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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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die Wand.
    Es lag zweifellos ein
sehr
interessantes Erlebnis hinter ihm.
    Er verdiente es tatsächlich, als schlicht und einfach beschrieben zu werden, doch das durfte man nicht mit Dummheit verwechseln: Er kannte die
mechanischen
Aspekte dieser Angelegenheit. Er hatte verschiedene junge Damen kennengelernt und mit ihnen weite, gesunde Spaziergänge zu den vielen Sehenswürdigkeiten der Stadt unternommen – seltsamerweise erlahmte das Interesse seiner Begleiterinnen regelmäßig nach einer gewissen Zeit. Er hatte auch im Bereich der Bordelle patrouilliert, der bald einen neuen Namen bekommen sollte: Frau Palm und die Gilde der Näherinnen wollten ihn vom Patrizier in »Straße käuflicher Zuneigung« umbenennen lassen. Bisher war er nicht imstande gewesen, zwischen den ihm dort bekannten Frauen und sich selbst eine direkte Beziehung, welcher Art auch immer, zu erkennen.
    Jetzt sah die Sache anders aus.
    Karotte überlegte, ob er seinen Eltern darüber schreiben sollte. Er entschied sich schließlich dagegen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wußten sie über diese Dinge Bescheid.
    Er schlüpfte aus dem Bett. Wegen der zugezogenen Vorhänge war es drückend heiß im Zimmer.
    Hinter ihm rutschte Angua in die Mulde, die sein Körper hinterlassen hatte.
    Er hob beide Hände und schob energisch die Vorhänge beiseite. Das weiße Licht des Vollmonds perlte herein.
    Hinter ihm seufzte Angua im Schlaf.
    Gewitterwolken schwebten über der Ebene. Karotte beobachtete, wie Blitze aus ihnen herabzuckten, und er roch Regen. Doch die Luft in der Stadt blieb unbewegt und schwül. Angesichts des bevorstehenden Unwetters schien sie noch heißer zu sein.
    Vorn ragte der Kunstturm auf. Karotte sah ihn jeden Tag. Er dominierte die halbe Stadt.
    Hinter ihm machte das Bett
Kloing.
    »Ich glaube, wir…«, begann Karotte und drehte sich um.
    Er nahm nicht mehr wahr, daß sich der Mondschein oben auf dem Kunstturm in einem metallenen Objekt spiegelte.
     
    Feldwebel Colon saß auf der Bank vor dem Wachhaus, um ein wenig kühlere Luft zu atmen.
    Drinnen klopfte und pochte es immer wieder. Vor zehn Minuten war Knuddel gekommen, mit Werkzeugen, zwei Helmen und jeder Menge Entschlossenheit im Gesicht. Colon hatte nicht die geringste Ahnung, woran der kleine Kerl arbeitete.
    Erneut zählte er und hakte dabei die Namen auf der Liste ab.
    Kein Zweifel. Inzwischen bestand die Nachtwache aus fast zwanzig Personen. Es mochten sogar noch mehr sein. Detritus war inzwischen richtig in Schwung und hatte weitere Rekruten vereidigt: zwei Menschen, einen Troll und die Holzpuppe vor Korkensockes Kleidungsladen. 28 Wenn es so weiterging, konnten sie bald wieder die alten Wachhäuser an den Haupttoren besetzen, wie in der guten alten Zeit.
    Er konnte sich nicht mehr daran
erinnern,
wann die Nachtwache zuletzt zwanzig Mann stark gewesen war.
    Es erwies sich als gute Idee. So blieb die Situation immerhin unter Kontrolle. Aber am nächsten Morgen würde der Patrizier davon erfahren, und bestimmt versäumte er es nicht, den ranghöchsten Offizier zu sich zu bestellen.
    Feldwebel Colon wußte nicht genau, wer derzeit der ranghöchste Offizier war. Irgend etwas teilte ihm mit, daß es Hauptmann Mumm sein sollte, oder aber – aus welchen Gründen auch immer – Korporal Karotte. Doch der Hauptmann glänzte durch Abwesenheit, und der Korporal blieb ein Korporal. Dieser Umstand erklärte Feldwebel Colons wachsendes Unbehagen. Wenn der Patrizier am kommenden Morgen nach dem ranghöchsten Offizier schickte, so befürchtete Fred Colon, das
er
sich ironische Fragen in der Art von »Ach, und wer soll den Sold der neuen Rekruten bezahlen?« anhören mußte.
    Ein anderes Problem kam hinzu: Ihnen gingen allmählich die Ränge aus. Es gab nur vier Ränge unter dem des Feldwebels. Nobby wollte nicht, daß noch jemand zum Korporal befördert wurde, und deshalb gab es an manchen Stellen erhebliches Gedrängel auf der Karriereleiter. Außerdem hatten es sich einige Wächter in den Kopf gesetzt, daß man befördert wurde, wenn man weitere Wächter rekrutierte. Detritus war dabei so erfolgreich, daß er sicher bald zum Oberobergeneralmajor aufstieg.
    Wie seltsam, daß Karotte noch immer nur…
    Colon blickte auf, als er das Klirren von Glas hörte. Ein goldbrauner Schemen raste durch ein weiter oben gelegenes Fenster, landete im Schatten und floh, bevor der Feldwebel erkennen konnte, was das gewesen war.
    Die Tür des Wachhauses schwang auf, und Karotte trat mit dem

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