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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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armen kleinen Edward vor. Zuerst die Gildenoberhäupter. Man nehme der Stadt die Anführer und stürze sie dadurch ins Chaos. Im Anschluß daran wende man sich an den ahnungslosen jungen Mann und sage zu ihm: Regiere – das Schicksal hat dich dazu bestimmt.
    Diese Denkweise war eine
alte
Krankheit. Man bekam sie von Kronen und törichten Geschichten. Man glaubte – ha! – an irgendeine Gabe, die für das Amt des Königs qualifizierte. Zum Beispiel die Sache mit dem Schwert und dem Stein. Lächerlich! Das Gfähr war viel magischer.
    Er legte sich hin, strich zärtlich über das Gfähr und wartete.
     
    Ein neuer Tag begann.
    »Ich nie nichts getan«, sagte Kohlenfresse im Schlaf und drehte sich auf die andere Seite.
    Detritus schlug ihn mit der Keule.
    »Aufgestanden, Soldaten! Nicht dauernd liegen auf faulem Stein! Es sein ein weiterer herrlicher Tag in der Wache! Obergefreiter Kohlenfresse, auf die Beine mit dir, du schrecklicher kleiner Mann!«
    Zwanzig Minuten später inspizierte ein müder Feldwebel Colon die Truppe. Zusammengesunken hockten die Wächter auf den Sitzbänken, nur Oberobergefreiter Detritus saß kerzengerade, in eine Aura aus offizieller und erwartungsvoller Hilfsbereitschaft gehüllt.
    »In Ordnung, Männer«, begann Colon. »Ihr…«
    »Ihr Männer jetzt gut zuhören!« donnerte Detritus.
    »Danke, Oberobergefreiter Detritus«, sagte Colon und seufzte innerlich. »Hauptmann Mumm heiratet heute, und wir nehmen als Ehrenwache an der Zeremonie teil. Das war früher immer so, wenn ein Wächter heiratete. Ich möchte also, daß Helme und Brustharnische blitzsauber sind. Alles soll hübsch glänzen. Nirgends darf auch nur der kleinste Schmutzfleck zu sehen sein… Wo ist Korporal Nobbs?«
    Mit einem
Boing
prallte die salutierende Hand des Oberobergefreiten Detritus von seinem neuen Helm ab.
    »Schon seit Stunden verschwunden sein!« berichtete er.
    Colon rollte mit den Augen.
    »Einige von euch sollen heute… Wo ist Obergefreite Angua?«
    Boing.
»Seit gestern abend niemand mehr sie gesehen hat.«
    »Na schön. Wir haben die Nacht überstanden; irgendwie bringen wir auch den Tag rum. Korporal Karotte meinte, wir sollten einen guten Eindruck machen.«
    Boing.
»Jawohl!«
    »Oberobergefreiter Detritus?«
    »Ja?«
    »Was hast du da auf dem Kopf?«
    Boing.
»Oberobergefreiter Knuddel das gebaut für mich. Es sein besonderer mechanischer Denkhelm.«
    Knuddel hüstelte. »Diese großen Teile hier sind Kühlrippen, siehst du? Ich habe sie schwarz gestrichen, damit sie die Wärme leichter abgeben. Von meinem Vetter habe ich einen aufziehbaren Mechanismus bekommen, und dieser Ventilator hier bläst kühlende Luft über…« Er unterbrach sich, als er Colons Gesichtsausdruck bemerkte.
    »Daran hast du die ganze Nacht gearbeitet?«
    »Ja. Weil ich glaube, daß Trollgehirne zu h…«
    Der Feldwebel brachte ihn mit einem Wink zum Schweigen.
    »Wir haben jetzt also einen aufziehbaren Soldaten«, brummte Colon. »Meine Güte, wir sind wirklich eine tolle Truppe.«
     
    Gaspode war in geographische Verlegenheit geraten. Er wußte vage, wo er sich befand. Sein gegenwärtiger Aufenthaltsort lag irgendwo hinter den Schatten, in einem Labyrinth aus Hafenbecken, Kaianlagen und Viehhöfen. Zwar glaubte er, daß die ganze Stadt ihm gehörte, doch in diesem Revier fühlte er sich fremd. Die Ratten hier konnten es von der Größe her mit ihm aufnehmen, und seine Gestalt erinnerte zumindest grob an die eines Terriers – zum Glück verwechselten ihn die Ratten mit einem. Inzwischen war er schon von zwei Pferden getreten und fast von einem Karren überfahren worden. Und er hatte die Fährte verloren. Vor allem deshalb, weil Angua nicht verfolgt werden wollte. Ihre Spur führte einmal in diese und dann in jene Richtung. Sie hatte Dutzende von Dächern und mehrmals den Fluß überquert. Werwölfe waren gut auf der Flucht – immerhin stammten die lebenden Exemplare von Vorfahren ab, denen es gelungen war, zornigen Mengen zu entkommen. Wer sich von aufgebrachten Leuten einholen ließ, hatte keine Gelegenheit mehr, Nachkommen zu zeugen – und in den meisten Fällen auch kein Grab.
    Einige Male endete die Spur an Mauern oder an Hütten mit niedrigen Dächern. Dann schlurfte Gaspode hin und her, bis er sie wiederfand.
    Wirre Gedanken zogen durch sein schizophrenes Hunde-Selbst.
    »Kluger Hund brachte Rettung«, murmelte er. »Braves Hündchen, sagen alle. Aber ich bin gar nicht brav. Ich mache das nur, weil man mich dazu zwingt.

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