Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Heulen kletterte die Tonleiter herab, darauf erklang
    ein Leierkasten. Dann war es wieder still.

    »Zwanzig Minuten lang haben die Schüler Luft in die Druckkammern
    gepumpt.« Ridcul y erhob sich und klopfte Staub vom Mantel. »Paß mit
    Vox Dei auf, in Ordnung?«
    »Ugh!«
    Der Erzkanzler sah Mumm an, dessen Gesicht die für werdende Ehe-
    männer typische wächserne Grimasse zeigte. Inzwischen hielten sich
    schon recht viele Personen im Saal auf.
    »Ich bin kein Fachmann für solche Dinge«, sagte er. »Aber hast du den
    Ring dabei?«
    »Ja.«
    »Wer ist der Brautvater?«
    »Sybils Onkel Wirrenhaus. Er ist ein bißchen plemplem, aber sie be-
    stand darauf.«
    »Und der Brautführer?«
    »Was?«
    »Der Brautführer. Du weißt schon. Er reicht dir den Ring und muß die
    Braut heiraten, wenn du wegläufst. Der Dekan hat sich darüber infor-
    miert, nicht wahr, Dekan?«
    »O ja«, bestätigte der Dekan, der den vergangenen Tag damit verbracht
    hatte, Lady Deirdre Wagens Etikettenbuch zu lesen. »Sobald sie hier
    erschienen ist, muß die Braut jemanden heiraten. Unverheiratete Bräute dürfen nicht einfach so durch die Gegend laufen, weil sie eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen.«
    »Den Brautführer habe ich völlig vergessen!« entfuhr es Mumm.
    Der Bibliothekar saß noch immer an der Orgel und wartete darauf, daß
    sich die Druckkammern wieder mit Luft fül ten. Jetzt drehte er sich
    hoffnungsvoll um.
    »Ugh?«
    »Besorg dir einen«, sagte Ridcully. »Du hast noch reichlich Zeit. Min-
    destens eine halbe Stunde.«
    »So einfach ist das nicht! Brautführer wachsen wohl kaum auf Bäu-
    men.«
    »Uugh?«

    »Wer käme in Frage?«
    » Uugh !«
    Der Bibliothekar wol te gern Brautführer sein. Als Brautführer durfte
    man die Braut küssen, und sie durfte nicht weglaufen. Deshalb war er
    sehr enttäuscht, daß Mumm ihn ignorierte.

    Oberobergefreiter Knuddel stieg die Stufen im Kunstturm hinauf und
    brummte leise vor sich hin. Eigentlich hatte er keinen Grund, sich zu
    beschweren. Sie hatten das Los entscheiden lassen, denn Karotte war der
    Ansicht, daß man von den Männern nichts verlangen durfte, zu dem
    man nicht selbst bereit war. Knuddel zog dabei den kürzeren – er mußte
    auf das höchste Gebäude. Das bedeutete: Wenn’s unten in der Stadt
    Remmidemmi gab, fand das ohne ihn statt.
    Er achtete nicht auf das dünne Seil, das von der Fal tür weiter oben he-
    rabhing. Selbst wenn er es bemerkt hätte… Es war doch nur ein Seil…

    Gaspode spähte in die Schatten.
    Irgendwo in der Dunkelheit knurrte es. Gewöhnliche Hunde knurrten
    nicht auf diese Weise. Höhlenmenschen hatten solche Geräusche gehört.
    Gaspode setzte sich. Sein Stummelschwanz zitterte unsicher.
    »Ich wußte, daß ich dich früher oder später finden würde«, meinte er.
    »Auf meine Nase ist eben Verlaß. Ein Präzisionsinstrument, wie ich
    schon sagte.«
    Das Knurren wiederholte sich. Gaspode winselte leise.
    »Du fragst dich sicher, warum ich dir gefolgt bin«, fuhr er fort. »Nun,
    wenn du’s wissen willst, wenn du’s ganz genau wissen willst…«
    Wer ein solches Knurren hörte, bekam kaum Gelegenheit, später da-
    von zu erzählen.
    »Äh, ich habe den Eindruck, daß du derzeit nicht sprechen möchtest«,
    sagte Gaspode. »Aber wenn du wirklich wissen wil st, warum ich dir ge-
    folgt bin… Man hat mich darum… äh… gebeten. Oh, jetzt denkst du
    sicher: Was, Gaspode gehorcht einem Menschen ?«

    Gaspode warf einen Blick über die Schulter – als könnte sich hinter
    ihm etwas Schlimmeres befinden als vor ihm.
    »Das ist eben der Mist, wenn man ein Hund ist«, sagte er. »Und das will
    der Große Fido einfach nicht begreifen. Du hast die Hunde der Gilde
    gesehen. Du hast sie heulen gehört. O ja, Tod den Menschen und so.
    Klingt alles ganz nett. Doch was verbirgt sich dahinter? Furcht. Furcht vor der Stimme, die ›böser Hund‹ sagt. Sie dringt nicht nur von außen an
    die Ohren, sie erklingt auch im Innern, kommt direkt aus den Knochen.
    Weil der Mensch den Hund geschaffen hat. Ich weiß es. Es wäre mir
    lieber, wenn dem nicht so wäre, aber leider kann ich mich keinen Illusio-
    nen hingeben. Dieses Wissen macht die Macht aus. Ich habe Bücher
    gelesen… und sogar gekaut.«
    Die Dunkelheit schwieg.
    »Du bist zur selben Zeit ein Wolf und ein Mensch. Schwierige Sache.
    Eine Art Dichotomie. Du wirst dadurch in gewisser Weise zu einem
    Hund. Denn Hunde sind zur einen Hälfte Wolf und zur anderen
    Mensch. In dieser

Weitere Kostenlose Bücher