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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Schuß verfehlte ihn um etwa dreißig Zentimeter. Kaltes Wasser spritzte hoch.
    Auch unter dem Hauptmann gluckerte es.
    Der Ankh stieg; sein Wasser gehorchte Gesetzen, die älter waren als diejenigen der Stadt – es floß durch die unterirdischen Tunnel.
    »Karotte?« raunte Mumm.
    »Ja?« Die Antwort kam von links aus der Finsternis.
    »Ich sehe überhaupt nichts. Meine Augen müssen sich erst an die Dunkelheit gewöhnen.«
    »Es fließt immer mehr Wasser«, sagte Karotte.
    »Wir…« begann Mumm und unterbrach sich, als ein Bild vor seinem inneren Auge entstand. Es zeigte Kreuz, der in die Richtung zielte, aus der er eine leise Stimme hörte. Ich hätte sofort schießen sollen, dachte der Hauptmann. Er ist ein Assassine!
    Er stemmte sich ein wenig hoch, damit sein Gesicht nicht ins Wasser geriet.
    Kurz darauf hörte er leises Platschen – Kreuz näherte sich.
    Etwas kratzte, und dann wurde es hell: Der Professor hatte eine Fackel entzündet. Mumm hob den Kopf und sah eine dürre Gestalt, deren freie Hand das Gfähr hielt.
    Mumm erinnerte sich an etwas, das er als junger Wächter gelernt hatte. Wenn einen die Umstände zwangen, das spitze Ende eines Pfeils anzusehen, wenn man völlig der Gnade eines Gegners ausgeliefert war, dann konnte man nur hoffen, daß dieser ein durch und durch böser Mann war. Die Bösen lieben Macht – Macht über andere Leute –, und sie weiden sich an Angst. Sie möchten, daß ihre Opfer von ihrem nahen Tod
wissen.
Und deshalb reden sie. Um den eigenen Triumph in vollen Zügen zu genießen.
    Böse wollen sehen, wie man vor ihnen
kriecht.
Sie zögern den Augenblick des Tötens hinaus, wie ein Raucher damit wartet, eine gute Zigarre anzuzünden.
    Deshalb sollte man hoffen, einem Bösen ausgeliefert zu sein. Denn der Gute löscht das Leben aus, ohne ein Wort zu verlieren.
    Jähes Entsetzen erfaßte Mumm, als er hörte, wie Karotte aufstand.
    »Professor Kreuz, ich verhafte dich wegen der Ermordung von Bjorn Hammerhock, Edward d’Eath, Beano, Nimmer Niedlich und Oberobergefreiter Knuddel von der Stadtwache.«
    »Meine Güte, so viele Leute soll ich umgebracht haben? Was Bruder Beano betrifft… der wurde von Edward getötet. Es war seine Idee – obgleich er
behauptete,
es sei unabsichtlich geschehen. Und Hammerhock kam durch einen Unfall ums Leben. Er fummelte an dem Gfähr herum, und dadurch löste sich ein Schuß; die Kugel prallte vom Amboß ab und traf ihn. Ich weiß es von Edward. Er kam zu mir. War völlig außer sich, der arme Junge. Sprach sich alles von der Seele. Und nachdem er mir alles geschildert hatte, brachte ich ihn um. Was hätte ich sonst tun sollen? Er litt an unheilbarem Wahnsinn. Solche Leute kann man einfach nicht zur Vernunft bringen. Darf ich vorschlagen, daß du ein wenig zurücktrittst? Es wäre mir lieber, nicht auf dich schießen zu müssen. Ich drücke nur ab, wenn du mir keine Wahl läßt!«
    Mumm hatte den Eindruck, daß Kreuz mit sich selbst stritt. Das Gfähr schwang hin und her.
    »Er faselte wirres Zeug«, fuhr der Professor fort. »Meinte, das Gfähr hätte Hammerhock getötet. Ich fragte: Sprichst du von einem Versehen, von einem Unfall? Und er antwortete: Nein, das Gfähr brachte ihn um.«
    Karotte trat noch einen Schritt vor. Kreuz schien ganz auf seine eigene Welt konzentriert zu sein.
    »Nein! Das Gfähr hat auch die junge Bettlerin erschossen. Ich habe damit nichts zu tun! Was sollte ich davon haben, eine Bettlerin zu töten?«
    Kreuz wich zurück, doch das Gfähr neigte sich nach oben und zielte auf Karotte. Es schien sich von ganz allein zu bewegen wie ein schnüffelndes Tier…
    »Duck dich!« flüsterte Mumm und tastete nach seiner Armbrust.
    »Er meinte, das Gfähr sei eifersüchtig. Hammerhock hätte weitere Gfähre gebaut. Bleib stehen!«
    Karotte verkürzte die Distanz um einen weiteren Schritt.
    »Ich mußte Edward töten! Er war hoffnungslos romantisch und hätte alles falsch angefaßt. Aber in einem Punkt hatte er recht: Ankh-Morpork braucht einen König!«
    Das Gfähr erzitterte und schoß, als Karotte zur Seite sprang.
     
    Die Helligkeit von Gerüchen erfüllte die Tunnel, insbesondere die grellen, beige- und orangefarbenen Töne von alten Abwasserkanälen. Hier unten wehte kein Wind, der die unterschiedlichen Duftspuren miteinander vermischte. Die von Professor Kreuz stammende Linie schlängelte sich ohne Unterbrechung durch die stehende Luft.
    Dazu kam der Geruch des Gfährs, brennend wie Salz in einer Wunde.
    Ich habe den

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