Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
nein, nein!« Das musste ein Irrtum sein. Während beide Männer zu weinen begannen, wiederholte Tennant, dass alles wahr sei, dass er selbst im Haus gewesen sei.
»Wie ist es passiert?«, fragte Polanski. Er dachte nicht an ein Feuer, sondern an einen Erdrutsch, was in den Bergen von Los Angeles besonders nach schweren Regenfällen keine Seltenheit war. Manchmal wurden sogar ganze Häuser unter den Erdmassen begraben, sodass die Verschütteten vielleicht noch am Leben sein könnten. Erst jetzt eröffnete Tennant ihm, dass sie ermordet worden waren.
Wie die Polizei von Los Angeles in Erfahrung brachte, hatte Voytek Frykowski einen Sohn in Polen, aber keine Angehörigen in den USA. Der Junge im Rambler blieb vorerst unidentifiziert und wurde als »der Unbekannte 85« geführt.
Die Nachricht von dem Unglück verbreitete sich wie ein Lauffeuer und ebenso auch die Gerüchte. Rudi Altobelli, der Eigentümer des Anwesens am Cielo Drive und Manager einer Reihe von Showbiz-Prominenten, hielt sich gerade in Rom auf. Eine seiner Klientinnen, eine junge Schauspielerin, rief ihn dort an und teilte ihm mit, dass in seinem Haus Sharon und vier weitere Menschen ermordet worden seien und Garretson, der von ihm eingestellte Hausmeister, das Verbrechen gestanden habe.
Das hatte Garretson zwar keineswegs, doch davon erfuhr Altobelli erst bei seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten.
Die Spezialisten vom Erkennungsdienst trafen mittags ein.
Officer Jerrome A. Boen und D. L. Girt, die Kriminaltechniker von der Spurensicherung, arbeiteten sich mit Pulver und Pinsel durch das gesamte Wohn- und Gästehaus hindurch.
Hatten sie einen Fingerabdruck mithilfe des Pulvers sichtbar gemacht, wurde ein durchsichtiger Klebestreifen daraufgedrückt. Dann wurde die Folie abgezogen und auf einer Karte mit kontrastierendem Hintergrund aufgebracht. Rückseitig wurden Fundort, Datum, Uhrzeit und die Initialen des betreffenden Beamten notiert.
Auf einer solchen von Boen angefertigten Karte stand etwa »8-9-69/10050 Cielo/1400/JAB/Innenseite Türrahmen, linker Flügel Terrassentür/von Hauptschlafzimmer zum Poolbereich/Klinkenseite«.
Ein weiterer, fast gleichzeitig genommener Abdruck stammte von der »Außenseite Haustür/Klinkenseite/oberhalb Klinke«.
Es dauerte sechs Stunden, bis die Arbeit in beiden Häusern abgeschlossen war. Im Lauf des Nachmittags stießen noch Officer D. E. Dorman und Wendell Clements dazu – Letzterer ein ziviler Fingerabdruckspezialist, der sich auf die vier Fahrzeuge konzentrierte.
Entgegen der landläufigen Meinung hat ein gut verwertbarer Fingerabdruck eher Seltenheitswert. Auf vielen Oberflächen wie etwa Kleidung und anderen textilen Stoffen verbleiben keine Abdrücke. Und Flächen, auf denen sie haften, werden oft nur mit einem Teil des Fingers berührt, sodass nur ein fragmentarischer Abdruck zurückbleibt, der für einen Vergleich vollkommen nutzlos ist. Wird der Finger bewegt, zeigt sich ein verwischter Abdruck, der ebenfalls unbrauchbar ist. Wie bereits der Vorfall mit Officer DeRosa am Knopf des Toröffners gezeigt hat, kann ein ursprünglicher Abdruck auch durch einen weiteren überlagert werden und somit für Identifikationszwecke ungeeignet sein. All dies sind Gründe dafür, dass die Zahl der deutlichen und gut lesbaren Abdrücke mit genügend Vergleichsmerkmalen an jedem Tatort erstaunlich bescheiden ausfällt.
Abzüglich der Fingerabdrücke, die später den am Cielo Drive arbeitenden Polizisten zugeordnet werden konnten, wurden im Haupt- und Gästehaus sowie an den Fahrzeugen auf dem Anwesen insgesamt 50 Abdrücke genommen. Davon wurden sieben (ausnahmslos im Gästehaus – vom Hausmeister fanden sich im Haupthaus oder an den Fahrzeugen keinerlei Spuren) William Garretson zugeordnet, weitere 15 entfielen als Indizien, da sie von den Opfern stammten, und drei waren für einen Abgleich nicht deutlich genug. Somit verblieben insgesamt 25 nicht zugeordnete Abdrücke, die möglicherweise, aber nicht zwingend auf den oder die Mörder schließen lassen konnten.
Als der erste Beamte vom Morddezernat eintraf, war es bereits 13.30 Uhr. Nachdem Lieutenant Madlock in allen fünf Fällen Unfall oder Selbstmord als Todesursache ausgeschlossen hatte, ersuchte er darum, die Ermittlungen dem Raub- und Morddezernat zu übertragen. Der Fall wurde folglich Lieutenant Robert J. Helder, dem leitenden Ermittlungsbeamten, zugewiesen, der seinerseits Sergeant Michael J. McGann und Jess Buckles damit betraute. McGann
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