Helle Barden
kannst du das kaum verstehen. Du weißt nicht, wie es ist. Aber der Große Fido… hat es ihnen erklärt. Streift eure Würgeketten ab, sagt er. Beißt in die Hand, die euch füttert. Steht auf und heult. Er gibt ihnen Stolz«, betonte Gaspode mit einer Mischung aus Furcht und Faszination. »Ja, er erklärt ihnen alles. Und wenn ein Hund nicht mit ganzem Herzen nach Freiheit strebt, dann ist er bald ein toter Hund. In der vergangenen Woche hat er einen Dobermann umgebracht, und zwar nur deshalb, weil er mit dem Schwanz wedelte, als ein Mensch vorbeikam.«
Angua sah zu einigen der größeren Hunde, die ungepflegt und auf eine sonderbare Art
unhündisch
erschienen. Sie bemerkte einen kleinen, zierlichen weißen Pudel, dessen Fell noch immer den letzten Trimm verriet, und einen Schoßhund, an dem die Überbleibsel eines karierten Jäckchens hingen. Die Tiere liefen nicht etwa bellend und jaulend umher. Sie standen stumm und still, strahlten eine Entschlossenheit aus, die Angua schon einmal gesehen hatte, allerdings nicht bei Hunden.
Gaspode zitterte immer heftiger. Angua näherte sich dem Pudel, der ein glitzerndes Halsband trug – der Glanz verlor sich fast in seinem schmutzverkrusteten Fell.
»Ist der Große Fido eine Art Wolf oder so?« fragte sie.
»Im Grunde ihres Wesens sind alle Hunde Wölfe«, antwortete der Pudel. »Aber die Manipulationen der Menschen haben viele von uns auf grausame und zynische Weise von unserer wahren Bestimmung getrennt.«
Es klang wie ein Zitat. »Hat das der Große Fido gesagt?« spekulierte Angua.
Der Pudel drehte den Kopf, und zum erstenmal sah sie seine Augen. In ihnen brannte das rote Feuer der Hölle. Ein Geschöpf mit solchen Augen konnte jedes andere Geschöpf töten, denn Wahnsinn – wahrer Wahnsinn – ist imstande, eine Faust durch dickes Holz zu rammen.
»Ja«, erwiderte der Große Fido.
Einst war er ein normaler Hund gewesen. Er hatte gebellt, sich auf den Rücken gerollt und fortgeworfene Gegenstände zurückgeholt. Er erinnerte sich ans Gassigehen, jeden Abend um die gleiche Zeit.
Als
es
geschah, kam es nicht wie ein Lichtblitz oder dergleichen. Er lag in seinem Körbchen, wie sonst auch, und dachte an seinen Namen, der außen am Korb stand. Er dachte an die Decke, in die »Fido« eingestickt war, und an den Freßnapf mit der Aufschrift »Fido«. Er grübelte auch über das Halsband nach, das ebenfalls den Namen »Fido« trug. Irgendwann machte es tief in ihm
Klick,
woraufhin er die Decke fraß, sein Herrchen anfiel und anschließend durchs Küchenfenster floh. Draußen stand ein Labradorhund, mindestens viermal so groß wie Fido, und lachte über das Halsband. Dreißig Sekunden später machte er sich winselnd auf und davon.
So begann alles.
Die Hundehierarchie war eine einfache Angelegenheit. Fido brauchte nur zu fragen, meistens mit relativ undeutlicher Stimme, weil er das Bein eines Rivalen zwischen den Zähnen hatte. Schon nach kurzer Zeit fand er den Anführer der größten Meute von wilden Hunden in der Stadt. Die Leute – beziehungsweise Hunde – sprachen noch immer über den Kampf zwischen Fido und dem Bellenden Irren Arthur, einem Rottweiler, der nur ein Auge und permanente schlechte Laune hatte. Die meisten Tiere kämpfen nicht um Leben und Tod, sondern nur um Sieg und Niederlage. Und Fido ließ sich einfach nicht besiegen. Im Kampf wurde er zu einem hin und her huschenden Schemen mit Halsband. Er biß sich so lange an Teilen des Bellenden Irren Arthur fest, bis dieser schließlich aufgab. Und dann, zu seinem großen Erstaunen, hatte ihn Fido getötet. Die Determination des Pudels war ebenso rätselhaft wie unerschütterlich. Selbst wenn man ihn fünf Minuten lang mit einem Sandstrahler bearbeitete – was von ihm übrigblieb, würde nicht kapitulieren und jede Möglichkeit zu einem neuen Angriff nutzen.
Denn der Große Fido hatte einen Traum.
»Gibt es ein Problem?« fragte Karotte.
»Der
Troll
hat einen
Zwerg
beleidigt«, sagte der Zwerg Starkimarm.
»Ich habe gehört, daß Oberobergefreiter Detritus dem Obergefreiten… Hrolf Pyjama einen Befehl erteilt hat«, erwiderte Karotte. »Gibt es daran etwas auszusetzen?«
»Er ist ein
Troll
!«
»Und?«
»Er hat einen Zwerg beleidigt!«
»Nun, er hat sich militärisch ausgedrückt«, erklärte Feldwebel Colon.
»Dieser verdammte Troll hat mir heute das Leben gerettet!« rief Knuddel.
»Weshalb?«
»Weshalb?
Weshalb?
Weil es mein Leben ist,
deshalb.
Und zufälligerweise hänge ich
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