Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
der Finsternis merkte er gar nicht, daß sich jemand im Zimmer befand. Flackerndes Licht erglühte, und es roch nach Schwefel, als der junge Mann ein Streichholz entzündete und die Flamme an einen Kerzendocht hielt.
    Er nahm den Helm ab und sackte in sich zusammen, als wäre ihm plötzlich ein schweres Gewicht von den Schultern genommen.
    »Es ergibt keinen Sinn«, sagte er.
    »Was ergibt keinen Sinn?« fragte Angua.
    Karotte drehte sich ruckartig um.
    »Was machst du hier?«
    »Man hat deine Uniform gestohlen, während du bei den Assassinen Informationen gesammelt hast«, murmelte Gaspode.
    »Jemand hat meine Uniform gestohlen«, sagte Angua. »Während ich bei den Assassinen gewesen bin, um dort Informationen zu sammeln.« Karotte starrte sie immer noch an. »Ein alter Mann war in der Nähe«, fügte sie hinzu. »Er brummte dauernd vor sich hin…«
    »In einer Sprache, die nur er selbst versteht?«
    »Ich glaube schon.«
    »Der Stinkende Alte Ron.« Karotte seufzte. »Wahrscheinlich hat er die Uniform gegen was Hochprozentiges eingetauscht. Aber ich weiß, wo er wohnt. Erinnere mich daran, mit ihm zu reden, sobald ich Zeit habe.«
    »Frag Angua besser nicht, was sie trug, als sie bei den Assassinen war«, sagte Gaspode, der unters Bett gekrochen war.
    »Sei still!« zischte Angua.
    »Wie bitte?« fragte Karotte.
    »Ich habe mehr über das Zimmer herausgefunden«, meinte die junge Frau. »Es war die Unterkunft eines gewissen…«
    »Edward d’Eath?« Karotte setzte sich aufs Bett, und die alten Federn sangen
Klong-kloing-klong.
    »Woher weißt du das?«
    »Ich glaube, d’Eath hat das Gewehr gestohlen. Vermutlich brachte er auch Beano um. Aber… Assassinen töten nicht, ohne dafür bezahlt zu werden. Es ist schlimmer als mit Zwergen und ihren Werkzeugen. Auch schlimmer als Clowns und ihre Gesichter. Professor Kreuz soll außer sich sein. Er läßt den Jungen überall in der Stadt von seinen Assassinen suchen.«
    »Oh. Gut. Ich möchte nicht in Edwards Haut stecken, wenn sie ihn finden.«
    »Ich möchte nicht einmal
jetzt
in seiner Haut stecken. Weil es die Haut einer Leiche ist.«
    »Ach? Haben die Assassinen ihn bereits gefunden?«
    »Nein. Jemand anders. Und anschließend fanden ihn Knuddel und Detritus. Alles deutet darauf hin, daß Edward schon seit einigen Tagen tot ist. Und
das
ergibt einfach keinen Sinn. Ich habe die Beano-Schminke fortgewischt und ihm auch die rote Nase abgenommen – an der Identität des Toten gibt es keinen Zweifel. Außerdem bestand die Perücke aus dem roten Haar, das ich bei Hammerhock gefunden habe.«
    »Aber… jemand hat auf Detritus geschossen.
Und
das Bettlermädchen umgebracht.«
    »Ja.«
    Angua setzte sich ebenfalls aufs Bett.
    »Edward kann’s nicht gewesen sein…«
    »Ha!« Karotte legte den Brustharnisch beiseite und streifte das Kettenhemd ab.
    »Also suchen wir jemand anderen. Einen dritten Mann.«
    »Und es gibt nicht den geringsten Hinweis. Irgendwo in der Stadt treibt sich jemand mit dem Gfähr herum!
Irgendwo!
Und ich bin müde!«
    Das
Kloing
der Federn wiederholte sich, als Karotte aufstand und zum Tisch wankte. Dort nahm er Platz, griff nach einem Stift, spitzte ihn mit seinem Schwert an, überlegte kurz und begann zu schreiben.
    Angua beobachtete ihn stumm. Unter dem Kettenhemd trug Karotte ein kurzärmeliges Lederwams. Ein Muttermal zierte den linken Oberarm – es sah aus wie eine Krone.
    »Notierst du alles, so wie Hauptmann Mumm?« fragte sie nach einer Weile.
    »Nein.«
    »Was schreibst du dann?«
    »Einen Brief an meine Eltern.«
    »Im Ernst?«
    »Ich schreibe ihnen immer. Das habe ich versprochen. Außerdem hilft es mir beim Nachdenken. Wenn ich über etwas nachdenke, setze ich mich hin und schreibe einen Brief. Mein Vater gibt mir viele nützliche Ratschläge.«
    Ein kleiner Kasten aus Holz stand auf dem Tisch; er enthielt Briefe. Karottes Vater hatte die Angewohnheit, die Briefe seines Adoptivsohns auf der Rückseite desselben Papiers zu beantworten – tief in einer Zwergenmine bekommt man kaum Papier.
    »Nützliche Ratschläge?« wiederholte Angua. »Welcher Art?«
    »Die meisten betreffen die Arbeit in den Bergwerken. Wie man richtig gräbt und richtig abstützt. In Stollen darf man sich keine Fehler erlauben.«
    Die Spitze des Stifts kratzte übers Blatt.
    Die Tür stand noch immer einen Spalt offen, doch jemand klopfte recht zaghaft an. Damit wies der Betreffende taktvoll darauf hin, daß er Karotte in Gesellschaft einer spärlich bekleideten Frau

Weitere Kostenlose Bücher