Hell's Kitchen
miteinander ausgekommen, okay, das sagte ich ja bereits. Ich habe Ihnen alles darüber erzählt. Das heißt aber noch lange nicht, daß es mir völlig gleichgültig ist, daß mein alter Herr niedergeschossen wurde, alles klar? Tatsächlich bin ich jetzt, in diesem Augenblick, gerade bei ihm im Krankenhaus. Ich rufe aus dem Krankenhaus an, okay?«
»Wie sieht’s aus?«
»Er ist... nun, er liegt immer noch im Koma. Da gibt’s nicht viel zu sagen. Die wesentlichen Körperfunktionen sind in Ordnung. Sie werden mit Sicherheit erst etwas sagen können, wenn er wieder zu Bewußtsein kommt - oder eben auch nicht.«
Ich dachte einen Moment darüber nach und schüttelte dann den Kopf. »Sam«, fragte ich, »wo zum Teufel haben Sie eigentlich immer gesteckt, wenn ich Sie angerufen habe?«
»Was wollen Sie damit andeuten, Hockaday? Ich denke, die eigentliche Frage sollte hier doch wohl lauten: Wo zum Teufel waren Sie und die Cops, als mein Vater niedergeschossen wurde?«
»Genaugenommen hatte ich da die Hände voll. Voll mit dem Blut Ihres Vaters, um genau zu sein. Ich konnte verhindern, daß es zu schnell aus ihm heraussprudelte, was wiederum der Grund ist, daß er überhaupt noch lebt.«
Waterman war geschockt. Wie ich gehofft hatte.
»Hören Sie, ich habe ein kleines Sommerhaus«, sagte er endlich als Antwort auf meine Frage, »draußen auf Gardiners Island. Genau dort war ich das ganze Wochenende über.«
»Es ist aber nicht mehr Sommer, Junior.«
»Ich fahre jedes Jahr im Spätherbst noch einmal dort hinaus. Sie wissen schon, um alles winterfest zu machen. Ich räume die Möbel weg, dichte die Fenster und Türen ab, stelle den Strom ab, drehe das Wasser ab... Sie wissen schon.«
»Nein, ich weiß nicht. Wenn ich Strand will, Counselor, nehme ich die Linie D raus nach Coney Island.«
»Wie dem auch sei, Hockaday, ich war das ganze Wochenende über nicht in der Stadt.«
»Waren richtig vom Rest der Welt abgeschnitten, nehme ich an.«
»Ich nehm’s auch an, ja.«
»Ich muß das jetzt fragen, Junior... Können Sie es auch beweisen?«
Jetzt schwang eine ganze Menge Verärgerung in Watermans Stimme mit. Und auch Geräusche, die gefährlich klangen, ungefähr wie: Hätte ich meine Finger in der Nähe seines Mundes, könnte er sie vielleicht abbeißen.
»Wenn es unbedingt sein muß, Detective Hockaday, könnte ich es beweisen, ja.«
»Also... was ist es, war jemand mit Ihnen dort draußen?«
»Ich habe Nachbarn.«
»Ich verstehe. Sie sagen, Sie hätten den Strom abgestellt?«
»Habe ihn abstellen lassen. Wenn ich mich recht entsinne, war der genaue Zeitpunkt etwa zehn Uhr am Sonntagmorgen.«
»Erlauben Sie mir eine Frage nach Ihrem Anrufbeantworter, den ich immer wieder an die Strippe bekommen habe.«
»Was ist damit?«
»Ist es eines dieser Modelle, bei denen man die Maschine anrufen und sich die eingegangenen Nachrichten Vorspielen lassen kann?«
»Zufälligerweise ist es genau so ein Gerät, ja.«
»Und wie kommt’s dann, daß Sie Ihren Apparat nicht ein einziges Mal angerufen haben?«
»Ich habe das Telefon draußen auf dem Land abschalten lassen. Und zwar ab Samstag morgen.«
Er sagte das sehr schnell, was mir gar nicht gefiel. Das meiste an diesem Burschen, beschloß ich in diesem Augenblick, war alles andere als das, was ich normalerweise an Menschen mag.
Ein oder zwei Sekunden sagte ich nichts, und über die Leitung kam nur leises statisches Rauschen. Waterman wurde nervös genug, um - sogar noch schneller - hinzuzufügen: »Ich bin heute morgen in die Stadt zurückgefahren, und dann habe ich mir sämtliche Nachrichten angehört... und dabei Ihre über die ganze Stadt verstreuten Nummern erfahren, einschließlich der Nummer Ihrer Freundin.«
»Tja, ich schätze, damit haben Sie dann wohl alle Möglichkeiten abgedeckt, Junior.«
»Ich versuche nicht, >alle Möglichkeiten abzudecken<, und mir gefällt auch die Implikation nicht... und, bitte, nennen Sie mich nicht mehr >Junior<.«
»Sorry.« Er erwartete, daß ich mehr sagte, was ich aber nicht tat.
Und jetzt hörte sich Waterman an, als versuche er, wieder etwas Boden zu gewinnen, und zwar auf eine Weise, die ganz und gar nicht wie das klang, was er wahrscheinlich früher in Vorlesungen auf der Harvard Law über die Methoden der Entwaffnung seiner Gesprächsgegner gelernt hatte.
»Hören wir jetzt einfach mit der Scheiße auf, Hockaday.«
»Okay, tun wir das.«
»Was ich von Ihnen wissen will, ist - was zum Teufel ist überhaupt
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