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Hello Kitty muss sterben

Hello Kitty muss sterben

Titel: Hello Kitty muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Choi
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zum Abendessen ein?«, fragte mein Vater. Meine Eltern belauschten ständig meine Telefonate. Einer der Nachteile, wenn man bei seinen Eltern lebte, was jedoch durch die köstliche Hausmannskost wettgemacht wurde.
    »Oh, ich habe eine Stelle in einer anderen Kanzlei bekommen Dad. Ich gehe es mit einem alten Freund feiern.«
    »Einem Mann?«
    »Ja, aber er ist nur ein Freund. Aus dem Jurastudium.«
    »Oh, was ist er?«
    »Er ist weiß.«
    »Ist er dein Freund?«
    »Nein, Dad. Nur ein Freund.«
    »Du solltest etwas essen, bevor du zum Essen gehst.«
    »Aber ich gehe zum Essen.«
    »Das weißt du noch nicht. Iss was.«
    Also aß ich Haferbrei mit Obst. Und das war auch gut so. Als Sean mich später am Abend zurückrief, war es längst zu spät zum Essen.
    »Ich gehe einmal davon aus, dass du die Stelle gekriegt hast.«
    »Habe ich. Sie haben vorhin bei mir angerufen. Ich fange am Montag an.«
    »Großartig, Fi. Kauf dir neue Schuhe.«
    »Tja, vorher möchte ich dich noch zum Abendessen einladen. Aber es ist ein bisschen zu spät, um essen zu gehen.«
    »Ist schon in Ordnung. Ich habe bereits gegessen. Unternehmen wir etwas anderes, um zu feiern.«
    »Zum Beispiel? Morgen habe ich übrigens ein Date.«
    »Hm. Okay. Weißt du, wo der South Beach Harbor ist, Fi?«
    »Sicher, er ist neben dem AT&T Park. Wo die ganzen kleinen Segelboote sind. Warum?«
    »Treffen wir uns Sonntagmittag um zwölf am Pier E. Bring Essen und Getränke mit.«
    »Ooh, gehen wir segeln?«
    »Du stellst zu viele Fragen, Fi. Bring einfach Essen und Getränke mit. Vorzugsweise Fingerfood. Bis dann. Und viel Spaß bei deinem Date morgen.«
    Noch eine Verabredung zum Essen. Wenigstens war es nicht Karaoke.
    Samstagnachmittag aß ich Dim Sum mit Don, Sohn eines Kochs. Und dem Koch. Und seiner Mutter, Großmutter, seiner Tante, seiner kleinen Schwester. Und meinen Eltern.
    Jeder wollte das potenziell neue Familienmitglied begutachten. Um sicherzugehen, dass er wie auch ich chinesisch war. Und um sicherzustellen, dass es zu keiner verfrühten Jungfernhäutchenzerstörung käme.
    Kein Bedarf an Pfefferspray, Messern oder Flunies.
    Don war dick. Speckig mit einem ungepflegten Spitzbart und Pickeln. Ein Meter achtundsiebzig. Dreißig Jahre alt. Selbstfabrizierter Bürstenschnitt, wahrscheinlich von seiner Mutter. Kurzärmeliges Karohemd und Jeans. Schmutzige Turnschuhe. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, sich für den großen Anlass in Schale zu werfen.
    Vielleicht wollte er, dass ich ihn so mochte, wie er war. Lauries Strategie.
    »Was machst du eigentlich gern, Don?« Mein Versuch, höfliche Konversation zu betreiben.
    Don nahm sich ein paar Krabbenklöße, wobei er jeglichen Blickkontakt mied.
    »Weiß nicht. Nicht viel. Ich arbeite oft an meinem Wagen.«
    »Du fährst Rennen?«
    »Nein, ich arbeite bloß gern an meinem Wagen. Frisiere ihn auf. Schaut verdammt gut aus, weißt du?«
    »Ganz bestimmt. Was machst du sonst noch?«
    »Nicht viel. Hänge bei anderen Leuten ab. Viel mehr gibt’s in San Bruno nicht zu tun.«
    »Warum kommst du dann nicht in die Stadt?«
    »Nö. Hier in der Stadt gibt’s nix zu tun.«
    »Aber es wird einem viel mehr als in San Bruno geboten.«
    »Egal. Alle meine Freunde sind verheiratet. Es gibt keinen, mit dem ich was unternehmen kann.«
    »Dann komm doch in die Stadt und finde neue Freunde, Mann.«
    »Nö, aber ab und an geh ich mit meinen Freunden gern zum Krabbenfischen.«
    »Krabbenfischen?«
    »Ja, Krabben fangen.«
    Okay.
    Ich stopfte mir ein paar Frühlingsrollen in den Mund, um das betretene Schweigen zu überbrücken. Niemand sonst sagte etwas. Sie beobachteten, wie wir uns unterhielten, einander kennenlernten, einen ersten Eindruck gewannen, einander den Hintern beschnüffelten, mit den Pfoten scharrten, einander umkreisten. Wie Zootiere in einem Käfig.
    Don kratzte sich mit dem kleinen Finger am Nasenflügel, einem kleinen Finger mit langem, spitzem Fingernagel. Ich erschauderte.
    Chinesische Jungs und lange Fingernägel. Was Amerikaner als Koks-Fingernagel bezeichnen.
    Aber es hat nichts mit Drogen zu tun, sondern einzig und allein mit einem uralten chinesischen Aberglauben. Wenn der kleine Finger nicht an das oberste Gelenk des Ringfingers heranreicht, ist man dazu bestimmt, arm zu sein. Das ganze Leben lang.
    Also lassen Chinesen die Nägel ihrer kleinen Finger wach sen. Lang und spitz, um sich Besitz und Wohlstand zu sichern.
    Fünftausend Jahre chinesische Weisheit und Logik steckten hinter dieser

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