Hell's Angels (German Edition)
rechten Auge. Als er diesmal zu Boden ging, packte ihn Sonny beim Kragen und schleuderte ihn auf den Rücken. Einer trat ihm mit voller Wucht einen Steifelabsatz in den Mund. Jetzt war er wehrlos, sein Gesicht blutüberströmt, aber sie traten weiter auf ihn ein. Schließlich zerrten sie ihn nach draußen und ließen ihn mit dem Gesicht nach unten auf dem Parkplatz liegen.
Der erste Streifenwagen traf gleich nach dem Ende der Schlägerei ein. Zwei weitere kamen aus unterschiedlichen Richtungen hinzu, dann kam ein Gefangenentransporter und schließlich ein Krankenwagen. Die Angels beharrten darauf, das hühnenhafte Opfer habe ein Messer gezogen, und sie hätten den Mann außer Gefecht setzen müssen. Die Polizisten suchten alles mit Taschenlampen ab, aber das Messer blieb unauffindbar. Der Schwarze war nicht in der Verfassung, irgendetwas abzustreiten, kam aber immerhin gleich wieder zu sich und konnte zu Fuß zu dem Krankenwagen gehen. Das schien die Polizei zumindest vorläufig zufrieden zu stellen. Sie machten ein paar Notizen und warnten Sonny, das Opfer könnte, wenn es den Schock überstanden hatte, möglicherweise Anzeige erstatten, aber ich hatte den Eindruck, dass sie den Fall bereits als abgeschlossen betrachteten – das Recht des Stärkeren hatte gewaltet.
Diese Schlägerei kam nie vor Gericht, versetzte die Angels
aber in große Aufregung. Sie zweifelten keinen Moment daran, dass die Nigger versuchen würden, es ihnen heimzuzahlen. Und beim nächsten Mal würden sie nicht nur zu viert kommen. Nie im Leben. Beim nächsten Mal würde es um massive Vergeltung gehen. Wahrscheinlich würden sie in einer mondlosen Nacht zuschlagen. Sie würden abwarten bis zur Sperrstunde, und hoffen, die Angels betrunken und wehrlos zu erwischen, und dann würden sie losschlagen. Die trübselige Stille auf der von Neonlicht erleuchteten East Fourteenth Street würde ohne Vorwarnung durch die Pfiffe primitiver Knochenpfeifen durchbrochen. Welle um Welle schwitzender schwarzer Leiber würden schweigend aus ihrer Kommandozentrale – dem Doggie Diner in der East Twenty-third – zu den Angriffspositionen vorrücken, gut vierhundert Meter vom El Adobe entfernt. Und wenn dann die Knochenpfeifen ertönten, würde die erste Niggerwelle wie der Teufel über die East Fourteenth preschen, dabei die rote Ampel ignorierend, und würde mit wilden, selbst gebauten Waffen über die Angels herfallen.
Jedes Mal, wenn ich in den Wochen nach dem großen Niggerzwischenfall mit den Angels sprach, warnten sie mich, der Angriff stünde nun unmittelbar bevor. »Wir sind uns ziemlich sicher, dass sie Samstagnacht kommen«, sagte mir Sonny dann beispielsweise. »Das Datum hat uns ein Spitzel gesteckt.« Ich sagte ihm, ich wolle unbedingt dabei sein, wenn der Angriff kam, und dem war tatsächlich so. Einige Monate zuvor hätte ich die ganze Sache noch lachend als pubertäres Hirngespinst abgetan, aber dieser Sommer, den ich größtenteils in den Kaschemmen von East Oakland verbrachte, bei den Säufern, Schlägern und Nutten, hatte meine Vorstellung von der Realität und dem Menschentier verändert.
Irgendwann an einem Spätsommerwochenende stieg ich abends auf dem Parkplatz des El Adobe aus meinem Wagen. Jemand rief in hohem Flüsterton meinen Namen, und ich nickte der Hand voll Angels zu, die am Eingang standen. Dann hörte ich das Flüstern wieder, aber niemand von denen, die ich dort sah, hatte etwas gesagt. Da ging mir auf, dass es jemand auf dem Dach war. Als ich hochschaute, sah ich Sonnys Kopf über den Betonsims ragen. »Hinten rum«, zischte er. »Da steht ’ne Leiter.«
Auf der Rückseite des Gebäudes stieß ich inmitten eines wilden Durcheinanders aus Mülltonnen auf eine sieben Meter lange Leiter, die aufs Dach führte. Ich stieg hinauf und fand Sonny und Zorro in einer Ecke liegend, fast verborgen hinter sich lösender Teerpappe. Sonny hatte ein AR-16, das neuste Dienstgewehr der US Army, und Zorro hatte einen Karabiner vom Typ M-1. Zwischen ihnen lag ein Haufen Munitionsschachteln und Ladeclips, eine Taschenlampe und eine Thermoskanne Kaffee. Sie warteten auf die Nigger, sagten sie. Heute Nacht sei es so weit.
Dem war dann doch nicht so – aber die Angels hielten noch fast einen Monat lang auf dem Dach des El Adobe bewaffnet Wache, bis sie sicher waren, dass sie die Nigger gründlich eingeschüchtert hatten. Auf dem Höhepunkt dieser Anspannung fuhren Barger und fünf andere eines Nachmittags mit ihren Motorrädern zu einem
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