Hell's Angels (German Edition)
die wissen immer, wo ich gerade bin.«
Doch irgendwas ging schief, und Murray folgte einen halben Tag lang irgendwelchen Spuren, die sich alle als falsch erwiesen, weil Rays Kontaktmann ihn instinktiv für einen Bullen gehalten hatte. Er stieß immerhin auf ein Haus, in dem die Fresno-Angels kurz zuvor eine Party gefeiert hatten. Es machte solchen Eindruck auf ihn, dass er schleunigst die Stadt verließ. Er schilderte es folgendermaßen:
Das Haus stand ein Stück abseits der Blackstone Avenue, die nach Norden, in Richtung Yosemite führt, und sah aus wie viele andere in der Nachbarschaft: ein weißer, baufällig wirkender Holzbungalow mit drei Zimmern und kleinem Vorgarten. Dennoch war er nicht zu übersehen. Der Zaun war teilweise umgestürzt, sämtliche Fenster waren eingeschlagen, einen Zaunpfosten hatte man in die Haustür gerammt, und die Äste zweier kleiner Bäume aus dem Vorgarten waren abgerissen und wild über den Boden geschleift worden; dazwischen lag ein umgekippter, aufgeschlitzter Sessel mit abgebrochenen Armlehnen. Und auf der Rückenlehne des Sessels stand mit roter Farbe:
Hells Angels
1369er
Dee – Berdoo
Ich betrat das Haus und stand in der Mitte dessen, was einmal das Wohnzimmer gewesen sein musste. Aber das war schwer zu sagen, denn ein so vollkommenes Chaos hatte ich noch nie gesehen: Jedes einzelne Möbelstück war zerschlagen, und der Boden war von Trümmern bedeckt – Glasscherben, zerrissene Kleidungsstücke, leere Dosen, Wein-und Bierflaschen, Geschirr, Schachteln. Sämtliche Türen waren aus den Angeln gerissen, und wo einmal eine Klimaanlage gewesen war, klaffte nur noch ein großes Loch. Das Wort »Bullen« hatte man in großen roten Lettern über ein eingetretenes Bett gekrakelt und dann als Wurfziel für Flaschen
und alles Mögliche andere genutzt, was eben zur Hand war. Unter einem weiteren Hakenkreuz stand:»Yea, Fresno«. Sämtliche Wände waren verunstaltet.
Die direkten Nachbarn waren anständige Leute, und ihre Häuser standen nur ein paar Meter entfernt. Sie berichteten, das Haus sei an eine junge Frau vermietet worden, die einen netten Eindruck gemacht habe. Am nächsten Morgen waren dann die ersten Motorradfahrer gekommen; schließlich mussten es zwanzig bis fünfundzwanzig gewesen sein, inklusive Frauen, und ihre Party hatte dann zwei Wochen lang angedauert, bis schließlich die Polizei von sich aus kam. Niemand aus der Nachbarschaft hatte protestiert oder Hilfe gerufen. Der Mann, der direkt hinter dem Haus wohnte und die ganze Zeit über nachts kein Auge zubekommen hatte, erklärte, warum. »Mit einer Armee legt man sich nicht an«, sagte er. »Das hätten die sich nicht gefallen lassen. Die sind wie eine Horde Tiere.«
17
rapere: entführen, hastig genießen ... – Lateinisches Wörterbuch
Die Fresno-Angels machen nur selten Schlagzeilen, aber wenn sie es tun, dann meist mit einer extremen Tat, die einen Affront gegen alles darstellt, was den Spießern heilig ist. So ein Fall war eine brutale »Vergewaltigung« in der Kleinstadt Clovis, in der Nähe von Fresno, im Central Valley. Als die Geschichte in die Zeitung kam, waren die Bürger im Umkreis von Meilen außer sich vor Empörung.
Eine 36-jährige Witwe, Mutter von fünf Kindern, behauptete, man habe sie aus einer Bar, in der sie in aller Ruhe mit einer anderen Frau ein Bier trank, gezerrt, in einen leer stehenden Schuppen hinterm Haus geschleppt, dort hätten sich dann zweieinhalb Stunden lang fünfzehn bis zwanzig Hell’s Angels wiederholt an ihr vergangen, und schließlich habe man ihr auch noch 150 Dollar gestohlen. So stand es am nächsten Tag in San Francisco in der Zeitung, und diese Story beschäftigte die Presse noch einige Tage lang, da die Frau behauptete, Telefonanrufe zu erhalten, in denen gedroht wurde, sie umzubringen, falls sie gegen ihre Angreifer aussage.
Dann, vier Tage nach der Tat, wurde das Opfer unter dem Vorwurf der »sexuellen Perversion« verhaftet. Die wahre Geschichte sei ans Licht gekommen, berichtete der Polizeichef von Clovis, als man der Frau Zeugen gegen-überstellte. »Unsere Ermittlungen haben ergeben, dass sie nicht vergewaltigt wurde«, so der Polizeichef. »Sie hatte in dem Lokal bereits mit mindestens drei Hell’s Angels sexuelle Handlungen begangen, ehe der Inhaber sie alle des Lokals verwies. Sie hatte in dem Lokal die Männer zu Annäherungsversuchen ermutigt und führte sie dann zu einem leer stehenden Gebäude hinter dem Lokal. Sie wurde nicht beraubt,
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