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Hell's Kitchen

Hell's Kitchen

Titel: Hell's Kitchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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»Gehen Sie zur Arbeit und rufen Sie mich an, sobald Sie dort sind. Fragen Sie nach Hock.« Und sie hatte gesagt, »Okay, ja«, und ich wußte, daß sie nie anrufen würde, was sie auch nicht tat. Und ich würde meinen Bericht schreiben, und der Zieher würde vielleicht ein paar Tage auf Riker’s Island schmoren. Letzten Endes würde er in Ermangelung eines Tatzeugen außer dem festnehmenden Beamten nicht wegen Diebstahls verurteilt. Und so läuft’s eben im System der Strafgerichtsbarkeit in New York City.
    Nachdenkliche Männer mit gewichtigen Gedanken erledigen ihr Denken auf viele aktive Arten - indem sie lange Spaziergänge auf dem Land machen oder vielleicht an Wochenenden mit attraktiven Frauen im Long Island Sound segeln gehen oder in der Mittagspause auf Squash Courts winzige Bälle mit kleinen Schlägern durch die Gegend schmettern oder noch winzigeren Bällen mit grazilen Schlägern aus Holz und Stahl über Fairways aus grünem Gras, durch Wälder und über Berge und Sümpfe nachjagen. Aber ich, Neil Hockaday, habe eine Schwäche für geistesabwesende Festnahmen von winzig kleinen Männern, wenn ich tief in detektivischen Gedanken versunken bin.
    Und als ich jetzt langsam vor mich hin tippte - und mir dabei häufige » Sch einiß e! «--Flüche von diesem armen Schlucker von einem Hütchenspielzieher anhörte, den ich mit Handschellen an einen im Boden fest verankerten Stuhl gefesselt hatte -, begannen tatsächlich ein paar der hauchdünnen Fäden des Netzes vor meinen Augen zu erscheinen. Es war das Netz, das auch Father Love hielt, das Howie Griffiths, den schwitzenden Mieteintreiber, und einen von der Zeit überrollten Westy-Ganoven namens Buddy-O getötet hatte. Nicht mehr als ein flüchtiges Schimmern vor meinem geistigen Auge, doch trotzdem war da so was wie eine Vision. Und ich sah auch den dichten Nebel, der in Schwaden durch dieses feine Netz zog, und die Dunstschleier, die entwichen - um dann hoch und fein davonzuschweben über alles andere.
    Und genau in diesem Augenblick wußte ich es.
    Dunstschleier waren es, denen ich nachjagte.

    Als ich fertig war, wertlose Anklagepunkte gegen den Zieher zusammenzutippen, überließ ich ihn meinen Kollegen von der Verwaltung zum Weitertransport ins Gefängnis. Dann verließ ich das Revier und ging zu einem Zeitungskiosk vor Pitsikoulis’ Café. Ich kaufte die >Times < und die >Daily News< und auch >Newsday <, von denen keine näher ausführte, was ich bereits in der >Post< gelesen hatte. Allerdings brachte >Newsday< ein unscharfes Farbfoto von der Kirche oben in Harlem mit den überkreuzten amerikanischen und afrikanisch-nationalistischen Fahnen über dem Hauptportal, vor dem Roy Dumaine herumstand - in schwarzem Anzug und seine muskulösen Arme vor der Brust verschränkt. Er wirkte ganz und gar nicht wie ein Mann, dessen Mentor in einem Krankenhaus im Koma lag, sondern vielmehr wie der selbstzufriedene neue Besitzer einer steuerfreien Harlemer Immobilie.
    Keiner der Zeitungsreporter hatte sich offensichtlich die Mühe gemacht zu fragen, warum Father Love nur eine Stunde, nachdem er mit seiner Predigt fertig war, und außerdem in entschieden unpriesterlicher Kleidung, mit jemandem wie mir im Schlepptau in der Gasse neben der Kirche herumgeschlichen war. Und daher wurde auch nirgendwo das gestohlene Klavier erwähnt.
    Ich überquerte die Straße zu meinem Haus und stieg nach oben.
    Als ich in meine Wohnung kam, warf ich die Zeitungen zur späteren Lektüre auf die Couch. Dann drückte ich vorsichtig die Tür zu meinem Bad auf und knipste das Licht an. Diesmal keine Leiche in der Wanne. Ich fragte mich, wie viele Jahre es wohl dauern würde, bevor ich wieder etwas so Einfaches wie das Öffnen meiner Badezimmertür bewerkstelligen konnte, ohne mir dabei etwas zu denken.
    Ich hatte Zeit genug, mir einen Kaffee aufzusetzen, bevor das Telefon klingelte. Es war nicht besonders schwer zu erraten, wer da wohl endlich zurückrief.
    »Hallo«, sagte ich.
    »Schön, dann sind Sie ja mal endlich irgendwo, wo ich Sie erreichen kann.«
    »Komisch, daß ausgerechnet Sie das sagen.«
    »Wieso?«
    »Ach, ich weiß nicht - einfach nur so. Ich schätze, wenn’s mein Vater wäre, auf den geschossen wurde, dann würde ich vielleicht an etwas Bedeutungsvolleres als nur daran denken, wie ich jemanden telefonisch erreichen kann.«
    »Hören Sie, ich weiß alles über die Schießerei, und...«
    »Schwer, die Nachrichten nicht mitzukriegen.«
    »Und wir sind nicht so besonders

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