Helle Barden
erzählt« hielt sie nicht für besonders klug. Darunter konnte ihre Karriere beim Militär leiden.
»Weibliche Intuition?« erwiderte sie vorsichtig.
»Nun«, sagte Mumm, »gibt dir die Intuition vielleicht auch einen Hinweis, was gestohlen wurde?«
Angua zuckte mit den Schultern, und Karotte beobachtete interessiert, wie sich dabei ihre Brust bewegte.
»Ein Gegenstand, den die Assassinen an einem Ort aufbewahrten, wo sie ihn ständig betrachten konnten?« spekulierte sie.
»O
ja
.« Mumm nickte. »Und gleich behauptest du noch, der Hund hätte alles gesehen, wie?«
»Wuff?«
Edward d’Eath zog die Vorhänge zu, verriegelte die Tür und lehnte sich dagegen. Es war so leicht gewesen!
Das Bündel lag auf dem Tisch: dünn, etwa hundertzwanzig Zentimeter lang.
Edward packte das Objekt aus und starrte voller Ehrfurcht darauf hinab.
Es sah genauso aus wie auf der Zeichnung. Typisch für den Mann… Dutzende detaillierter Diagramme von Armbrüsten, und dies am Rand, als wäre es völlig unwichtig.
Ein einfaches Prinzip steckte dahinter. Warum war der Gegenstand überhaupt versteckt worden? Vielleicht deshalb, weil sich die Leute davor fürchteten. Der Macht begegneten sie immer mit Furcht. Sie weckte Unbehagen in ihnen.
Edward griff nach dem Objekt, hielt es eine Zeitlang fest und stellte fest, daß es sich gut an Schulter und Arm schmiegte.
Du gehörst mir.
Und das war das Ende von Edward d’Eath, mehr oder weniger. Er starb nicht etwa, zumindest nicht sofort, aber etwas anderes nahm seinen Platz ein, etwas, das nicht mehr dachte wie ein Mensch.
Es war fast Mittag. Feldwebel Colon hatte die neuen Rekruten zum Schießstand bei Indeckung geführt.
Mumm und Karotte gingen Streife.
Der Hauptmann spürte, wie es in ihm brodelte. Etwas kratzte an seinen verrosteten, aber noch funktionierenden Instinkten und versuchte, seine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Alles in ihm drängte danach, sich zu bewegen. Diesmal fiel es Karotte schwer, nicht den Anschluß zu verlieren.
In der Straße vor dem Gildenhaus begegneten sie drei Assassinenlehrlingen, die noch immer damit beschäftigt waren, die Trümmer zu beseitigen.
»Assassinen am hellichten Tag«, knurrte Mumm. »Bin überrascht, daß sie nicht zu Staub zerfallen.«
»Du verwechselst sie mit Vampiren«, erwiderte Karotte.
»Ha! Du hast recht. Assassinen und Diebe mit Lizenzen und verdammte Vampire! Ach, einst war dies eine großartige Stadt, Junge.«
Ganz unbewußt fielen sie in den Patrouillenschritt.
»Als es noch Könige gab, Hauptmann?«
»Könige? Könige? Lieber Himmel, nein!«
Zwei Assassinen drehten sich verwirrt um.
»Wenn du’s genau wissen willst…«, sagte Mumm. »Ein Monarch ist ein absoluter Herrscher. Gewissermaßen der Ober-Honcho…«
»Es sei denn, es handelt sich um eine Königin«, warf Karotte ein.
Mumm durchbohrte ihn mit einem finsteren Blick, bevor er nickte.
»In Ordnung: die Ober-Honchette…«
»Was natürlich nur gilt, wenn sie eine junge Frau ist. Allerdings neigen Königinnen dazu, älter zu sein. In dem Fall wäre es eine… Honcharina? Nein, diese Bezeichnung paßt nur auf eine sehr junge Prinzessin. Nein… äh… Es müßte Honchesa heißen, glaube ich.«
Mumm zögerte. Es ist die besondere Atmosphäre in dieser Stadt, dachte er. Hätte der Schöpfer in Ankh-Morpork gesagt: »Es werde Licht!«, wäre er von den Bürgern sofort mit der Frage »In welcher Farbe?« unterbrochen worden.
»Der oberste Herrscher, einverstanden?« schlug der Hauptmann vor und setzte sich wieder in Bewegung.
»Einverstanden.«
»Das ist doch nicht richtig, oder? Ich meine, ein einzelner Mann entscheidet über Leben und Tod.«
»Nun, wenn es ein guter Mann ist…«, begann Karotte.
»Was?
Was?
Na schön. Laß uns einmal annehmen, der oberste Herrscher beabsichtigt, sich an gute, ehrenwerte Prinzipien zu halten. Aber gilt das auch für seinen Stellvertreter? Das solltest du besser hoffen. Denn er ist
ebenfalls
der oberste Herrscher, im Namen des Königs. Und der ganze Rest des Hofes… muß sich ebenfalls aus guten Leuten zusammensetzen. Gehört auch nur ein schlechter Mann dazu, ist das Resultat Bestechung und Vetternwirtschaft.«
»Der Patrizier ist ein oberster Herrscher«, meinte Karotte. Er nickte einem Troll zu. »Guten Tag, Herr Karfunkel.«
»Aber er trägt weder eine Krone, noch sitzt er auf einem Thron«, sagte Mumm. »Er teilt seinen Untertanen auch nicht mit, es sei
richtig,
daß er regiert. Ich hasse den Kerl, doch
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