Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
ich mich gedulden, bis ich tiefer schürfen konnte.
Der Gerichtsmediziner Thomas Noguchi aus Los Angeles machte noch eine Aussage hinsichtlich der fünf Tate-Opfer. Als er geschlossen hatte, vertagte sich das Gericht auf Montag.
Der Umstand, dass die Sitzungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden, gab all den Spekulationen Nahrung, die in einigen Fällen als Tatsachen ausgegeben wurden. Der Herald Examiner aus Los Angeles brachte an diesem Nachmittag die Schlagzeile:
»Tate-Mörder auf LSD,
sagten die Geschworenen«
Das entsprach keineswegs der Wahrheit. Susan Atkins hatte vielmehr das genaue Gegenteil ausgesagt, dass nämlich die Mörder in keiner der beiden Nächte Drogen genommen hätten. Doch der Mythos war nun einmal in die Welt gesetzt und hielt sich beharrlich, vielleicht auch deshalb, weil er für das, was passiert war, die einfachste Erklärung bot.
Auch wenn Drogen, wie ich bald erfahren sollte, zu den Mitteln gehörten, mit deren Hilfe sich Manson seine Anhänger gefügig machte, so hatten sie auf diese Verbrechen keinen Einfluss, und zwar aus einem sehr einfachen Grund: In diesen beiden Nächten des brutalen Gemetzels wollte Manson, dass seine Meuchelmörder im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte waren.
Die Realität und ihre Folgen waren um ein Vielfaches beängstigender als der Mythos.
6. bis 8. Dezember 1969
Am Samstag begab sich Joe Granado zu der Garage für beschlagnahmte Fahrzeuge in Canoga Park, um sich Jon Swartz ’ Ford Baujahr 1959 anzusehen, der seit der Spahn-Razzia vom 16. August dort stand. Dies war der Wagen, den die Mörder nach Susan Atkins ’ Aussage in beiden Nächten benutzt hatten.
Granado erhielt eine positive Benzedin-Reaktion bei einem Fleck in der rechten oberen Ecke des Handschuhfachs, was auf Blut hindeutete, allerdings war die Menge nicht ausreichend, um zu bestimmen, ob es sich um menschliches oder tierisches Blut handelte.
Als ich schließlich Joes schriftlichen Bericht bekam, stellte ich fest, dass er das Blut darin nicht erwähnte. Auf meine Rückfrage hin antwortete er, dass es nur so wenig gewesen sei, dass er es nicht der Erwähnung für wert befunden hatte. Also bat ich Joe um einen neuen Bericht, der diesmal einen Hinweis auf das Blut enthielt. Da sich unsere Beweisführung nämlich bisher im Wesentlichen auf Indizien stützte, zählte jedes noch so kleine Detail.
»Ich habe gerade mit Gary Fleischman gesprochen, Vince«, sagte Aaron. »Er will einen Deal für seine Mandantin Linda Kasabian. Völlige Straffreiheit für ihre Aussage im Prozess. Ich habe ihm erklärt, dass wir uns vielleicht auf Totschlag im Affekt verständigen könnten, aber unmöglich ...«
»Gott im Himmel, Aaron«, fiel ich ihm ins Wort. »Schlimm genug, dass wir Susan Atkins etwas anbieten mussten. Und überleg mal: Krenwinkel ist in Alabama, Watson in Texas. Nach dem heutigen Stand der Dinge können wir nicht sagen, ob wir ihre Auslieferung durchbekommen, bevor für die anderen der Prozess beginnt. Und Van Houten war in der Nacht der Tate-Morde nicht dabei. Wenn wir aber Atkins und Kasabian Straffreiheit zusichern, wen sollen wir denn dann überhaupt noch wegen der fünf Tate-Morde anklagen? Nur Charlie? Das werden die Bürger dieser Stadt nicht hinnehmen. Sie sind über diese Verbrechen schockiert und zutiefst empört. Fahr mal durch Bel Air, die Angst ist da mit Händen zu greifen.«
Fleischman ließ uns wissen, dass Linda unbedingt aussagen wolle. Er hatte ihr geraten, sich gegen die Auslieferung zu wehren, doch sie war trotzdem nach Kalifornien gekommen, weil sie uns die ganze Geschichte erzählen wollte.
»Na schön, dann sagen Sie mir bitte, was sie bezeugen kann. Laut Susan hat Linda weder das Tate- noch das LaBianca-Haus betreten. Soweit wir wissen, war sie nicht Augenzeugin der Morde, vielleicht mit Ausnahme von dem an Steven Parent. Vor allem aber: Solange wir Susan haben, wäre Lindas Aussage wertlos, da Linda und Susan Komplizen sind. Sie wissen so gut wie ich, dass der Gesetzgeber da eindeutig ist: Die Zeugenaussage eines Tatbeteiligten kann nicht zur Bestätigung der Zeugenaussage eines anderen Tatbeteiligten herangezogen werden. Aber was wir wirklich mehr als alles andere bräuchten, ist eine Bestätigung des Ganzen.«
Dies stellte in der Tat eines unserer größten Probleme dar. Letztlich war es egal, wer unsere Kronzeugin war, denn ohne Bestätigung durch einen Zeugen waren unsere Beweise juristisch nichts wert. Wir mussten nicht nur
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