Hell's Angels (German Edition)
bereit, die Rechnung für den Krankenwagen zu übernehmen, und der Deputy forderte ihn per Funk an.
Kurz darauf tauchten zwei behelmte Deputys auf, jeder mit einem angeleinten Schäferhund. Es gab tumultartige Szenen, als die Leute vor den Hunden zurückwichen. Weiter hinten auf der Straße heulte eine Sirene, aber die Polizisten kamen nicht durch den Stau. Einige Beamte stiegen aus ihren Fahrzeugen aus, liefen zum Schauplatz des Geschehens, fuchtelten dabei mit Schlagstöcken und riefen: »Zurücktreten! Zurücktreten!«
Bargers Kundschafter trafen nur Sekunden nach der Polizei ein, ließen sich aber von dem Verkehrsstau nicht aufhalten. Als sie sich zwischen den Autos hindurchschlängelten, ruckten ihre Scheinwerfer wild hin und her, was die Szene noch bedrohlicher erscheinen ließ. Ich sah kurz, wie sich Barger durch die Menge zu dem verletzten Angel drängelte. Einer der behelmten Polizisten streckte einen Arm aus, um ihn aufzuhalten, und flog dann nach einem Schlag von Dirty Ed zwei Meter weit die Straße hinauf. Ich sah Ed kommen, konnte aber kaum glauben, was ich da sah. Dem Polizisten muss es ähnlich ergangen sein. Dirty Ed schlug ihn aus dem Lauf heraus und packte
ihn gleichzeitig vorne an der Jacke. Der Polizist guckte verdutzt, als er zurücktaumelte und noch versuchte, mit seinem Schlagstock auszuholen. Einer der Deputys stürzte sich auf Ed, und sie rangen kurz miteinander, ehe der Fotograf dazwischenging.
Anschließend ergriff, aus welchen Gründen, kann man nur vermuten, der Deputy den Fotografen und nicht den Angel. Zwei Führer der Hundestaffel von Kern County nahmen ihn in den Polizeigriff, ignorierten seine herzzerreißenden Schreie und schleuderten ihn wiederholt gegen einen Erdwall, bis er still war. Dann steckten sie ihn in den Gefangenentransporter. In der Zwischenzeit war Sheriff Baxter eingetroffen und bemühte sich, die Wogen zu glätten. Er fand Barger und versicherte ihm, dass für seinen Jungen ein Krankenwagen unterwegs sei. Damit war der Fall offenbar erledigt, aber Sonny und ein Dutzend weitere Angels blieben noch, bis Frip schließlich in ein Krankenhaus verfrachtet wurde. Dirty Ed hielt sich im Hintergrund, guckte bedrohlich, ließ sich aber zu keinen Gewalttaten hinreißen. Die Polizei ignorierte ihn, aber Tiny Baxter ging hinüber zu dem Gefangenentransporter und brüllte den glücklosen Fotografen darin an, beschuldigte ihn, er habe versucht, einen Aufruhr auszulösen. »Sie verrückter Scheißkerl, ich sollte da reinkommen und Ihnen den Hals umdrehen!«, schrie er, und für einen Moment dachte ich, er würde genau das tun. Die ganze Anspannung des Wochenendes bebte in seiner Stimme, als er den einzigen seiner Gegner zusammenschiss, der greifbar war und keine Verbündeten hatte. Sich Dirty Ed vorzunehmen wäre gewesen, als hätte man eine Zündschnur in Brand gesetzt, der Fotograf aber war so harmlos wie ein Sack Mehl. Er hatte keine Armee, die ihn unterstützen konnte und ihn rächen
würde, wenn ihm etwas zustieß; und erschwerend kam hinzu, dass er gestand, Freischaffender zu sein – ein Begriff, unter dem die meisten Polizisten einen Penner verstehen, der nicht mal in der Lage ist, sich einen Job zu besorgen. Wenn sie mich an diesem Abend festgehalten hätten, hätte ich eher gestanden, Geldeintreiber der chinesischen Opium-Mafia zu sein als freischaffender Schriftsteller. Die Polizei geht stets behutsamer mit Leuten um, die angestellt sind – und sei es bei der Opium-Mafia. Besser ist da nur noch eine Brieftasche voller vornehmer Papiere – alle möglichen Mitgliedsausweise voller filigran verzierter Formulierungen und seltsamer Codes, die auf gute Beziehungen zu diversen Großkonzernen und einflussreichen Stellen hindeuten, denen kein kluger Polizist entgegentritt.
Dummerweise besaß der Fotograf nichts davon, und deshalb saß er drei Tage lang im Gefängnis, bekam wegen Behinderung der Polizei 167 Dollar Geldstrafe aufgebrummt und wurde mit der Mahnung entlassen, sich den Rest seines Lebens aus Madera County fern zu halten. Ehe man ihn wegbrachte, gab er mir noch die Schlüssel seines neuen Sunbeam-Roadsters und sagte, er habe eine Kameraausrüstung im Wert von zweitausend Dollar im Kofferraum. Er kannte mich überhaupt nicht, und an meinem abgerissenen Äußeren deutete ganz bestimmt nichts darauf hin, dass ich irgendetwas anderes tun würde, als den Wagen und die Fotoausrüstung bei der erstbesten Gelegenheit zu verscherbeln. Aber er war nun mal in einer
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