Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
Hilfssheriffs einen beträchtlichen Teil der Spahn Ranch umgegraben hatten. Als der Bezirkssheriff aber laut den Angaben von Mary Brunner die Gegend in der Nachbarschaft von 20910 Gresham Street, Canoga Park, absuchen ließ, fand er unweit des früheren Family-Wohnsitzes Sheas Mercury, Baujahr 1962. Dreckverkrustet, wie er war, schien er schon seit Monaten dort zu stehen. Im Wageninneren befand sich eine Kiste mit Sheas persönlichem Besitz, auf der der Erkennungsdienst eine Reihe von Fingerabdrücken sicherstellte, die eine Übereinstimmung mit dem Family-Mitglied Bruce Davis ergaben. Auch Sheas Cowboystiefel lagen im Fahrzeug. Daran fand sich eingetrocknetes Blut.
Independence, Kalifornien, 9. Dezember, 16 Uhr: Charles Manson alias Jesus Christus, 35 Jahre alt, ohne festen Wohnsitz, Beruf Musiker, wurde wegen der Tate-LaBianca-Morde angeklagt. Sartuchi und Gutierrez brachten ihn nach Los Angeles.
Wir beraumten Mansons Anklage für ein anderes Datum an als bei den übrigen Angeklagten, da wir fürchteten, dass sich Atkins bei einer persönlichen Begegnung mit Manson im Gerichtssaal von ihm überreden lassen könnte, ihre Zeugenaussage zu widerrufen.
Ein Reporter machte Susan Atkins ’ Vater in San Jose ausfindig. Er hielt die Behauptung, dass Susan unter dem »hypnotischen Bann« von Manson stehe, für Unsinn. »Ich glaube, sie versucht einfach nur, sich herauszureden. Sie ist krank und sie braucht Hilfe.« Laut dem Reporter machte Mr. Atkins Susans Drogenkonsum und die Nachsicht der Gerichte für ihre Beteiligung an den Morden verantwortlich. Er habe drei Jahre lang die Gerichte beschworen, seine rebellische Tochter hinter Schloss und Riegel zu bringen. Und hätten sie dies getan, so die Schlussfolgerung, wäre das alles vielleicht nicht passiert.
Mir wurde nun klar, dass für Susan die Family offenbar die einzige Familie war, die sie hatte, und ich begriff auch, wieso Caballero glaubte, dass es nur eine Frage der Zeit wäre, bis sie wieder in deren Schoß zurückkehren würde.
Am 10. Dezember wurden Susan Atkins, Linda Kasabian und Leslie Van Houten Richter William Keene vorgeführt. Allen dreien wurde der beantragte Aufschub für ihr Schuld- oder Unschuldbekenntnis gewährt.
Bei dieser Gelegenheit sah ich Kasabian zum ersten Mal. Sie war klein, nur etwa 1,55 Meter groß, hatte dunkelblondes Haar, grüne Augen und war ganz offensichtlich schwanger. Sie sah älter aus als 20. Im Gegensatz zu Susan und Leslie, die während des Verfahrens meistens lächelten und kicherten, schien Linda nahe daran, in Tränen auszubrechen.
Nach der Anhörung vor dem Großen Geschworenengericht hatte Richter Keene Aaron und mich ins Richterzimmer gebeten. Er erklärte uns, dass er, da die Staatsanwaltschaft den Fall nicht mit der Presse bespreche, derzeit keine Veranlassung dafür sehe, das Verfahren unter »Ausschluss der Öffentlichkeit« durchzuführen – im Juristenjargon: die »Knebelverfügung« zu erlassen. Doch aufgrund der unglaublichen Publicity im Vorfeld des Prozesses – ein Reporter der New York Times erzählte mir, dass die Berichterstattung bei Weitem schon die zum Sam-Sheppard-Prozess 43 in den Schatten stellte – sah sich Richter Keene, ohne unsere Dienststelle zu konsultieren, nunmehr zu einer detaillierten Ausschlussverfügung genötigt, die zwölf Seiten umfasste und mehrfach ergänzt werden musste. Im Wesentlichen untersagte sie jedem, der mit dem Fall zu tun hatte – den Staatsanwälten, den Verteidigern, den Polizeibeamten, Zeugen und so weiter –, die Beweislage mit irgendeinem Vertreter der Medien zu diskutieren.
Diese Verfügung konnte allerdings, wie sich bald zeigen sollte, nicht mehr verhindern, dass ein Insiderbericht über die Morde rund um den Globus Schlagzeilen machte. Einen Abend bevor die Verfügung in Kraft trat, hatte nämlich Richard Caballero entsprechend einer Übereinkunft mit Susan Atkins bereits den Verkauf der Publikationsrechte für ihre Geschichte besiegelt.
Anruf der Kripo L. A.: Charles Koenig, ein Angestellter der Standard-Tankstelle am 12881 Ensenada Boulevard in Sylmar reinigte die Damentoilette, als ihm auffiel, dass die Spülung permanent lief. Als er den Deckel des Spülkastens abhob, fand er oben auf der Spültechnik, feucht, aber oberhalb der Wasserfläche, ein Damenportemonnaie. Als er den Führerschein und die Kreditkarten fand und den Namen »Rosemary LaBianca« entdeckte, rief er sofort die Polizei an.
Der Erkennungsdienst nahm das Fundstück zur
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