Hell's Angels (German Edition)
Polizisten reagieren mit einer Art bitterem Amüsement auf den Publicity-Boom um die Hell’s Angels. Die AMA-Leute hingegen sind offen empört darüber; so würde eine Gruppe von Eulen reagieren, wenn sie erfahren würde, dass dem obersten Kriegsherrn der Krähen der Friedensnobelpreis verliehen wird.
In Sacramento besuchten im Herbst 1965 eine Hand voll Hell’s Angels ein Rennen der Landesmeister und gerieten anschließend auf dem Parkplatz in ein kurzes Handgemenge mit zwei Männern, die sich ihnen gegenüber irgendwie beleidigend geäußert hatten. Niemand wurde verletzt, und die Angels, die zu fünft waren, brachen in einem Auto in Richtung San Francisco auf. Sie waren noch nicht weit gekommen, da wurden sie von zwei Wagen voller so genannter anständiger Biker und Mechaniker von der Straße abgedrängt – welche die Outlaws dann aus ihrem Auto zerrten und, wie einer später sagte: »Wir haben Hackfleisch aus diesen Schweinen gemacht. Die sind nicht mehr hochgekommen. Die haben geweint.«
Bei der verhängnisvollen Fahrt nach Angels Camp 1957 waren die Angels zahlenmäßig etwa im Verhältnis eins zu zehn unterlegen, aber die Gegenseite hätte nicht
genug Schläger aufbieten können, um ihnen entschieden entgegenzutreten. Die Angels kamen früh und kauften den gesamten Biervorrat vierer Kneipen auf, den sie dann auf einer Weide etliche Meilen von der Rennstrecke entfernt austranken. Bei Einbruch der Dunkelheit waren die meisten Outlaws sternhagelvoll, und als jemand vorschlug, sich mal das AMA-Camp anzusehen, reagierten die anderen automatisch. Ihr Gebrüll verängstigte die Stadtbevölkerung und ließ den Sheriff zu seinem Wagen laufen. Die Outlaw-Rotte verstopfte beide Fahrspuren der schmalen Straße – sie ließen ihre Motoren aufheulen und leuchteten mit ihren Scheinwerfern in die Bäume und in Schlafzimmerfenster, während sie hin und her kurvten. Sie wollten nur zu einer Party, sagten sie später, aber diese Party sollte dann nie stattfinden. Die vorausfahrenden Motorräder rasten mit über hundertvierzig Stundenkilometern über eine Hügelkuppe und blindlings hinein in eine Gruppe von Motorradfahrern am Straßenrand. Zwei Outlaws starben bei der blutigen Massenkarambolage, die sofort eine große Menschenmenge anlockte. Es waren nicht genug Polizisten zur Stelle, um die Lage unter Kontrolle zu behalten, und es kam zu Schlägereien, als die Fahrer einander zwischen den Motorradwracks anrempelten und anschrien. Blaulichter und Sirenen steigerten das Durcheinander, das noch schlimmer wurde, als sich die Schlägerei ausweitete. So ging es die ganze Nacht weiter und auch noch fast den ganzen nächsten Tag – kein großer Aufruhr, sondern eine Serie von Zusammenstö-ßen, welche die örtliche Polizei immer wieder vom einen Fleck zum anderen rasen ließ.
Auf der Verlustliste standen am Ende zwei Tote, ein Dutzend Schwerverletzte und der endgültige Abschied von der Vorstellung, ländliche Gemeinden blieben dank
ihrer Lage von »Großstadt-Problemen« verschont. Angels Camp war entscheidend für die Entwicklung des Konzepts der gegenseitigen Hilfeleistung: eine Polizeiversion des Bewegungskriegs, die beinhaltet, dass jede Stadt und jedes Dorf in Kalifornien, ganz egal, wie abgelegen es ist, im Notfall die Unterstützung benachbarter Polizeidienststellen anfordern kann. Es gibt keine offizielle Auflistung solcher Notfälle, aber wenn es eine gäbe, stünde das Gerücht einer Heimsuchung durch die Hell’s Angels an oberster Stelle.
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Dass Leute arm sind oder diskriminiert werden, verleiht ihnen nicht zwangsläufig einen besonderen Gerechtigkeitssinn, noble Gesinnung, Nächstenliebe oder Mitgefühl. – Saul Alinsky
Um auf jeden Fall zu verhindern, dass die Angels im Laufe der Nacht betrunken aus dem Camp brausten, gaben Baxter und die Highway Patrol bekannt, dass ab zehn Uhr abends Ausgangssperre galt. Wer zu diesem Zeitpunkt im Camp war, musste dort bleiben, und niemand kam dann mehr hinein. Das wurde erst nach Einbruch der Dunkelheit offiziell bekannt gegeben. Die Hilfssheriffs bemühten sich immer noch, freundlich zu sein, und versicherten den Angels, die Ausgangssperre diene ebenso ihrem Schutz wie dem aller anderen. Sie redeten immer wieder über »Gruppen von Einheimischen, die mit Jagdgewehren bewaffnet durch den Wald hierher kommen«. Um dem zuvorzukommen, richtete die Polizei an der Stelle, an welcher der Feldweg nach Willow Cove vom Highway abzweigte, einen Kommandoposten ein.
Währenddessen
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