Hell's Angels (German Edition)
Seele einfach nicht empfänglich genug, um jener speziellen Form von Wahnsinn, die auf Acid zum Leben erwacht, Nahrung bieten zu können. Politiker, die ein LSD-Verbot fordern, verweisen immer auf Verbrechen, die von intelligenten, strebsamen Menschen aus der Mittel- oder Oberschicht ohne kriminelles oder gewalttätiges Vorleben begangen werden. Ein mit einem Schlachtermesser verübter Mord
in Brooklyn löste Ermittlungen des US-Senats aus. Der mutmaßliche Mörder, ein hervorragender Student, behauptete, er sei drei Tage lang auf einem LSD-Trip gewesen und könne sich nicht erinnern, was er getan hatte. 54 Der Bundesstaat Kalifornien erließ ein strenges LSD-Gesetz, nachdem ein Polizeibeamter aus Los Angeles ausgesagt hatte, die Droge bringe Menschen dazu, nackt auf Bäumen zu hocken, schreiend durch Straßen zu laufen und sich auf alle viere niederzulassen, um Gras zu mampfen. In anderen LSD-Fällen ging es um Mord, Selbstmord und alle möglichen Irrsinnstaten. Ein Student aus Berkeley stieg im zweiten Stock mit den Worten aus dem Fenster: »Wenn schon ein Trip, dann nach Europa.« Den Sturz überlebte er nicht.
An keinem dieser Zwischenfälle war jener Teil der amerikanischen Gesellschaft beteiligt, den man gemeinhin mit kriminellem Verhalten assoziiert. Wie geheime Preisabsprachen, Steuerhinterziehung und Unterschlagung sind Verbrechen unter dem Einfluss psychedelischer Drogen anscheinend ein Laster der wohlhabenderen Schichten. Und das liegt nicht am Preis für LSD, der zwischen 75 Cent und 5 Dollar pro Kapsel oder Zuckerwürfel beträgt – was dann der Höchstpreis für einen zwölfstündigen Trip von unbeschränkter Intensität ist. Heroin ist im Gegensatz dazu eindeutig eine Unterschichtsdroge, kostet die meisten Abhängigen aber mindestens zwanzig Dollar am Tag und meist weit mehr.
Was daraus zu schließen wäre, bleibt zunächst offen, und die 1965 und 1966 hastig erlassenen LSD-Gesetze werden wahrscheinlich auf Jahre hinaus jede sinnvolle
Forschung auf diesem Gebiet unterbinden. In der Zwischenzeit sollten Wissenschaftler, die auf verwandten Feldern forschen, das Kesey-Experiment zur Kenntnis nehmen, darüber nachdenken und sich vielleicht auch dazu äußern. Selbst in seiner verkürzten Form widersprachen seine Ergebnisse eindeutig der landläufigen Meinung über (1) das Wesen von LSD, (2) die Struktur und Flexibilität der Outlaw-Persönlichkeit und (3) beides in Beziehung zueinander. 55
Einer der schönsten Abende in La Honda fand am Labour-Day-Wochenende 1965 statt, ein Jahr nach der Vergewaltigung von Monterey. Der Publicityrummel um die Angels lief zu diesem Zeitpunkt bereits auf Hochtouren, und sie hatten ständig mit den Medien zu tun. Fast jedes Wochenende lungerten Reporter und Fotografen im El Adobe herum – stellten Fragen, schossen Fotos und hofften,
dass irgendetwas geschah, womit sie ihre Schlagzeilen für den nächsten Tag ein wenig aufpeppen konnten. Die Oaklander Polizei bildete einen vierköpfigen Sondertrupp, der die Angels rund um die Uhr im Auge behalten sollte.
Die Polizisten hielten hin und wieder vor ihrem Stammlokal, lächelten freundlich angesichts der Schimpfkanonade und blieben gerade so lange, dass die Outlaws mitbekamen, dass sie beobachtet wurden. Die Angels freuten sich über diese Besuche; sie sprachen viel lieber mit Polizisten als mit Reportern oder gar mit obskuren Symphatisanten, die in immer größerer Zahl das El Adobe frequentierten. Obwohl die Outlaws immer berüchtigter wurden, setzte die Oaklander Polizei sie nie so erbittert unter Druck, wie es die Polizei mit den übrigen Chapters tat. Selbst auf dem Höhepunkt dieser Welle von Schikanen hatte Bargers Chapter immer noch ein ganz besonderes Verhältnis zur örtlichen Polizei. Barger erklärte das mit einer potenziellen gemeinsamen Front gegen den seit langem gerüchteweise erwarteten Schwarzenaufstand in East Oakland, das Schwarze wie Hell’s Angels als ihr Revier betrachteten. Die Bullen bauten seiner Meinung nach darauf, dass die Angels dafür sorgten, »dass die Nigger nicht aus der Reihe tanzen.«
»Die haben viel mehr Angst vor den Niggern als vor uns«, sagte Sonny, »weil von denen gibt’s ja viel mehr.«
Das Verhältnis der Angels zu den Schwarzen von Oakland ist ebenso ambivalent wie das zur Polizei. Einzelne »gute Schwarze« stehen bei ihnen der Masse der »durchgeknallten Nigger« gegenüber. Einer der Nomads (des ehemaligen Sacramento-Chapters) wohnt mit einem schwarzen Künstler
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