Hell's Kitchen
Theke als nette Interpunktion zu den verschiedenen von Angelo Cifelli vorgebrachten Ansichten und Meinungen - einem Italiener durch und durch, der nichtsdestoweniger dick auftragen konnte, was Iren in einen Pub zieht wie Torf zu Mooren. Sie machten sich einen Spaß daraus, indem sie entweder für oder gegen das Stellung bezogen, was auch immer er zu sagen hatte, solange man sich dabei nur empören konnte.
Angelo schlug auf ein Zeitungsfoto von George Bush ein und sagte zu jemandem namens Flaherty am anderen Ende der Theke: »Du meinst, dieser Bursche hier wäre unheimlich? Warte nur, bis du die Delegierten auf seinem Nominierungskonvent siehst - pensionierte Nazis, Irre, die an Hämorrhoiden leiden, perverse Fernsehevangelisten, Gauner, die Pyramiden verkaufen wollen, junge Börsenmakler. Flaherty, ich sage dir die Wahrheit... wir sind verdammt!«
Angelo kam rüber, um mir einen Red und ein Molson zu bringen. Ich sagte, ich hätte gern Fisch und Chips dazu, und er gab die Bestellung an einen Kellner weiter. Und dann sagte er zu mir, laut genug für alle anwesenden Ohren und als Einladung, mich an dem brüderlichen Dialog zu beteiligen: »Ethel Merman, die kennt sich aus, was die Politik betrifft... there's no business like show business. Und, Baby, ist jetzt vielleicht Showtime, oder was?«
Ich hob mein Glas und meinte: »Auf die Politik in den U. S. of A. - auf die hohe Kunst, Stimmen von den Armen und Geld von den Reichen zu kriegen, indem man verspricht, die einen vor den anderen zu schützen.«
Daraufhin krachte jede Faust in der Bar auf die Theke, und ich genoß die Aussicht auf mehrere Runden. Und schweigend beglückwünschte ich mich dafür, die Essays von Oscar Ameringer gelesen zu haben.
Irgendwer wollte die ersten Abendnachrichten im Fernsehen sehen, wo wir ja gerade vom Showbusiness sprachen. Also schaltete Angelo den Fernseher hinter der Theke ein, der meistens benutzt wurde, um Catchen und Boxen und Baseball zu verfolgen. Statt den Fernseher lauter zu drehen, ließ Angelo den Jazz laufen. Das Bild schaltete zwischen einer Reporterin mit vollem Haar und blendenden Zähnen und einem Rudel lächelnder Männer mit gleichermaßen blendenden Zähnen hin und her, die die Reporterin ernsthaft als Kandidaten für das Amt des Präsidenten anzusehen schien. Und niemand in der Ebb Tide Bar auf der Ninth Avenue in New York City fand an diesem Tag irgend etwas besonders Ungewöhnliches daran, all diese sich bewegenden Lippen auf einem stummen Fernsehschirm zu verfolgen.
Jemand namens Mogaill sagte: »Ich kann diese Lippen jetzt schon seit Jahren lesen. Seht ihr den Typen da, der sagt gerade, er wäre für bessere Jobs und bessere Bezahlung; der andere Bursche sagt, er wäre für gute Jobs bei besserer Bezahlung oder vielleicht ist er dieses Jahr auch für bessere Jobs bei guter Bezahlung... das kann ich allerdings nicht sagen. Und früher oder später wird einer von den Kerlen sagen: >Ich bin einfach nur für Jobs, Jobs, Jobs!< «
Woraufhin Angelo zufügte: »Nicht einer von denen ist intelligent genug, mal einen Moment aufzuhören und zu fragen, was ein >guter Job< denn eigentlich ist , oder wieso jeder unbedingt einen haben will.«
Und Mogaill brummte seine freudlose Vision von einer immer unfreundlicheren und weniger liebenswürdigen Nation. »Oh, heute reißen sie sich das Maul auf über >gute Jobs bei guter Bezahlung« - in ein paar Jahren vielleicht, bei all den Körpern, über die wir dann immer noch überall auf den Straßen einen Schritt machen müssen, werden sie anfangen, nach inständigem Essen für anständige Menschen < zu schreien, und sie werden Fragen stellen, von denen sie behaupten werden, sie wären doch nur logisch, Fragen wie: Wieso einem Toten zu essen geben, auch wenn er noch laufen kann?«
Ich sagte ganz ruhig: »Genau darum geht’s doch heute auch schon.«
Äste knackten, Steine und Geröll und abgebrochene Fragmente von vertrocknendem Gebüsch plitschten und platschten in das stehende Wasser auf den Gleisen... und der Geruch von Müll und Papierfeuern, die durchdringenden Fahnen von Marihuanarauch, der Gestank der Kloake; dösende, benommene Gestalten, dicht aneinandergeschmiegt wie Würfe junger Hunde... Gesichter und der kollektive Blick ausgebrannter Augen, der von allen Seiten in mich hineinbrannte, die stumme Verachtung von Menschen, die schon bei ihrer Geburt betrogen wurden... »Wieso einem Toten zu essen geben, auch wenn er noch laufen kann... Anständiges Essen für
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