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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Karotte ging instinktiv im Patrouillenschritt.

    »Dies ist eine sehr alte Straße«, sagte er. »Unter ihr soll ein Bach flie-
    ßen. Das habe ich irgendwo gelesen.«
    »Wanderst du wirklich gern?« fragte Angua, die neben Karotte ging.
    »Ja. Hier gibt es viele interessante Gassen und historische Bauwerke.
    An meinen freien Tagen streife ich häufig umher.«
    Angua musterte den jungen Mann. Lieber Himmel, dachte sie.
    »Warum bist du zur Wache gegangen?« fragte sie.
    »Mein Vater meinte, sie würde einen Mann aus mir machen.«
    »Das scheint geklappt zu haben.«
    »Ja. Es gibt keine bessere Arbeit.«

»Wirklich nicht?«
    »Nein. Weißt du, was ›Polizist‹ bedeutet?«
    Angua hob und senkte die Schultern. »Keine Ahnung.«
    »Nun, polis ist ein altes Wort für Stadt, und deshalb bedeutet ›Polizist‹
    in etwa ›Mann der Stadt‹.«
    »Ja?«
    »Ich hab’s in einem Buch gelesen. Mann der Stadt.«
    Angua beobachtete Karotte von der Seite. Sein Gesicht schien im
    Schein der Fackel an der nächsten Straßenecke zu glühen. Aber dazu
    kam noch ein innerer Glanz.
    Karotte war stolz. Angua erinnerte sich an den Eid.
    Bei allen Göttern, er ist stolz darauf, ein Wächter zu sein…
    »Und du?« fragte er. »Warum hast du dich der Wache angeschlossen?«
    »Ich? Oh. Nun, ich mag es, mehr oder weniger regelmäßig zu essen
    und unter einem Dach zu schlafen. Außerdem hatte ich keine besonders
    große Auswahl. Entweder Wächterin oder – ha! – Näherin*.«
    »Kannst du nicht gut nähen?«

    * Eine Umfrage der Kaufmannsgilde unter den Geschäftsleuten im Hafenbe-
    reich von Morpork hatte unter anderem folgendes interessante Ergebnis: Insgesamt 987 Frauen gaben als Beruf »Näherin« an. Erstaunlicherweise fehlte es den meisten von ihnen an Nadeln.

    Anguas argwöhnischer Blick ermittelte ehrliche Unschuld.
    »Leider nein«, erwiderte sie. »Und dann sah ich das Plakat: ›Die Stadt-
    wache brauchet Männer! Sei ein Manne in der Stadtwache!‹ Da dachte
    ich mir: Versuch’s einfach mal; du hast nichts zu verlieren.«
    Angua wartete auf eine Reaktion, die auch prompt kam.
    »Der Text stammt von Feldwebel Colon«, erklärte Karotte. »Er denkt
    immer sehr direkt.«
    Er schnüffelte.
    »Riechst du das?« fragte er. »Hier stinkt’s wie… wie ein alter Aborttep-
    pich.«
    »Oh, herzlichen Dank«, erklang eine leise Stimme irgendwo in der
    Dunkelheit. »Danke vielmals. Das ist sehr Dingsbums… nett. Ein alter
    Abortteppich. O ja.«
    »Ich rieche nichts«, log Angua.
    »Lügnerin«, sagte die Stimme.
    »Und ich höre auch nichts.«

    Seine Stiefel teilten Hauptmann Mumm mit, daß er sich nun in der Tee-
    kuchenstraße befand. Er setzte automatisch einen Fuß vor den anderen,
    in Gedanken weilte er ganz woanders. Mindestens ein Teil seines Be-
    wußtseins schwamm in Jimkin Bärdrückers bestem Nektar.
    Wenn sie nur nicht so höflich gewesen wären! In seinem Leben hatte er mehrere Dinge gesehen, die seitdem einen festen Platz in seinem Ge-dächtnis behaupteten, obgleich er sie vergessen wol te. Ganz oben auf
    der Liste hatte bisher der Anblick von Mandeln im Maul eines riesigen
    Drachen gestanden, der tief Luft holte, um einen bestimmten Wächter in
    einen kleinen Haufen unreiner Holzkohle zu verwandeln. Manchmal, in
    gräßlichen Alpträumen, sah er das Licht der Flamme tief im Rachen…
    Doch jene Bilder wurden jetzt von Erinnerungen an unbewegte Zwer-
    genmienen verdrängt, die ihn höflich ansahen. Seine Lippen hatten sich
    bewegt und Worte geformt, doch er hatte gespürt, wie sie in eine unaus-
    lotbar tiefe Grube fielen.

    Was konnte er schon sagen? »Tut mir leid, er ist tot – daran läßt sich
    leider nichts ändern. Unsere schlechtesten Leute arbeiten an dem Fal .«
    Etwas in der Art?
    Das Haus des verstorbenen Bjorn Hammerhock war vol er Zwerge
    gewesen – vol er schweigender, stumm starrender und höflicher Zwerge.
    Es hatte sich bereits herumgesprochen. Mit welchen Neuigkeiten Mumm
    auch kam, seine Zuhörer wußten längst Bescheid. Viele Zwerge führten
    Waffen mit sich. Der Hauptmann erkannte Herrn Starkimarm, der oft
    und gerne Reden über sein Lieblingsthema hielt: Immer wieder regte er
    an, alle Trolle in kleine Stücke zu schlagen und diese anschließend für
    den Straßenbau zu verwenden. Diesmal aber blieb er stumm. Gab nicht
    einen einzigen Ton von sich, der Bursche. Saß nur da, in eine Aura der
    Selbstgefälligkeit gehüllt. Die allgemeine Atmosphäre kam einer höfli-
    chen Drohung gleich: Wir

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