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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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zehn Minuten sind sie wie… wie Knete unter seinen Fäusten. Das
    wundert mich nicht. Ich meine, bei solchen Fäusten… Der Bursche erinnert mich an meinen Ausbilder beim Heer.«
    »Ein harter Bursche?« fragte Nobbs und zündete eine Zigarette an.

    »Ein harter Bursche? Hart? Potzblitz! Dreizehn Wochen des Elends mußten wir überstehen! Jeden Morgen fünfzehn Kilometer laufen. Fast
    immer steckten wir bis zum Hals im Schlamm. Und die ganze Zeit über
    verfluchte uns der Kerl. Ließ sich immer neue Schimpfwörter einfal en.
    Einmal mußte ich die Latrine mit ‘ner Zahnbürste reinigen. Dauerte die
    ganze Nacht. Morgens schwang er einen Stock mit Dornen, um uns zu
    wecken. Er ließ uns nach seiner Pfeife tanzen. Wir haßten den verdamm-
    ten Kerl und hätten es ihm am liebsten heimgezahlt, aber dazu brachte
    niemand von uns den Mut auf. Drei Monate lang machte er uns das Le-
    ben zur Hölle. Doch bei der Abschlußfeier, als wir in Uniform Aufstel-
    lung bezogen und sahen, was aus uns geworden war, richtige Soldaten
    und so… Nun, ich will ganz offen sein.« Die Hunde beobachteten, wie
    Colon sich etwas aus dem Auge wischte, das eine Träne sein mochte.
    »Tonker Haurein, Hoggy Kartoffel und ich… Wir haben dem Burschen
    anschließend in einer Gasse aufgelauert und ihn windelweich geschlagen.
    Meine Fingerknöchel schmerzten drei Tage lang.« Colon putzte sich die
    Nase. »Ach, das waren noch Zeiten. Möchtest du ein Bonbon, Nobby?«
    »Ja, gern, Fred.«
    »Gib dem kleinen Hund auch einen«, sagte Gaspode. Colon gab ihm
    tatsächlich einen und wunderte sich darüber.
    »Siehst du?« Gaspode zermalmte den Bonbon zwischen seinen gräßli-
    chen Zähnen. »Es klappt praktisch immer. Toll, nicht wahr?«
    »Du solltest besser aufpassen«, riet ihm Angua. »Wenn der Große Fido
    dahinterkommt…«
    »Oh, von dem habe ich nichts zu befürchten. Es wird es nicht wagen,
    etwas gegen mich zu unternehmen. Weil ich die Macht habe.« Gaspode
    kratzte sich eifrig am Ohr. »Hör mal, niemand zwingt dich, ins Wach-
    haus zurückzukehren. Wir könnten…«
    »Nein.«
    »Die Geschichte meines Lebens«, verkündete Gaspode. »Da ist
    Gaspode. Gebt ihm einen Tritt.«
    »Ich dachte, du bist jederzeit bei deiner großen, glücklichen Familie
    willkommen«, erwiderte Angua und schob die Tür auf.

    »Wie? Oh. Ja, natürlich«, sagte Gaspode hastig. »Nun, mir gefällt mei-
    ne… äh… Unabhängigkeit. Aber im Prinzip hast du recht. Eine große,
    glückliche Familie wartet auf mich.«
    Angua sprang die Treppe hoch und drückte mit der Pfote die Klinke
    der nächsten Tür.
    Es war Karottes Zimmer. Sein Geruch – das farbliche Äquivalent war
    eine Mischung aus Goldgelb und Rosarot.
    An der einen Wand hing ein Bild, das eine Zwergenmine zeigte. An der
    anderen bemerkte Angua ein weiteres Blatt Papier: Viele sorgfältige Blei-
    stiftstriche formten eine Karte der Stadt; bestimmte Stel en waren nach-
    träglich geändert worden.
    Vor dem Fenster stand ein kleiner Tisch – genau der richtige Platz, um
    möglichst viel Licht zu bekommen und Kerzen zu sparen. Papier lag
    darauf, und Stifte steckten in einem kleinen Topf. Vor dem Tisch stand
    ein alter Stuhl. Unter einem Bein lag ein Stück Pappe, damit er nicht
    wackelte.
    Das war’s auch schon, abgesehen von einer Truhe mit Kleidungsstük-
    ken. Angua fühlte sich an Mumms Zimmer erinnert. Dieser Ort diente
    nur zum Schlafen; niemand wohnte hier.
    Sie fragte sich, ob Wächter wirklich einmal ganz und gar dienstfrei hat-
    ten. Es fiel ihr sehr schwer, sich Feldwebel Colon in ziviler Kleidung
    vorzustellen. Wenn man Mitglied der Wache wurde, war man es rund um
    die Uhr. Für die Stadt war das ein gutes Geschäft, da sie nicht etwa für vierundzwanzig Stunden bezahlte, sondern nur für zehn.
    »Na schön«, sagte Angua. »Ich nehme mir ein Laken. Schließ die Au-
    gen.«
    »Warum?« fragte Gaspode.
    »Anstandshalber.«
    Gaspode schwieg einige Sekunden. »Oh, natürlich. Völlig klar. Ich ver-
    stehe. Es gehört sich nicht, daß ich eine nackte Frau sehe. Das könnte
    mich auf dumme Gedanken bringen. Lieber Himmel!«
    »Du weißt, was ich meine.«
    »Nein, das kann ich nicht behaupten. Ich weiß es nicht. Kleidung war für mich als Hund nie etwas, das man als ein dingsda Dingsbums bezeichnen könnte.« Gaspode kratzte sich einmal mehr am Ohr. »Das sind
    gleich zwei metasyntaktische Variablen. Entschuldige.«
    »Bei dir ist das etwas anderes. Du weißt, wer ich bin. Außerdem sind
    Hunde

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