Hell's Angels (German Edition)
ihm her. Er hatte solche Angst, dass er sich einen Revolver Kaliber .357 Magnum gekauft hatte. »Ich habe eine Scheißangst«, sagte er. »Wenn die herkommen, knalle ich sie ab.« Das schien die Angels zufrieden zu stellen. »Dieser Spinner wollte, dass ihm jemand Angst einjagt«, sagte einer. »Vielleicht kriegt er jetzt einen klaren Kopf.«
Cohen beging keinen dieser Fehler. Er stellte ganz kurze, allgemein gehaltene Fragen und stand dann schweigend, schwitzend und mit den Füßen scharrend da, während sein Tonbandgerät die Antworten aufzeichnete. Ich wusste, was jetzt kam, als Barger mit den Worten anhub: »Wir Angels leben in unserer eigenen Welt. Wir wollen nur, dass man uns in Ruhe lässt, damit wir Individualisten sein können.«
Hier nun einige weitere Juwelen, die Cohen an diesem Morgen geliefert bekam, fast alle von Barger:
Eigentlich sind wir Konformisten. Als Angel muss man mit den Regeln unserer Gesellschaft konform gehen, und die Regeln der Angels sind die strengsten, die es gibt. ... Die Motorräder sind unser ein und alles. Wir können Sachen mit Motorrädern machen, die kann sonst keiner. Die können es ja mal versuchen, aber das schaffen die nie. Ein Angel kann in nur zwei Stunden ein Motorrad komplett auseinander nehmen und wieder zusammenbauen. Wer sonst kann so was? ... Dieses Zeug [die Nazi-Insignien und -Kopfbedeckungen] – das soll die Leute nur schockieren, damit sie wissen, dass wir
Individualisten sind, damit sie wissen, dass wir Angels sind.... Es gäbe keine Probleme, wenn man uns in Ruhe lassen würde. Zu Gewalt kommt es nur, wenn uns jemand angreift. Wenn zwei Angels in eine Kneipe gehen und ein paar andere Typen besaufen sich und brechen einen Streit vom Zaun, schiebt man uns automatisch die Schuld in die Schuhe. Unsere beiden Jungs machen die fertig. Zwei Angels können es mit fünf anderen Typen aufnehmen.... Man muss schon wirklich ein Angel sein wollen. Wir nehmen nicht einfach jeden x-Beliebigen auf. Wir schauen uns die Leute vorher genau an. Wir müssen sicher sein, dass man sich an unsere Regeln hält....
Barger redete fast eine Stunde lang ununterbrochen und war sich dabei vollkommen bewusst, dass ein Tonband mitlief und er fotografiert wurde. In dieser Hinsicht war es das Ende einer Epoche, denn kurz darauf ging ihm auf, dass die Weisheiten, die er da austeilte, und die Posen, in die er sich für die Kameras warf, Geld wert waren, und als der Artikel dann schließlich erschien, hatte sich seine Plauderlaune in Bitterkeit verwandelt.
Der restliche Aufenthalt in Bass Lake verlief verhältnismäßig friedlich. Viele Outlaws verbrachten den Sonntagnachmittag in dem Supermarkt, in dem wir Bier eingekauft hatten, und zogen vor einer großen Touristenschar eine Show ab. Sie übergossen einander mit Bier, tauschten mit den Bürgern Anzüglichkeiten aus und genossen es, jedermann nervös zu machen. Alte Männer spendierten ihnen Bier, Frauen mittleren Alters riefen ihnen provozierende Fragen zu, und die Registrierkasse klingelte munter vor sich hin.
Im Camp kam es zu einigen angespannten Momenten, als drei große Motorboote voller muskulöser Strandtypen und Bikinimädels in die schmale Bucht vor Willow Cove einliefen. Sie suchten nicht unbedingt Streit, traten aber, wie ein Angel es ausdrückte »großspurig« auf, und eine Zeit lang sah es so aus, als würde sich dort etwas Übles zusammenbrauen. Die Polizei hatte keine Vorkehrungen dafür getroffen, einen Angriff vom See her abzuwehren, und als die Boote kamen, waren keine Hilfssheriffs im Camp anwesend. Die Männer in den Booten waren alle in den Zwanzigern, trugen bunte, enge Badehosen, waren sonnengebräunt, und hatten kurzes, eingewachstes Haar, das selbst im Wasser die Frisur hielt. Es waren etwa zwanzig männliche Exemplare und fünf oder sechs Mädels, die aussahen, als kämen sie von der französischen Riviera. Sie machten die Boote an einigen Bäumen am jenseitigen Ufer der kleinen Bucht, gegenüber des Angel-Camps, fest und tollten dann herum – tauchten, warfen die Mädels ins Wasser, reichten einander Biere, ignorierten die Outlaws dabei aber komplett.
Dreißig Meter weiter, auf ihrer Seite der Bucht, lümmelten die Hell’s Angels in ihrer ganzen dreckigen Pracht. Hier gab es keine Sonnenbräune, keine Bikinis oder wasserdichten Uhren. Die Outlaws standen in Unterhose, nasser Jeans und mit verfilzten Bärten, die ihre Haut käsig blass wirken ließen, am steinigen Strand. Einige plantschten bekleidet im
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