert, daß er Ihnen keinerlei Anweisungen erteilt hat, Herrn Petratos zu überprüfen. Das haben Sie aus eigenem Antrieb getan.«
»Herr Gikas ist der Leitende Kriminaldirektor und steht tagtäglich Hunderten Problemfällen gegenüber. Wir können ihn doch nicht über jede Kleinigkeit, die der Form halber durchgeführt wird, auf dem laufenden halten. Dann käme der Mann ja nie zur Ruhe. Wenn jedoch morgen oder übermorgen irgendeine Lücke in den Nachforschungen auftaucht, dann können Sie sicher sein, daß er mich zuerst zur Verantwortung zieht.«
Ich mache mich ganz klein und spiele das arme Bullenschwein, das ausführende Organ, das sich korrekt nach Vorschrift verhält und vor seinen Vorgesetzten zittert. Doch ich scheine nicht überzeugend zu wirken, denn jetzt geht Petratos zum Angriff über.
»Ich glaube Ihnen kein Wort, Herr Charitos. Sie haben mir selbst an dem Abend, als Sie in mein Büro kamen, erklärt, daß Sie mich für tatverdächtig halten. Sie sind sogar so weit gegangen, mir eine Schriftprobe abzuverlangen.«
»Niemals habe ich behauptet, daß ich Sie für tatverdächtig erachte. Nur, weil Sie darauf beharrten, daß Kolakoglou der einzige Tatverdächtige sei, wollte ich Sie darauf hinweisen, daß es – theoretisch betrachtet – auch noch andere Tatverdächtige gibt. Unter anderem auch Sie. Sie hatten eine Liaison mit der Karajorgi, und sie hat Ihnen den Laufpaß gegeben, sobald sie sich der absoluten Rückendeckung ihrer journalistischen Nachforschungen durch Herrn Delopoulos sicher war. Aber das sollte nur ein Beispiel sein. Sie haben es zu wortwörtlich genommen.«
Meine Worte stürzen ihn in große Verlegenheit, und er weiß nicht, wie er darauf reagieren soll. Delopoulos wirft ihm einen verstörten Blick zu, dann wendet er sich an mich.
»Wer hat Ihnen denn diesen Unsinn eingeredet?« sagt er mit schneidender Stimme. »Herr Petratos hatte überhaupt kein Problem mit Janna Karajorgis Vorrechten. Er selbst hat mir sogar vorgeschlagen, ihr mehr Freiraum zu lassen, da ihre Recherchen dann noch bessere Ergebnisse bringen würden.«
Er merkt nicht, daß er mit dieser Aussage Petratos belastet und dessen Lage verschlimmert. Wenn es nämlich tatsächlich so war, dann hieße das, daß Petratos ihr völlige Rückendeckung von oberster Stelle verschaffte und sie ihm zum Dank einen Fußtritt verpaßte.
»Hören Sie zu, Herr Delopoulos. Herr Gikas hat mir ans Herz gelegt, Ihnen reinen Wein einzuschenken und nichts zurückzuhalten.«
Die Einleitung ist ganz nach seinem Geschmack. Er lehnt sich in seinem Bürostuhl zurück, stützt die Ellbogen auf den Schreibtisch, verschränkt die Finger und harrt meiner völligen, bedingungslosen Unterwerfung.
»Unsere Aufgabe ist es, jede Information, jedes auch noch so unwahrscheinliche Gerücht zu überprüfen. Es zirkuliert nämlich
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