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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sah sie. Er war erst vor kurzer Zeit aus der
    Diebesgilde verstoßen worden, weil er zuviel Begeisterung gezeigt und
    sich für Straßenräuber ungebührlich verhalten hatte. Eine hilflose Frau,
    al ein in einer dunklen Gasse… davon fühlte er sich nicht überfordert.
    Er sah sich um und folgte ihr.
    Daran schloß sich für fünf Sekunden Stille an. Dann verließ Bundo die
    Gasse ziemlich schnel . Er rannte bis zum Kai, wo gerade ein Schiff ab-
    legte. Bundo sprintete über die Laufplanke, während diese an Bord ge-
    zogen wurde. Er wurde zu einem Seemann und starb drei Jahre später,
    als ihm in einem fernen Land ein Gürteltier auf den Kopf fiel. Nie er-

    zählte er jemandem, was er in der Gasse gesehen hatte. Aber gelegentlich
    schrie er, wenn er einen Hund sah.
    Angua kam kurze Zeit später zum Vorschein und lief auf vier Beinen
    fort.

    Lady Sybil Käsedick öffnete die Tür und schnupperte.
    »Samuel Mumm! Du bist betrunken!«
    »Noch nicht, aber hoffentlich bald«, erwiderte Mumm fröhlich.
    »Und du hast noch immer deine Uniform an!«
    Mumm sah an sich hinunter und hob dann wieder den Kopf.
    »Stimmt!« sagte er gutgelaunt.
    »Die ersten Gäste können jeden Augenblick eintreffen. Geh in dein
    Zimmer. Willikins hat ein Bad vorbereitet und einen Anzug für dich be-
    reitgelegt. Na los…«
    »Ausgezeichnet!«
    Mumm badete in lauwarmem Wasser und blieb dabei in rosaroten al-
    koholischen Dunst gehül t. Nach einer Weile trocknete er sich so gut wie
    möglich ab und betrachtete den Anzug auf dem Bett.
    Der beste Schneider in der ganzen Stadt hatte ihn angefertigt. Es man-
    gelte Sybil Käsedick nicht an Großzügigkeit; sie war stets bestrebt, al es zu geben.
    Der Anzug war in blauen und violetten Farbtönen gehalten, Spitzen
    zierten Ärmel und Kragen. Er war der letzte Schrei der aktuellen Mode.
    Sybil Käsedick wollte, daß Mumm einen Platz in der feinen Gesellschaft
    von Ankh-Morpork bekam. Sie hatte es nie gesagt, aber Mumm vermu-
    tete folgendes: Wahrscheinlich glaubte sie, er sei zu schade für den
    Wachdienst.
    Mit einer Mischung aus Benommenheit und Verwirrung starrte er auf
    das Kleidungsstück. Er hatte nie einen Anzug getragen. Als Kind wurden
    Lumpen irgendwie an ihm befestigt, und später gab es die aus Leder und
    Kettenhemd bestehende Uniform der Wache: bequeme und praktische
    Kleidung.
    Zu dem Anzug gehörte auch ein Hut. Mit Perlen dran.

    Mumm hatte nie eine Kopfbedeckung benutzt, die nicht aus Metall be-
    stand.
    Die Schuhe waren lang und spitz.
    Im Sommer hatte er immer Sandalen getragen, im Winter die traditio-
    nellen billigen Stiefel.
    Hauptmann Mumm schaffte es gerade so, ein Offizier zu sein. Er wuß-
    te nicht, wie man zu einem feinen Herrn wurde. Nun, der Anzug schien
    der erste Schritt zu sein…
    Die Gäste trafen ein. Er hörte das Knirschen von Kutschenrädern auf
    dem Kies, gelegentlich auch ein rhythmisches Klatschen von den Füßen
    der Sänftenträger.
    Er sah aus dem Fenster. Die Teekuchenstraße lag höher als der größte
    Teil von Morpork und bot ein prächtiges Panorama – wenn man an sol-
    chen Dingen Gefal en fand. Der Palast des Patriziers war ein dunkler
    Schemen inmitten von Schatten; ganz oben schimmerte Licht in einem
    Fenster. Wenn er dort zuerst hinsah und dann den Blick nach unten und
    gleichzeitig in die Breite gleiten ließ, offenbarte sich ihm eine Finsternis, die immer schwärzer zu werden schien – besonders in den Teilen der
    Stadt, wo man keine Kerzen anzündete, weil man dadurch gute Nahrung
    vergeudet hätte. Im Bereich des Steinbruchwegs glühte rötlicher Fackel-
    schein. Das war verständlich: Immerhin feierten die Trolle Neujahr. Ein
    vager Glanz hing über der Unsichtbaren Universität, genauer: über den
    Dächern des Forschungstrakts für hochenergetische Magie. Mumm hätte
    am liebsten alle Zauberer verhaftet, allein aufgrund des Verdachts, daß
    sie zu schlau waren. Weitere Lichter zeigten sich bei der Ankertaugasse
    und in der Glatten Straße. Leute wie Hauptmann Schrul e nannten diese
    Gegend das Vergnügungs viertel …
    »Samuel!«
    Mumm versuchte, die Krawatte zurechtzurücken.
    Er war mit Trollen, Zwergen und Drachen fertig geworden, doch jetzt
    bekam er es mit einer neuen Spezies zu tun: mit den Reichen.

    Nachher fiel es Angua immer schwer, sich zu erinnern, wie sie die Welt
    »in jenem anderen Zustand« wahrnahm – so hatte es ihre Mutter immer
    ausgedrückt.
    Zum Beispiel entsann sie sich daran, Gerüche zu sehen. Die

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