Hell's Angels (German Edition)
schätzt, geben die Motorradfahrer an dem Rennwochenende in der Gegend 250.000 bis 500.000 Dollar aus. Das hört sich viel an, ist aber angesichts der Teilnehmerzahl nur 25 bis 50 Dollar pro Mann – und den Löwenanteil kassieren Motels, Souvenirläden, Bierstände und Hamburgerbuden.
Bürgermeister Lessard sagt, die Veranstaltung sei immer »ein guter Start für die Touristensaison« gewesen, und als das Rennen 1964 ausgesetzt wurde, habe die Wirtschaft darunter »gelitten«. Der ehemalige Bürgermeister Gerald Morin, in Laconia als Biergroßhändler tätig, schätzt, dass an dem Rennwochenende 1965 circa 15.000 Kisten Bier an die Motorradfahrer verkauft wurden. »Das Rennen ist ganz offensichtlich gut für unsere Wirtschaft«, sagte er nach dem Aufruhr. »Wir sollten jetzt, in dieser emotionsgeladenen Situation, keine übereilten Entscheidungen treffen. Wir sollten abwarten, bis wieder Ruhe einkehrt.« Bürgermeister Lessard drückte es unverblümter aus: »Selbst die Leute, die dafür [für das Rennen] waren, mögen manche Zweifel gehabt haben, bis sie dann ihre Einnahmen bei der Bank einzahlten.«
Fritzi Baer, Publicity-Manager des Motorradhändlerverbands von Neuengland – der das Rennen sponsert –, warf sein Prestige für Bürgermeister und Biergroßhändler in die Waagschale: »Ich glaube, wenn es dieses Jahr gut läuft, kommen die schlechten Elemente nächstes Jahr nicht wieder. Ja, ich bin überzeugt, dass die schlechten Elemente nicht wieder nach New Hampshire kommen, nachdem sie erlebt haben, wie wir hier mit ihnen umgehen.«
Mr. Baer sagte nicht, was er unter diesen »schlechten Elementen« verstand, aber es gehörte vermutlich niemand dazu, der in Neuengland als Motorradkäufer infrage kam. Mit einigen von ihnen ging man jedenfalls recht ruppig um, entsprechend der Bestimmungen eines neuen Aufruhrgesetzes, das, wie United Press International berichtete, nur eine Woche vor dem Rennen von Laconia »durch das Parlament des Bundesstaates gepeitscht« worden war. Es sieht Geldstrafen von bis zu tausend Dollar und Haftstrafen von bis zu drei Jahren vor für jeden, der eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verursacht oder während eines Aufruhrs Schäden an Privateigentum anrichtet. Nach alter Gesetzgebung hatte die Höchststrafe dafür 25 Dollar betragen. Entgegen Gerüchten, die zum Zeitpunkt der Erlassung dieses neuen Gesetzes kursierten, sah es keine Bestrafung durch den Tauchstuhl vor.
Noch als das Gesetz verabschiedet wurde, wurden rund um Laconia an den Landstraßen Telefonmasten mit Schildern behangen, auf denen stand: »KOMMEN SIE ZUM KRAWALL – SEHEN SIE AM SAMSTAGABEND WEIRS BEACH BRENNEN.« Weirs Beach ist ein Seeuferabschnitt außerhalb der Stadt mit zahlreichen Lokalen, Spielsalons und Bowlingbahnen. Gegen neun Uhr an jenem Samstagabend drängten sich auf der Lakeside Avenue, der Hauptstraße der Gegend, etwa viertausend Bier trinkende Touristen, gut die Hälfte davon auf Motorrädern. Die Leute stiegen auf die Dächer der Spielsalons, und die Polizei hörte den Ruf: »Wir wollen Krawall!«
Just in diesem Moment fuhr Mr. Baron mit seinem Wagen auf der Lakeside Avenue – zweifellos aus irgendeinem überaus triftigen Grund – mitten hinein in den Mob. Er habe »eine Spritztour unternommen«, erklärte
er später, und hatte seine Frau, seinen Sohn, seine Schwiegertochter und seine beiden Enkelkinder dabei: Duane, zwei Jahre, und Brenda, acht Monate alt. Als Mr. Baron dann im Schneckentempo die überfüllte Straße hinunterfuhr, geriet die Menge gerade außer Kontrolle. Leute warfen Bierdosen von den Dächern herab. Die Polizei behauptet, jemand habe Ketten um die Brandmelder gewickelt und die Telefonverbindung zum Polizeirevier gekappt, aber das wäre kaum nötig gewesen. Die Polizei brauchte keine Telefone, um zu hören, wie fünftausend Menschen »Sieg heil!« skandierten, als jemand einen Flaggenmast am Strand erklomm und dort oben ein Hakenkreuz anbrachte. Dann fing der Mob an, Autos hin und her zu schaukeln – darunter auch Mr. Barons Wagen, der mittendrin steckte. Baron bekam seine Familie aus dem Auto heraus, und keiner von ihnen wurde verletzt, und dann sah er zu, wie der Wagen umgekippt wurde und plötzlich, als ein Randalierer ein Streichholz auf das vergossene Benzin warf, in Flammen stand.
Die Flammen erleuchteten die Straße just in dem Moment, da die Nationalgarde am Schauplatz des Geschehens eintraf – mit aufgepflanzten Bajonetten und
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