Hell's Angels (German Edition)
Monterey-Story auf, und da sie auch sonst keine Abnehmer fand, verschwand sie recht schnell wieder in der Versenkung. Vom September 1964 bis zum März des folgenden Jahres lieferten sich die Hell’s Angels ganz im Stillen und ohne Medientrara eine Reihe von Scharmützeln mit der Polizei von Los Angeles und der Bay Area. Der Publicityrummel
nach der Vergewaltigung von Monterey hatte sie in Kalifornien derart berüchtigt gemacht, dass es kein Vergnügen mehr war, dazuzugehören. Für einen Mann, der eine Hell’s-Angels-Kutte trug, war jede Minute auf der Straße ein unkalkulierbares Risiko. Außer in Oakland 3 standen die Chancen ausgesprochen schlecht, und wenn man erwischt wurde, war die Strafe in den meisten Fällen happig. Auf dem Höhepunkt dieser Hetzjagd erzählte mir ein ehemaliger Frisco-Angel: »Wenn ich morgen bei meinem Job rausfliegen und wieder anfangen würde, bei den Angels mitzufahren, wäre ich binnen eines Monats meinen Führerschein los, hätte in U-Haft gesessen, hätte mich für die Kaution bis über beide Ohren verschuldet und würde von den Bullen gejagt, bis ich aus der Gegend wegziehe.« Damals verbuchte ich das unter hoffnungslos paranoid. Doch dann kaufte ich mir selbst ein schweres Motorrad und fuhr damit durch San
Francisco und die östliche Bay Area. Es war eine schnittige, nicht getunte BSA, die in ästhetischer Hinsicht keinerlei Ähnlichkeit mit einer Outlaw-Harley hatte, und als Bikerkluft diente mir meist eine beige Schafhirtenjacke, das Letzte, was ein Hell’s Angel anziehen würde. Doch in den ersten drei Wochen nach dem Kauf des Motorrads wurde ich dreimal festgenommen und sammelte genug Punkte, um meinen kalifornischen Führerschein zu verlieren – den ich dann mehr oder weniger auf Abruf behalten durfte, aufgrund meines fanatischen Beharrens darauf, dass ich große Geldsummen als Kaution gestellt hatte, sowie nicht enden wollenden Auseinandersetzungen mit Richtern, Vollstreckungsbeamten, Polizisten und Rechtsanwälten, die mir immer wieder versicherten, der Fall sei aussichtslos. Bevor ich das Motorrad kaufte, war ich zwölf Jahre lang Auto gefahren, in fast allen Bundesstaaten der USA, und hatte dabei nur zweimal einen Strafzettel verpasst bekommen, beides Mal dank einer Radarfalle – einmal in Pikeville, Kentucky und das andere Mal irgendwo in der Nähe von Omaha, Nebraska. Daher war es schon ein ziemlicher Schock für mich, als ich auf einmal innerhalb nur dreier Wochen so viele Vergehen gesammelt hatte, dass der Verlust meines Führerscheins drohte.
Die Hetzjagd nahm solche Formen an, dass sogar anständige Motorradfahrer über unmäßige Schikanierungen durch die Polizei klagten. Offiziell wurde das von der Polizei zwar dementiert, aber kurz vor Weihnachten in jenem Jahr sagte in San Francisco ein Polizist zu einem Reporter: »Wir bringen diese Kerle zur Strecke. Das ist ein Krieg.«
»Wen meinen Sie?«, fragte der Reporter.
»Sie wissen, wen ich meine«, sagte der Polizist. »Die Hell’s Angels, diese Motorrad-Rowdys.«
»Sie meinen damit jeden, der Motorrad fährt?«, fragte der Reporter.
»Die Unschuldigen werden mit den Schuldigen darunter zu leiden haben«, erwiderte der Polizist.
»Als ich den Artikel fertig hatte«, erinnert sich der Reporter, »habe ich ihn einem Polizisten gezeigt, der mir vor dem Gerichtsgebäude über den Weg lief. Er hat gelacht und einen zweiten Polizisten herbeigerufen. ›Schau dir das an‹, hat er gesagt, ›da hat wieder einer nicht das Maul halten können.‹«
Der einzige nennenswerte Mediencoup in diesem Hetzjagd-Winter 1964/65 war eine nicht ganz ernst gemeinte Artikelserie im San Francisco Chronicle , die auf einigen Angel-Partys im neuen Clubhaus des Frisco-Chapters beruhte – das sehr bald nach Erscheinen der Serie und nachdem dort eine Razzia stattgefunden hatte, wieder geschlossen wurde. Den Oakland-Angels kam derweil der stete Flüchtlingsstrom zugute. Aus Berdoo, Hayward und Sacramento zogen die Angels in die wenigen noch verbliebenen Freistätten. Im Dezember war Bargers Chapter dann derart angewachsen und lechzte so nach Feinden, dass sie anfingen, über die Brücke zu fahren und über die Frisco-Angels herzufallen. Barger war der Auffassung, dass Frisco, indem es zugelassen hatte, dass die Mitgliederzahl auf elf schrumpfte, der Tradition der Hell’s Angels eine solche Schande bereitet hatte, dass es nicht mehr verdiente, die Colours zu tragen. Folglich entzog er dem Frisco-Chapter die Lizenz und schickte
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