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Hell's Angels (German Edition)

Hell's Angels (German Edition)

Titel: Hell's Angels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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sondern war laut der Frau, die sie begeleitet hatte, am frühen Abend mit fünf Dollar zu Hause aufgebrochen, um eine Kneipentour zu unternehmen.«
    Dieser Zwischenfall wird im Bericht des Generalstaatsanwalts nicht erwähnt, ist aber ebenso belegt wie jene, die darin erwähnt werden; sie gehört zu den klassischen Hell’s-Angels-Geschichten. Mit dem hübschen O. Henry-Schlenker im Schlusssatz hat sie richtig Stil. Jemand hätte die Bevölkerung von Fresno nach ihrer Meinung befragen sollen, nachdem die erste Version der »Vergewaltigungs«-Geschichte erschien, und dann noch einmal, nachdem sich das Blatt gewendet hatte. Wie schon bei der Vergewaltigung von Monterey war die Gräueltat von Clovis einer jener Fälle, in denen die Staatsanwälte tatsächlich besser dran gewesen wären, hätte man die Zeugen der Anklage durch Einschüchterung zum Schweigen gebracht.
    Die Clovis-Geschichte ist nicht der Ereignisse wegen amüsant, sondern wegen des himmelweiten Unterschieds, der zwischen den Anschuldigungen und der Wirklichkeit klafft. Da war sie wieder, die Vergewaltigungs-Manie ,
das alte Schreckgespenst, einer der wichtigsten Schlüssel zum Verständnis des ganzen Hell’s-Angels-Phänomens.
    Beim Thema Vergewaltigung ist niemand objektiv. Es ist ebenso ein Grauen wie ein Kitzel und Geheimnis. Frauen haben schreckliche Angst davor, vergewaltigt zu werden, doch irgendwo ganz tief in jedem Frauenschoß lebt ein rebellisches Nervenende und kribbelt jedes Mal vor Neugier, wenn dieses Wort fällt. Und das ist noch weit beängstigender, denn es deutet auf eine grundlegende Perversion hin und auf geheime Gelüste, die viel zu gefährlich sind, um auch nur daran zu denken. Männer sprechen mit Abscheu über Vergewaltiger, und über ihre Opfer reden sie, als trügen sie nun irgendein tragisches Mal. Sie haben Mitgefühl, doch es bleibt immer auch ein Rest von Misstrauen. Es hat Fälle gegeben, in denen sich Männer von einer vergewaltigten Frau scheiden ließen, weil sie es nicht mehr ertragen konnten, mit diesem schrecklichen Wissen zu leben, mit den Fantasien, mit der Möglichkeit, dass es gar keine Vergewaltigung war . Das ist der Kern des Ganzen, das unaussprechliche Geheimnis. Jeder kennt den Witz mit dem Anwalt, der es mithilfe einer Feder und eines Tintenfasses schaffte, dass sein Mandant von der Anklage der Vergewaltigung freigesprochen wurde. Er erzählte den Geschworenen, so etwas wie Vergewaltigung gebe es überhaupt nicht, und bewies es, indem er einen Zeugen versuchen ließ, die Feder in das Tintenfass zu stecken – das er so geschickt manipuliert hatte, dass der Zeuge schließlich erfolglos aufgab.
    Das klingt nach einem Scherz von Cotton Mather oder anderen seines Kalibers – jemandem, dem man noch nie brutal einen Arm auf den Rücken gedreht hat. Jeder Anwalt, der behauptet, so etwas wie Vergewaltigung gebe es
überhaupt nicht, sollte von drei großen Perversen an einen öffentlichen Ort im Freien gezerrt und am helllichten Mittag reihum sodomisiert werden, wobei alle seine Mandanten zusehen.
    In Kalifornien werden jedes Jahr im Schnitt dreitausend Fälle von Vergewaltigung der Polizei gemeldet – also fast zehn pro Tag. Das wäre eine bedrohliche Statistik, wäre sie nicht bedeutungslos. Im Jahre 1963, einem durchschnittlichen Jahr, wurden 3.058 Vergewaltigungen gemeldet. Doch nur 231 dieser Fälle kamen vor Gericht, und nur 157 Vergewaltiger wurden tatsächlich verurteilt. Es ist unmöglich, herauszufinden, wie viele Vergewaltigungen tatsächlich verübt wurden. Viele wurden nicht gemeldet oder wurden von den Opfern vertuscht, weil sie das öffentliche Aufsehen und die Erniedrigung fürchteten, die ein Gerichtsverfahren mit sich bringen kann. Vergewaltigungsopfer, die sich um ihren Ruf sorgen, weigern sich oft, Anzeige zu erstatten, und nur wenige Staatsanwälte werden sie zu einer Aussage nötigen. Ein Vergewaltiger, der sich mit seinen Gelüsten auf Damen aus der Mittel- und Oberschicht beschränkt, hat wenig zu befürchten. Er riskiert jedoch einiges, wenn er über Frauen herfällt, denen das Stigma der Vergewaltigung wenig bedeutet. Mit einem Opfer, das bereit ist, vor Gericht auszusagen, kann es einem redegewandten Staatsanwalt gelingen, den »Angriff« so anschaulich und in allen körperlichen Details nacherlebbar zu machen, dass selbst der zurückhaltendste Verteidiger hinterher vor den Geschworenen als roher Barbar dasteht. Dass nur ein geringer Prozentsatz der Vergewaltigungsfälle vor Gericht

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