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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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viele Hände siehst du?«
    »Vier?«
    »Meine Güte, so habe ich ihn seit Jahren nicht mehr erlebt«, sagte Colon. »Versuchen wir’s mal anders.
Noch was zu trinken, Hauptmann

    »Er braucht jetzt sicher nicht noch mehr Alko…«
    »Laß nur. Ich weiß, worauf es jetzt ankommt. Noch ein Gläschen, Hauptmann Mumm?«
    »Mhm?«
    »Na, so was.« Colon trat zurück. »Er war immer in der Lage, mit einem lauten, deutlichen ›Ja‹ zu antworten. Ich fürchte, die Sache ist sehr ernst. Bringen wir ihn auf sein Zimmer.«
    »Ich trage den armen Kerl«, bot sich Karotte an. Mühelos hob er Mumm hoch und legte ihn sich über die Schulter.
    »Es gefällt mir gar nicht, ihn so zu sehen«, sagte Angua, als sie Karotte in den Flur und die Treppe hoch folgte.
    »Er trinkt nur, wenn er deprimiert ist.«
    »Warum sollte er deprimiert sein?«
    »Manchmal wird er depressiv, weil er nichts zu trinken hat.«
    Das Wachhaus am Pseudopolisplatz hatte einst als eine Familienresidenz der Käsedicks gedient. Jetzt war der erste Stock das mehr oder weniger improvisierte Quartier der Wache. Karotte hatte dort ein Zimmer. Nobby wohnte bereits im vierten Raum: Er zog immer dann um, wenn es schwierig wurde, den Boden wiederzufinden. Auch Mumm hatte eine Kammer für sich.
    Allerdings gelang es selbst einem Häftling, seine Persönlichkeit in gewisser Weise auf die Zelle zu übertragen. Doch hier hatte Angua den Eindruck, ein Zimmer zu sehen, in dem nie jemand gewohnt hatte.
    »Das hier ist sein Zuhause?« vergewisserte sie sich. »Meine Güte!«
    »Was hast du erwartet?«
    »Ich weiß nicht. Etwas.
Irgend
etwas. Aber das hier ist…
nichts

    Angua sah ein schmuckloses eisernes Bettgestell. Federn und Matratzen hatten so sehr nachgegeben, daß eine deutlich ausgeprägte Mulde den Benutzer sofort zwang, die Position eines Schlafenden einzunehmen. Hinzu kamen ein gesprungener Spiegel, darunter ein Waschbecken, auf dem ein Rasiermesser lag, sorgfältig mittwärts ausgerichtet – offenbar teilte Hauptmann Mumm den Volksglauben, daß dadurch die Klinge scharf blieb –, ein brauner Holzstuhl mit gebrochener Sitzfläche und eine kleine Truhe. Das war alles.
    »Ich hätte wenigstens mit einem Bettvorleger gerechnet«, sagte Angua. »Oder mit einem Bild an der Wand.«
    Karotte legte Mumm aufs Bett, wo er sofort in die richtige Position rutschte.
    »Was ist mit deinem Zimmer?« fragte die junge Frau. »Hast du dort etwas Persönliches?«
    »Ja. Ein Schnittdiagramm vom fünften Stollen daheim. Der hat sehr interessante Gesteinsschichten. Ich habe dabei geholfen, den Stollen anzulegen. Außerdem habe ich Bücher und andere Sachen. Eigentlich hält sich der Hauptmann hier nur selten auf. Er ist die meiste Zeit über unterwegs.«
    »Aber hier gibt es nicht einmal eine Kerze!«
    »Er hat mal gesagt, daß er den Weg zum Bett auch im Dunkeln findet.«
    »Und kein einziger Ziergegenstand!«
    »Unter dem Bett liegt ein großes Stück Pappe«, meinte Karotte. »Er hat’s in der Filigranstraße gefunden. Ich erinnere mich daran. Bei der Gelegenheit sagte er: ›Daraus lassen sich Sohlen anfertigen, die mindestens einen Monat halten.‹ Er hat sich sehr darüber gefreut.«
    »Er kann sich nicht einmal ordentliche Stiefel leisten?«
    »Ich glaube doch. Lady Sybil hat ihm mehrmals angeboten, ihm so viele neue Stiefel zu kaufen, wie er möchte, aber dieses Angebot schien ihn fast zu beleidigen. Offenbar wollte er sein Schuhwerk möglichst lange verwenden.«
    »Aber auch du kannst dir Stiefel kaufen, obwohl du weniger verdienst.
Und
du schickst noch Geld nach Hause. Wahrscheinlich versäuft der Idiot alles.«
    »Das bezweifle ich. Seit Monaten hat er nichts mehr getrunken. Lady Sybil hat ihn dazu gebracht, auf Zigarren umzusteigen.«
    Mumm schnarchte laut.
    »Kann man so jemanden bewundern?«
    »Er ist ein guter Mann«, erwiderte Karotte.
    Mit dem Fuß hob Angua den Deckel der kleinen Holztruhe.
    »Das solltest du besser lassen«, mahnte der junge Mann.
    »Ich werfe nur einen Blick hinein«, sagte Angua. »Das ist doch nicht verboten, oder?«
    »Nach dem 1467 erlassenen Gesetz zur Regelung der Privatsphäre…«
    »Da liegen nur alte Stiefel und solche Sachen drin. Und Papier.« Angua bückte sich und griff nach etwas, das wohl ein Buch sein sollte. Es war ein Bündel unterschiedlich großer Blätter, die zwischen zwei Pappdeckeln steckten.
    »Das gehört dem Hauptmann…«
    Angua öffnete das Buch und las einige Zeilen. Ihre Augen wurden immer größer.
    »Sieh dir

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