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Hell's Angels (German Edition)

Hell's Angels (German Edition)

Titel: Hell's Angels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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Mann, sie ist eine Angel-Frau, da wird sie’s ja wohl auch mit anderen treiben.«
    In diesem Moment drehte Magoo, ohne eine Antwort abzuwarten, die Hüfte leicht zur Seite und urinierte ins Feuer. Es zischte, und einige glühende Holzstücke erloschen. Etliche Leute nahmen vor dem Gestank Reißaus. Vielleicht war es als Paarungssignal gemeint, als sinnliche Geste, mit der alle Masken fallen gelassen werden sollten, aber letztlich vermasselte es ihm die Tour. Der Angel, um dessen Frau es ging, war gar nicht froh über die Situation gewesen, und dass Magoo so achtlos seinem Harndrang folgte, lieferte einen guten Vorwand, um sich zu verdrücken und sich irgendwo abseits eine neue Stelle zu suchen.
    Etwas später hörte ich auf der anderen Seite des Feuers zwei Angels, die ein Stück hinter mir auf dem Boden saßen, sich an ein Motorrad lehnten und ein ernstes Gespräch führten, während sie einen Joint hin und her reichten. Ich lauschte eine Weile, wobei ich ihnen den Rücken zuwandte, aber das Einzige, was ich verstand, war ein mit Entschiedenheit ausgesprochener Satz: »Mann, ich würde alles Gras der Welt dafür geben, wenn ich das Durcheinander in meinem Kopf mal klarkriegen könnte.« Ich ging schnell weiter und hoffte, dass ich unerkannt geblieben war.
    Bei meinem Wagen stieß ich auf einige Leute, die auf der Rückbank nach Bier suchten. Sie waren eine Zeit lang
im Wald gewesen, und hatten nicht mitbekommen, dass eine weitere Lieferung eingetroffen war. Einer von ihnen war der unergründliche Ray, der Präsident des Fresno-Chapters. Nicht einmal die Angels verstehen Ray. Er ist viel zu freundlich zu Außenstehenden, stellt sich immer in aller Form vor und schüttelt ewig Hände. Er hat nichts Bedrohliches an sich, wenn man von seinen Ausmaßen einmal absieht: Er ist etwa eins neunzig groß und bringt neunzig Kilo auf die Waage. Sein blondes Haar trägt er nach Angel-Maßstäben kurz geschnitten, und sein Gesicht sieht so gesund aus, dass es auf dem Umschlag eines Pfadfinderhandbuchs prangen könnte. Einige Outlaws bezeichnen ihn als Angehörigen der oberen Zehntausend, womit sie sagen wollen, dass er in Sachen Angels eher zu den Amateuren als zu den Fanatikern zählt. Und das stimmt wahrscheinlich. Ray vermittelt den Eindruck, dass sich ihm auch noch andere Möglichkeiten bieten, und deshalb nehmen die anderen an, dass er irgendwann aussteigen und sich etwas widmen wird, das mehr Zukunft hat. Körperliche Arbeit in gebückter Haltung etwa oder ein fester Job als Scheißeschipper im Klärwerk. Ray ist 25 und gerne Angel, aber er ist es nicht von ganzem Herzen – und daran stören sich jene Outlaws, die nicht mehr die Illusion hegen, ihnen böten sich noch andere Möglichkeiten. Wenn Ray nach Oakland ziehen würde, müsste er erst einmal mit irgendeiner Irrsinnstat Klasse beweisen, ehe Bargers Chapter ihn aufnehmen würde. Er müsste in aller Öffentlichkeit einen Polizisten zusammenschlagen oder eine Kellnerin auf dem Tresen eines Billigrestaurants vergewaltigen. Erst dann, nachdem er alle Brücken zur Spießerwelt hinter sich abgebrochen hätte, wäre er in der Legion der Verdammten willkommen.
    Ray aber bleibt lieber in Fresno, wo er wilde Partys gibt
und einen florierenden Motorradhandel betreibt. Er kennt sich so gut mit Motorrädern aus, dass er für die Angels sowohl aus LA als auch aus der Bay Area als eine Art Anlaufstelle fungiert. Er ist ständig auf Achse, und das stets auf seinem Bock. An einem Wochenende ist er in der Blue Blazes Bar in Fontana, um mal zu sehen, was in Berdoo so abgeht, und am nächsten taucht er in Oakland im Luau oder im Sinners Club auf – gibt fröhlich Ratschläge, schüttelt Hände, bemüht sich, Partys zu organisieren. Auf dem Höhepunkt der Bürgerrechtsunruhen in Alabama fuhr er mit seinem Motorrad ganz bis nach Selma  – nicht um mitzumarschieren, sondern um sich das anzusehen. »Ich dachte, vielleicht geraten die Nigger außer Kontrolle«, erklärte er mit einem Lächeln. »Da bin ich lieber hin und hab aufgepasst.«
    Als Ray in Fontana Bill Murray kennen lernte und erfuhr, dass er an einem Artikel für die Saturday Evening Post arbeitete, lud er ihn nach Fresno ein und gab ihm genaue Anweisungen, wie er den Kontakt herstellen sollte. »Wenn Sie in die Stadt kommen«, sagte er, »fahren Sie in die Blackstone Avenue, bis Sie zum Ratcliff-Stadion kommen. Dann fragen Sie bei der Tankstelle auf der anderen Straßenseite nach mir. Ich bin manchmal schwer zu finden, aber

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