Hell's Angels (German Edition)
»Mofo«-Clubs aus San Francisco. Immer wieder kam es zu Schlägereien zwischen den Motorradfahrern und Einheimischen, wobei Bierflaschen, aus Motorradketten gefertigte Gürtel und metallene Bierdosenöffner eingesetzt wurden. Es fiel auf, dass einige Mitglieder, die anscheinend als »Sergeants at Arms«, als Wachtposten aufgestellt wurden, nicht tranken, sondern die ganze Zeit über die Gruppe beobachteten. Wenn die Polizei gerufen wurde, sammelten diese Leute zerschlagene Bierflaschen auf, gossen Bier über am Boden verbliebene Blutflecken und dirigierten Gruppen von Menschen in das Lokal hinein bzw. hinaus, um der Polizei Vernehmungen zu erschweren. Als ein Einheimischer glaubte, eine Schrotflinte holen zu müssen, und damit in das Lokal zurückkehrte, in der sich die Gruppe versammelt hatte, wurde er festgenommen. Amtshilfe leisteten die California Highway Patrol und das Büro des Sheriffs von Mendocino County. Anschließend wies der Polizeichef die Gruppe an, das Stadtgebiet zu verlassen. Nach ihrem Abzug kam es noch zu vereinzelten Schlägereien zwischen
Angels, an denen aber keine Einheimischen beteiligt waren.
Der Lynch- Newsweek -Bericht über die Vorfälle in Porterville war vage im Detail, aber von brutaler Deutlichkeit, wenn es darum ging, ein Bild der Hell’s Angels zu zeichnen, die in der Stadt einfielen und unter den verängstigten Einwohnern Angst und Schrecken verbreiteten. Augenzeugenberichte waren verglichen damit blass und langweilig – wie etwa Mrs. Whitrights Schilderung der Vorfälle in Willits, dem so ganz die Dramatik und Spannung der Polizeiversion fehlte. Über die grundlegenden Tatsachen muss man nicht groß diskutieren; aber je nachdem, was hier betont und in welchen Zusammenhang gestellt wurde, macht das bei den meisten großen Zeitungen den Unterschied zwischen einer Schlagzeile und einer Randnotiz aus. »Erobern« die Hell’s Angels tatsächlich eine Stadt – wessen man sie oft beschuldigt – oder blockieren sie lediglich eine Hauptstraße und ein paar örtliche Kneipen und verletzen mit trunkenem Gebrüll das Zartgefühl etlicher Einheimischer?
Etwas allgemeiner gefragt: Wie groß ist die Bedrohung durch die Hell’s Angels wirklich? Und wie ernstlich gefährden sie Leib und Leben von Menschen in Kalifornien – und in Idaho, Arizona, Michigan, New York, Indiana, New Hampshire, Maryland, Florida, Nevada, Kanada und allen übrigen Gegenden, deren Einwohner sich zu diesem oder jenem Zeitpunkt durch sie belästigt fühlten?
3
Ich zittere um mein Land, wenn ich daran denke, dass Gott gerecht ist. – Thomas Jefferson
Nach Generalstaatsanwalt Lynchs eigenen Zahlen lässt die kalifornische Kriminalstatistik die Angels wie eine Bande harmloser Kleinkrimineller dastehen. Die Polizei zählte 463 Hell’s Angels: 205 in und um Los Angeles, 233 in der Region San Francisco, Oakland und die übrigen über den ganzen Bundesstaat verstreut. Bereits diese bedauerliche Abweichungen von der Realität macht es schwer, den übrigen Statistiken Glauben zu schenken. Die dubiose Auflistung führte bei den Hell’s Angels 1.023 Verurteilungen wegen Ordnungswidrigkeiten und 151 strafrechtlich relevante Vergehen an – vor allem Diebstahl von Kraftfahrzeugen, Einbruchdiebstahl und Körperverletzung. Das waren die Gesamtzahlen für alle Jahre und für sämtliche mutmaßlichen Mitglieder, darunter auch viele, die mittlerweile längst aus dem Club ausgeschieden sind.
Die Zahlen für Kalifornien ergeben für 1963 insgesamt 1.116 Tötungsdelikte, 12.448 Fälle von schwerer Körperverletzung, 6.257 Sexualstraftaten und 24.532 Einbrüche. Im Jahre 1962 zählte Kalifornien 4.121 Todesfälle im Straßenverkehr, deutlich mehr als die 3.839 Fälle des Vorjahres.
Bei den Festnahmen minderjähriger Marihuanakonsumenten zeigte sich 1964 eine 101-prozentige Zunahme gegenüber 1963, und in einem Hintergrundartikel stand 1965 im San Francisco Examiner zu lesen: »Die Fälle von Geschlechtskrankheiten bei den 15- bis 19-jährigen Jugendlichen haben sich in den vergangenen vier Jahren mehr als verdoppelt.« Selbst wenn man das jährliche Bevölkerungswachstum mit einrechnet, ist die Zahl der Festnahmen Minderjähriger in allen Kategorien Jahr für Jahr um zehn Prozent gestiegen. Ende 1965 wurde Gouverneur Edmund »Pat« Brown, ein Demokrat, von den Republikanern im Parlament gescholten, er wolle von den Gefahren durch die steigende Kriminalitätsrate nichts wissen, die ihren Angaben zufolge in seiner
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