Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
nicht einmal eine Liste mit den Namen der Zeugen, die von der Verteidigung aufgerufen werden sollten. Deshalb las ich Zeitungen und Zeitschriftenartikel, um hier und da vielleicht einen Fingerzeig zu bekommen.
Aber nicht einmal das war so einfach, wie es klingt. Denn viele ehemalige Mitglieder der Family bangten um ihr Leben. Viele, darunter auch Dennis Wilson von den Beach Boys, hatten sogar Todesdrohungen erhalten. Da nur wenige Quellen in der Zeitung genannt werden wollten, wurden meistens Pseudonyme verwendet. So passierte es leider in mehreren Fällen, dass ich einer Quelle nachging, nur um am Ende festzustellen, dass ich den Informanten schon längst befragt hatte. Und nicht selten verbargen sich hinter angeblichen Fakten Fantasiegebilde.
In einem Artikel wurde behauptet, dass Manson und mehrere Mitglieder der Family auf einer Party gewesen seien, die Roman und Sharon Anfang 1969 im Cielo Drive gegeben hatten. Als ich den Verfasser ausfindig gemacht hatte, verwies er mich auf Alan Warnecke, einen engen Freund von Terry Melcher. Darauf angesprochen, dementierte Warnecke allerdings, je etwas Derartiges gesagt zu haben. Daraufhin stellte ich eine Liste mit den Namen der Gäste zusammen, die auf dieser Party gewesen waren, und befragte so viele von ihnen, wie ich ausfindig machen konnte. Doch keiner von ihnen hatte Manson oder die anderen im Haus am Cielo Drive gesehen – weder am fraglichen Abend noch sonst irgendwann.
Peter Maas, Verfasser von The Valachi Papers , schrieb einen Artikel mit dem Titel »Die Sharon-Tate-Morde«, der im Ladies ’ Home Journal erschien. Darin fand sich folgendes Zitat:
» › Wie kriegt man das Establishment dran? Man kann ihnen nicht einfach was vorsingen. Das habe ich versucht, aber sie hören nicht zu. Jetzt müssen wir sie vernichten.‹ – Charlie Manson im Sommer 1969 gegenüber einem Freund.«
Falls diese Aussage belegbar wäre, gäbe sie eindrucksvolles Beweismaterial ab, daher war ich auf auf Maas ’ Quelle gespannt.
Nach mindestens einem Dutzend Anrufen machte ich Maas in New York ausfindig. Auf meine Fragen nach mehreren anderen Aussagen lieferte er mir unverzüglich die Quellen. Doch hinsichtlich des oben angeführten Hauptzitats, das von der Zeitschrift auf der ersten Artikelseite eigens durch Kursivdruck hervorgehoben worden war, musste Maas ’ einräumen, dass er sich nicht erinnern konnte, wer ihm das erzählt hatte.
Und wieder konnte ich eine scheinbar vielversprechende Spur streichen.
Am 9. August 1968 – genau ein Jahr vor den Tate-Morden – hatte Gregg Jakobson für Manson in einem Studio in Van Nuys einen Termin für eine Aufnahme vereinbart. Ich fuhr dorthin, um mir die Tonbänder anzuhören, die inzwischen im Besitz von Herb Weiser waren, einem aus Hollywood stammenden Anwalt, der für das Studio tätig war.
Meiner zugegebenermaßen unprofessionellen Einschätzung nach war Manson nicht schlechter als viele derzeit populäre Musiker. 48 Doch natürlich galt mein Interesse nur am Rande Charlies musikalischen Fähigkeiten. Sowohl Atkins als auch DeCarlo hatten erwähnt, dass die Worte »helter skelter« in mindestens einem von Mansons eigenen Songs vorkamen. Die Frage, ob sie sicher seien, dass er nicht gerade den Beatles-Song mit diesem Titel gespielt habe, hatten beide bejaht und hatten hinzugefügt, dass das in Charlies eigenen Kompositionen vorkomme. Falls ich aber irgendwo in seinen Songs auf »helter skelter«, »pig«, »death to pigs« oder »rise« stoßen sollte, so wäre das von einiger Beweiskraft.
Doch dieses Glück war mir nicht beschieden.
Eine Zeit lang sah es so aus, als sollten wir mit der Auslieferung von Watson mehr Glück haben. Am 5. Januar ordnete der texanische Minister Martin Dies jr. nach einer Anhörung an, Watson nach Kalifornien zu schicken. Doch Boyd kehrte nach McKinney zurück, beantragte die gerichtliche Anordnung eines Haftprüfungstermins und außerdem, dass Dies ’ Anordnung für nichtig erklärt werde. Der Antrag wurde bei Richter Brown eingereicht. Am 16. Januar gewährte Brown Boyd einen 30-tägigen Aufschub. Tex blieb somit in Texas.
In Los Angeles wurde am 6. Januar Linda Kasabian angeklagt, die sich »nicht schuldig« bekannte. Am selben Tag beantragte Marvin Part für seine Mandantin Leslie Van Houten ein Gutachten durch einen vom Gericht bestellten Psychiater. Richter Keene beauftragte damit Dr. Blake Skrdla, der Part vertraulich Bericht erstatten sollte. Zuvor war Parts Antrag stattgegeben worden, mit
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