Hell's Kitchen
langer Zeit war sie mal ziemlich hübsch. Damals war ich noch ein kleiner Junge. Sie war Näherin und hatte verschiedene Jobs in der Stadt, wenn jemand Kostüme und solche Dinge brauchte... Sie hat einige von Father Loves Capes und so weiter gemacht.«
»Tja, nochmals vielen Dank, Roy.«
Ich kehrte nach Downtown zurück, zum Revier, wo mein Häftling in der Zelle saß. Und ich beschloß, mit ihm ein gewaltiges Risiko einzugehen.
28
Ich bat Mona, um sechs Uhr auf einen Drink zu mir zu kommen, und danach würden wir irgendwo nett essen gehen - in ein Lokal, das eine Markise über dem Eingang hatte. Das mit den Drinks meinte ich ehrlich, doch ich bezweifelte, daß sie auch noch Appetit auf das Essen haben würde. Nicht nach dem, was ich für sie auf Lager hatte.
Als sie kam, setzte sie sich auf den grünen Sessel. Ich wartete, bis sie es sich bequem gemacht und ein Glas in der Hand hatte. Ich starrte auf ihren hübschen Hals und fühlte mich so mies wie immer, wenn ich schlechte Neuigkeiten überbringen muß.
Das Radio lief. Johnny Hartman sang eine sanfte Nummer. Mona gefiel es, sie meinte aber, das Stück passe nicht besonders zu meinem Gesichtsausdruck.
»Mich bedrückt, was ich dir sagen muß«, sagte ich.
»Dann sag’s schnell, damit’s dir wieder bessergeht.«
»Es ist nicht so einfach, weder für mich noch für dich.«
»Inzwischen müßtest du es doch eigentlich wissen, Hock - nichts ist einfach, und kein Mensch hat ein Mitspracherecht, wenn’s um die Härten des Lebens geht.«
»Ja, ich schätze, das wird wohl stimmen«, räumte ich ein. »Manchmal bleibt uns keine andere Wahl, als eine angenehme Fassade aufzubauen und dann zu hoffen und zu beten, daß irgendwie alles klappt.«
Und vielleicht wußte Mona, was als nächstes kam, vielleicht kannte sie die Unvermeidlichkeit, daß eines Tages ein Cop eine solche Unterhaltung mit ihr führen würde. Sie lachte traurig und sagte: »Darauf trinke ich.«
»Das dachte ich mir, Mona. Ich habe eine Überraschung für dich.«
Sie sah nicht aus, als gäbe es irgend etwas, das ich tun oder sagen konnte, um sie zu überraschen. Und dieser Ausdruck in Monas Augen verriet mir, daß ich jetzt alle Zusammenhänge zu achtundneunzig Prozent erkannt hatte.
Ich ging zur Schlafzimmertür und öffnete sie und gab meinem Häftling ein Zeichen herauszukommen.
Und der große taubstumme Junge mit Monas blauen Augen und der hellbraunen Haut seines Vaters stand dort. Zu Mona sagte ich: »Es ist dein Sohn, stimmt’s?«
Der Junge ging zu seiner Mutter und berührte ihr Gesicht. Die beiden unterhielten sich kurz in Zeichensprache. Und dann sah Mona mich ausdruckslos an und fragte: »Wirst du mir jetzt ein paar Fragen stellen, Detective Hockaday?«
»Ich werde zumindest einige deiner Posen in Frage stellen.«
Mona schloß einen Moment die Augen. Dann trank sie aus, was noch in ihrem Glas war, und sagte: »Er heißt Jim... Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich dich frage, wie du uns auf die Schliche gekommen bist?«
»Stückchen für Stückchen«, sagte ich. »Dafür werde ich bezahlt.«
»Und jetzt willst du die ganze Geschichte hören... von Jim und mir - und...« Sie lachte wieder. »Und Father Love?«
»Ja, das würde ich wirklich gern.«
»Es fing alles ganz wunderbar an...«
»Er hat dir eine Karte in die Garderobe geschickt?« fragte ich.
»Ja, und dann folgten Blumen und Abendessen und der ganze Rest... Und dann kommt Jim. Ganz schön langweilig, was?«
»Solange es nicht weh tut«, sagte ich. »Kann Jim übrigens hören?«
»Nein. Selbst wenn er könnte, würde es keine große Rolle spielen. Er lebt in seiner eigenen Welt... also, nicht ganz, weißt du? Aber auf seine Art ist er liebenswürdig, in seinem ganz eigenen Rahmen...
Weißt du, Hock, die Sache ist - sein Vater wollte den Jungen nie anerkennen. Ich selbst konnte mich nicht um ihn kümmern. Also habe ich mich nach einem Anwalt für die Vaterschaftsklage umgesehen, und keiner der Angehörigen der Anwaltschaft war daran interessiert, mich gegen einen sehr reichen und mächtigen Mann zu vertreten...
Ich hatte eine Menge Schwierigkeiten mit dem Jungen, und ich habe mich ihm gegenüber nie fair verhalten. Ich habe ihn zur Schule geschickt, als ich es mir leisten konnte, ich habe dafür gesorgt, daß er die Zeichensprache lernte... genau wie ich es selbst auch gelernt habe. Aber das war nicht genug. Jim war...
Oh, mein Gott, Hock, so ein Kind zeichnet dich fürs Leben, und jedesmal, wenn ich denke,
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