Hell's Angels (German Edition)

geübt, Menschenmengen unter Kontrolle zu bringen und einen Aufruhr niederzuschlagen«, erzählte er, »aber wir haben das nicht bekannt gegeben. Wir wollten sie nicht herausfordern.«
    Aber klar doch. Die kleine Armee, die er da ausgebildet hatte, diente nur einem symbolischen Zweck. Genau wie die Hell’s Angels – die wollen auch nie jemanden herausfordern, lassen sich aber ziemlich leicht provozieren. In einem Bericht über den Aufruhr wurde ein Einheimischer mit den Worten zitiert: »Glücklicherweise hat die Nationalgarde gerade in der Nähe eine Übung abgehalten. Wenn die nicht gewesen wären, hätte die Stadt hinterher in Schutt und Asche gelegen. Und man mag sich gar nicht ausdenken, wie viele unserer Frauen vergewaltigt worden wären und wie viele unserer Bürger diese Motorrad fahrenden Dreckskerle umgebracht hätten. Gott sei Dank für die Truppen!«
    Und der Herr kümmerte sich tatsächlich an diesem
Abend um Laconia; seine Truppen kamen und ballerten in der ganzen Stadt herum. Unter den Schwerverletzten war auch der Fotograf Robert St. Louis, der bei der Arbeit einen Schuss ins Gesicht abbekam. Von den siebzig gemeldeten Verletzten kamen 69 aus den Reihen des »Gegners«. 44 Life zitierte einen siebzehnjährigen Jungen mit den Worten: »Sie haben mich aus einem Auto gezerrt und mir die Beine weggehauen. Dann hat sich ein Polizist mit einem Fuß auf meinen Kopf gestellt, und der andere hat mir Handschellen angelegt.« Selbst das am größten herausgebrachte Opfer des Aufruhrs, der Friseur Armand Baron, dessen Auto von Randalierern in Brand gesteckt wurde, verdankte seine Verletzungen den Truppen des Allmächtigen. Während er versuchte zu fliehen, bekam er mit einem Polizeischlagstock einen Hieb auf den Mund und mit dem Gewehrkolben eines Nationalgardisten einen Schlag auf die Hüfte ab.
    Der Aufruhr von Laconia war einer der absehbarsten Gewaltausbrüche aller Zeiten. Das Hauptereignis dieses Wochenendes war entweder (laut Life) die 44. New England Tour and Rally oder (laut National Observer) der 26. Lauf der New England Motorcycle Races . Andere Veranstalter hatten andere Bezeichnungen dafür: Die AMA nannte es 100-Mile National Championship Road Race . Doch es war unter jedem Namen ein großes, traditionelles Bikertreffen. Unter Nicht-Rennfahrern ist es als New England Gypsy Tour bekannt, und es ist einer jener Anlässe, zu denen die ganze Szene zusammenkommt. Der Grundgedanke ist fast der gleiche wie bei einem Run der
Hell’s Angels, aber es ist ein viel größeres Ereignis. Nach Laconia, das im Winter 15.000 und im Sommer 45.000 Einwohner hat, strömen an diesem Rennwochenende 15.000 bis 30.000 Motorradfahrer.
    Das Rennen findet seit 1939 alljährlich statt. Damals weihte man außerhalb von Laconia das Belknap-Gunstock-Freizeitgelände ein, das im Winter als Skigebiet und im Sommer als Campingplatz dient. William Sheitinger aus dem nahe gelegenen Concord ist Begründer sowohl der AMA als auch der Rennen von Laconia. 1964 fielen die Rennen wegen der Krawalle des Vorjahrs aus.
    »Jeder, der sich auch nur ein bisschen mit dieser Veranstaltung auskennt, konnte auf die Stunde genau vorhersagen, wann es [wieder] zu Ausschreitungen kommen würde«, sagt Warren Warner, Verwalter des im County-Besitz befindlichen Freizeitgeländes. »Es hatte hier schon mal einen Aufruhr gegeben, aber das hat niemand mitbekommen, weil es weit außerhalb der Stadt war. Wir hatten siebzig örtliche Polizisten und State Trooper hier, aber die haben sich den Mob nur angesehen und beschlossen, nichts zu unternehmen. Die Motorradfahrer haben Knallkörper geworfen, mit Messern und Ketten herumgefuchtelt und haben mit Bierbüchsen nach den Polizisten geworfen. Überall brannte es, Häuser brannten nieder, sie stellten mitten in der Nacht den Sessellift an und demolierten ihn dann, und aus Picknicktischen wurde Brennholz gemacht. Die Leute aus der Stadt, die diese Rennen unbedingt haben wollten, waren nicht dabei und wollten auch nicht dabei sein. Ich habe versucht, mit ihnen über die Ausschreitungen zu reden, aber dann hieß es immer: ›Das hat doch keiner gesehen, also was soll’s ...‹«
    1964 errichtete man außerhalb des Gerichtsbezirks von Laconia eine neue Rennstrecke, und 1965 fand die Veranstaltung
wieder statt. Die Handelskammer von Laconia war so begeistert davon, dass sie fünftausend Dollar zum Werbebudget des Rennens beisteuerte – und das erwies sich als ausgezeichnete Investition, denn wie die Handelskammer