Hell's Angels (German Edition)
zusammen, der ganz ungeniert auf
allen Angel-Partys mit dabei ist. Für die Outlaws ist er ein »echt cooler Typ«.
»Er ist Künstler«, sagte mir Jimmy eines Abends auf einer Party in Oakland. »Ich verstehe ja nichts von Kunst, aber die anderen sagen, er ist gut.«
Charley ist ein weiterer guter Schwarzer. Er ist ein drahtiger kleiner Kerl, der schon so lange mit den Angels fährt, dass sich einige von ihnen genieren, wenn sie erklären sollen, warum er kein Mitglied ist. »Mann, ich bewundere den kleinen Scheißkerl«, sagte einmal einer, »aber der wird nie Mitglied werden. Er glaubt, er wird, aber das kann er vergessen. Scheiße, da reichen zwei Gegenstimmen, damit er nicht aufgenommen wird, und wenn ich mich hier im Raum so umsehe, könnte ich dir auch auf Anhieb sagen, wer dagegen stimmen würde.«
Ich habe Charley nie gefragt, warum er sich nicht den East Bay Dragons anschloss, einem nur aus Schwarzen bestehenden Outlaw-Club, ähnlich der San Francisco Rattlers. Die Dragons verfügen über den gleichen Elan wie die Angels, und wenn eine Gruppe von ihnen den Highway hinabdonnert, ist das ein ebenso spektakulärer Anblick. Sie tragen bunte Helme, und ihre Maschinen sind eine protzige Kombination aus Chopper und Fulldresser – und sie fahren ausschließlich Harley-74er. Die Dragons sind, wie die Angels, meist in ihren Zwanzigern und mehr oder weniger arbeitslos. Und wie die Angels haben sie ein ausgeprägtes Faible für Action, sei sie nun gewalttätig oder nicht . 56
Kurz nachdem ich die Oakland-Angels kennen lernte, und lange bevor ich überhaupt etwas von der Existenz der Dragons erfuhr, stand ich eines faden Freitagabends am Eingang des El Adobe, als sich der Parkplatz mit einem Mal mit etwa zwanzig großen, chromblitzenden Bikes füllte, gefahren von den verwegensten Schwarzen, die ich je gesehen hatte. Sie fuhren mit so großspurigem Gehabe vor, ließen ihre Motoren aufheulen und stiegen dann mit solcher Behändigkeit ab, dass ich fast mein Bier hätte fallen lassen und weggelaufen wäre. Ich kannte die Angels schon gut genug, um zu ahnen, wie sie über »Nigger« dachten – und da waren sie nun, ein Schwarzen-Kommando fuhr laut dröhnend beim Kommandoposten der Hell’s Angels vor. Ich wich vom Eingang zurück, an eine Stelle, von der aus ich zur Straße sprinten konnte, wenn sie anfingen, mit Kettenpeitschen aufeinander loszugehen.
Es waren etwa dreißig Angels an diesem Abend in der Kneipe, und die meisten von ihnen eilten, ihr Bier noch in der Hand, nach draußen, um zu sehen, wer die Besucher waren. Kampfeslustig wirkte keiner von ihnen. Als die Dragons dann ihre Motoren abgestellt hatten, begrüßten die Angels sie mit freundlichen Scherzen von wegen »Wir rufen die Bullen« und »Wir lassen euch Schweine wegsperren, weil ihr den Bürgern so einen Heidenschreck einjagt.« Barger schüttelte Lewis, dem Präsidenten der Dragons, die Hand und erkundigte sich, was los sei. »Wo habt ihr euch denn versteckt?«, fragte Sonny. »Wenn ihr öfter hier vorbeikommen würdet, würdet ihr vielleicht sogar mal in die Zeitung kommen.« Lewis lachte und machte Sonny, Terry und Gut mit einigen Neumitgliedern der Dragons bekannt. Die meisten schwarzen Outlaws schienen die Angels namentlich zu
kennen. Einige gingen in die Kneipe, und andere blieben auf dem Parkplatz, schüttelten hier und da jemandem die Hand und bewunderten die Bikes. Man unterhielt sich vornehmlich über Motorräder, und der Ton war ostentativ freundlich, aber auch ein wenig reserviert. Da hatte mich Sonny dann schon Lewis und einigen anderen vorgestellt. »Er ist Schriftsteller«, sagte Barger mit einem Lächeln. »Keine Ahnung, was er so schreibt, aber er ist okay.« Lewis nickte und schüttelte mir die Hand. »Wie geht’s denn so?«, sagte er. »Wenn Sonny sagt, du bist okay, bist du für uns auch okay.« Er sagte das mit einem so breiten Lächeln, dass ich schon glaubte, er würde gleich in Gelächter ausbrechen. Dann klopfte er mir schnell und freundlich auf die Schulter, wie um mich wissen zu lassen, dass er mich als großen Schwindler durchschaut hatte, den Scherz aber nicht verderben würde, indem er Sonny einweihte.
Die Dragons blieben etwa eine Stunde lang und dröhnten dann wieder ihres Wegs. Die Angels luden sie zu keiner Party ein, und ich hatte das Gefühl, beide Gruppen waren erleichtert, dass der Besuch so glatt verlaufen war. Die Angels schienen die Dragons sofort wieder vergessen zu haben, sobald sie außer Sicht waren.
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