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Hell's Angels (German Edition)

Hell's Angels (German Edition)

Titel: Hell's Angels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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menschliche Maß. Sie sprachen kaum noch von etwas anderem, und viele stellten das Sprechen gänzlich ein. LSD ist ein bombensicheres Mittel gegen Langeweile, ein Übel, das bei den Hell’s Angels nicht weniger verbreitet ist als in anderen Schichten der Great Society. Und wenn nachmittags im El Adobe nichts los war und keiner groß Geld für Bier hatte, kamen meist Jimmy, Terry oder Skip mit den Kapseln vorbei, und dann brachen sie alle auf zu einem friedlichen Trip nach anderswo.
    Entgegen aller Erwartungen wurden die meisten Angels auf Acid seltsam friedlich. Von ein, zwei Ausnahmen abgesehen, kam man dann viel leichter mit ihnen zurecht, als wenn man sie auf eigenem Terrain stocknüchtern antraf. Das Acid setzte viele ihrer bedingten Reflexe außer Kraft. Dann war kaum noch etwas übrig von der mürrischen Verschlagenheit und der Streitlust, die ihr Verhalten Fremden gegenüber prägte. Die Aggressivität fiel von ihnen ab, sie verhielten sich nicht mehr so feindselig und argwöhnisch wie wilde Tiere, die eine Falle wittern. Es war eine seltsame Veränderung, und ich verstehe es immer noch nicht so ganz. Damals dachte ich besorgt, es sei die Ruhe vor einem Sturm, glaubte, sie nähmen immer noch nicht genug davon, um die volle Wirkung zu spüren, und früher oder später würden sie in einer verzögerten
Reaktion die ganze Szene dem Erdboden gleichmachen. Es gab jedoch viele Anzeichen dafür, dass die Droge durchaus Wirkung bei ihnen zeigte. Die Angels kümmern sich nicht darum, was Psychiater für eine unbedenkliche Dosis halten; sie nahmen das Doppelte, dann das Dreifache der empfohlenen Höchstmenge und warfen binnen zwölf Stunden oft 0,8 bis 1 Milligramm ein. Einige bekamen lang andauernde Heulkrämpfe, jammerten und brabbelten unverständlich auf Personen ein, die niemand außer ihnen sah. Andere verfielen in katatonische Starre, sprachen stundenlang kein Wort, wurden dann plötzlich wieder putzmunter und erzählten, sie hätten ferne Länder bereist und unglaubliche Dinge gesehen. Magoo ging eines Abends in den Wald, verfiel dort in Panik und schrie um Hilfe, und jemand musste ihn zurück ins Licht führen. An einem anderen Abend war Terry the Tramp mit einem Mal überzeugt, er sei gestorben und als Hahn wiedergeboren, den man über dem Lagerfeuer braten würde, sobald die Musik verstummte. Gegen Ende jedes Tanzes lief er zum Tonbandgerät und rief: »Nein! Nein! Nicht aufhören!« Ein Outlaw, dessen Name ich vergessen habe, schlitterte vor den Augen der Polizei wie ein Skifahrer einen siebzig Meter hohen, sehr steilen Abhang herab; alle jubelten ihm zu, als er oben absprang und es ihm dann irgendwie gelang, die Balance zu wahren, während er mit seinen Stiefelabsätzen den Erdboden aufpflügte. Zu dem einzigen Gewaltausbruch kam es, als ein Angel auf der Eingangstreppe von Keseys Haus versuchte, seine Frau zu erwürgen, keine halbe Stunde, nachdem er zum ersten – und letzten – Mal eine LSD-Kapsel geschluckt hatte.
    Meine eigenen Erfahrungen mit Acid sind recht beschränkt, was die insgesamt konsumierte Menge angeht,
aber sehr vielfältig hinsichtlich der Gesellschaft und der Umstände, unter denen ich es nahm. Und wenn ich einen der Hand voll Räusche, an die ich mich erinnere, noch einmal durchleben könnte, so würde ich mich für das eine Mal auf einer Hell’s-Angels-Party in La Honda entscheiden, komplett mit den ganzen irren Lichtern, den Polizisten auf der Straße, einer vage im Wald erkennbaren Ron-Boise-Skulptur, und aus den riesigen Boxen dröhnt Dylans Mister Tambourine Man . Die Atmosphäre war elektrisierend. Wenn von den Angels etwas Bedrohliches ausging, so machten sie die ganze Sache auch interessanter – viel lebendiger als alles, was bei einem kontrollierten Experiment oder bei einem höflich-steifen Treffen intellektueller Wahrheitssucher, die Weisheit in einer Kapsel zu finden hofften, wahrscheinlich herausgekommen wäre. Mit den Angels Acid zu nehmen, war ein Abenteuer. Sie waren zu ungebildet, um zu wissen, was sie erwartete, und zu wild, um sich darum zu kümmern. Sie warfen das Zeug einfach ein und warteten dann ab, was geschehen würde. Was wahrscheinlich tatsächlich so gefährlich ist, wie die Experten behaupten, aber ein viel, viel abgefahrenerer Trip als mit einem überlegen tuenden Versuchsleiter und einer Hand voll nervöser Möchtegern-Hipster in irgendeinem sterilen Zimmer zu hocken. Meines Wissens ist nie ein Outlaw-Biker auf LSD Amok gelaufen; vielleicht ist ihre

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