Helmut Schmidt - Der letzte Raucher seinen Bewunderern erklärt
nicht zu eigen machen, er sei aber, sagte er dem „Zeit“-Magazin, „durchaus dafür, dass in der gegenwärtigen Situation, in der sich alle großen Staaten der Welt in hohem Maße verschulden müssen, um Banken und Versicherungen zu retten, die Spitzensteuersätze nach oben gezogen werden“.
Mit dem Bekunden ihrer Spendabilität offenbaren sich Loki und Helmut Schmidt als freigebige und uneigennützige Persönlichkeiten. Gleichzeitig wirbt Helmut Schmidt dafür, dass auch andere wohlhabende Bürgerinnen und Bürger gemeinnützige Projekte unterstützen. Als Vorbilder nennt er den Versandhaus-Unternehmer Werner Otto und den Maschinenbauer Kurt Körber.
Kurz vor Helmut Schmidts Spenden-Bekenntnis war die Nachricht um die Welt gegangen, dass 40 amerikanische Superreiche Milliarden von Dollar für gemeinnützige Zwecke geben. Die Initiative ging von dem Softwareunternehmer Bill Gates, dem Investor Warren Buffett und dem Banker David Rockefeller aus, die erklärten, die Hälfte ihres Vermögens spenden zu wollen mit der Begründung, sie würden damit der Gesellschaft einen Teil des Geldes zurückgeben, das sie mithilfe des Staates und vieler einzelner Menschen erwirtschaftet hätten. Sie konnten 37 weitere Stifter gewinnen (ja eigentlich anstiften), es ihnen gleichzutun.
Helmut Schmidt kommentierte die News im Gespräch mit Giovanni di Lorenzo nicht sonderlich begeistert, er finde, so sagt er lapidar, die Aktion von Bill Gates und den anderen „in Ordnung“. Es stecke nicht nur Altruismus dahinter, wie er seinenGesprächspartner sogleich belehrt: In den USA kann – ähnlich wie in Deutschland – jeder, der eine gemeinnützige Stiftung errichtet, entweder den ganzen Stiftungsbetrag oder zumindest einen Teil von seiner Einkommenssteuerschuld absetzen. „Wenn jemand stiftet, dann hat er sich dafür entschieden, lieber zu stiften, als Steuern zu zahlen.“
Kritiker mögen unken, dass Loki und Helmut Schmidt solche Spenden zu einer Zeit geleistet haben, als sie wussten: Wir können das verdiente Geld selbst nicht mehr ausgeben. Und doch unterscheidet sich Helmut Schmidt auch in diesem Punkt von seinem Nachfolger im Kanzleramt: Er spendet und redet darüber, um andere zum Spenden zu ermutigen. Und er macht sich als Altbundeskanzler nicht zum „Werbeträger“ (mit einer Ausnahme, von der noch die Rede ist).
Helmut Kohl hat nach seiner Kanzlerzeit für die Deutsche Vermögensberatung geworben. Helmut Kohls langjähriger Gesundheitsminister, Norbert Blüm, hielt es für vereinbar mit seiner Prominenz (oder dieser Prominenz gerade dienlich?), dass er für die Pharmafirma Hexal warb. Das hatte ein „Gschmäckle“, wie der Schwabe zu sagen pflegt, und sorgte für Kritik. Als die Firma erkennen musste, dass sich der Werbeeffekt mit Norbert Blüm ins Gegenteil verkehrte, zog sie die Annoncen zurück.
Was sollen Führungspolitiker tun, wenn sie nicht erst in hohem Alter aus dem Amt scheiden? Der Begriff „Altbundeskanzlerin“ oder „Altbundeskanzler“ erscheint, da Spitzenpolitikerinnen und -politiker in verhältnismäßig jungen Jahren in das Amt kommen und aus dem Amt scheiden, nicht mehr zeitgemäß. Gerhard Schröder, der Nachfolger von Helmut Kohl, trat seinen ersten Job nach der Kanzlerschaft bei einem Unternehmen des russischen Großkonzerns Gazprom an. Ex-Außenminister Joschka Fischer machte im Jahr 2010 Werbung für die Supermarktkette Rewe. Für sie gilt dasselbe Recht wie für alle, arbeiten und Geld verdienen zu dürfen. Aber stehen Persönlichkeiten, die einmal hohe politische Ämter ausgeübt haben, nicht in einer besonderen Verantwortung auch über ihre politisch aktive Zeit hinaus? Repräsentierten sie doch den Staat und seine Regierungsform, dieDemokratie! Sind mit ihrem Lebenswerk nicht politische und gesellschaftliche Diskurse eines ganzen Landes verknüpft? Bleibt ihnen die res publica, bleiben ihnen die Staatsangelegenheiten nicht anvertraut, auch wenn sie in der Politik keine aktive Rolle mehr haben?
Helmut Schmidt würde diese Frage bejahen. Helmut Kohl hat sie, als er in der Affäre um Parteispenden sein persönliches Ehrenwort über geltendes Recht stellte, de facto verneint. Auch Gerhard Schröder praktiziert mit seiner „Berufswahl“ nach der Kanzlerzeit ein anderes, nicht mehr von einem politischen Ethos getragenes Verständnis. Wie wird es Angela Merkel halten?
Helmut Schmidts kontinuierliche Kritik am Medium Fernsehen, der nach ihm benannte Journalistenpreis, die
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