Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
interviewt, dass sie mit vielen Reportern per Du waren. Dabei verplapperten sie sich ein paarmal, als sie sagten, dass Charlie bald draußen sein würde. Bezeichnenderweise sprachen sie nicht davon, dass er »freigesprochen« oder »entlassen« würde.
Ganz offensichtlich führten sie etwas im Schilde.
Am 11. Mail reichte Susan Atkins eine Erklärung ein, in der sie ihre ganze Zeugenaussage vor dem Großen Geschworenengericht leugnete. Sowohl Manson als auch Atkins nutzten die Erklärung, um Haftprüfungsanträge einzureichen, die abgewiesen wurden.
Aaron und ich besprachen uns daraufhin mit Bezirksstaatsanwalt Younger. Sadie konnte nicht beides haben. Entweder hatte sie vor dem Großen Geschworenengericht die Wahrheit gesagt, dann würden wir verabredungsgemäß nicht die Todesstrafe für sie fordern, oder aber sie widerrief mit ihrer Erklärung ihre frühere Aussage, dann aber war unsere Abmachung aufgehoben.
Nach meiner persönlichen Einschätzung hatte Susan Atkins vor dem Großen Geschworenengericht »im Wesentlichen die Wahrheit gesagt«, wenn auch mit den folgenden Einschränkungen: Sie hatte die drei weiteren Mordversuche in der zweiten Nacht verschwiegen, war der Frage ausgewichen, ob sie Voytek Frykowski erstochen hatte – was sie bei der Vernehmung durch mich zugegeben hatte –, außerdem hatte ich das starke Gefühl – das durch ihre Bekenntnisse gegenüber Virginia Graham und Ronnie Howard gestützt wurde –, dass ihre Behauptung, Sharon Tate nicht erstochen zu haben, gelogen war. Um der Übereinkunft mit unserem Büro zu genügen, würde »im Wesentlichen« aber nicht ausreichen – sie musste die ganze Wahrheit sagen.
Mit ihrer Erklärung hatte sich die Sache jedoch sowieso erledigt. Aufgrund ihres Widerrufs baten Aaron und ich Younger um seine Einwilligung, gegen Susan Atkins wie gegen alle anderen Angeklagten die Todesstrafe zu beantragen. Er war einverstanden.
Sadies Kehrtwende kam nicht unerwartet, eine andere Umkehr erwischte uns dagegen unvorbereitet. Bei einer Anhörung zur Wiederaufnahme seines Verfahrens legte Bobby Beausoleil eine von Mary Brunner unterzeichnete eidesstattliche Erklärung vor, in der sie angab, ihre Zeugenaussage während seines Prozesses entspreche nicht der Wahrheit und ihre Behauptung, Beausoleil habe Hinman erstochen, sei gelogen.
Auch wenn Staatsanwalt Burt Katz offensichtlich überrascht war, wandte er ein, dass die restlichen Beweise für eine Verurteilung Beausoleils ausreichen würden.
Weitere Nachforschungen von Burt ergaben, dass Mary Brunner, wenige Tage bevor sie aussagen sollte, im Haus ihrer Eltern in Wisconsin Besuch von Squeaky und Brenda bekommen hatte. Zwei Tage bevor sie die eidesstattliche Aussage unterzeichnete, war Squeaky, diesmal in Begleitung von Sandy, erneut bei ihr gewesen. Burt erklärte, dass die von Manson geschickten Mädchen Mary Brunner zum Widerruf ihrer Aussage genötigt hätten.
In den Zeugenstand gerufen, leugnete Mary Brunner dies zunächst, machte nach Beratung mit ihrem Rechtsbeistand jedoch eine erneute Kehrtwende und widerrief den Widerruf. Ihre Aussage im Prozess entspreche der Wahrheit, sagte sie. Zu einem späteren Zeitpunkt änderte sie noch einmal ihre Meinung.
Schließlich wurde Beausoleils Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens abgewiesen, und er wurde in den Todestrakt von San Quentin überstellt, um dort das rechtskräftige Ergebnis abzuwarten. Die Staatsanwaltschaft befand sich allerdings in einem juristischen Dilemma. Nach ihrer Aussage im Beausoleil-Prozess hatte das Gericht Mary Brunner völlige Straffreiheit bezüglich des Hinman-Mordes zugesagt.
Abgesehen von einer möglichen Anklage wegen Meineids schien es, als hätte Mary Brunner den Kopf aus der Schlinge gezogen.
Als die Mordanklage gegen Manson im Fall Hinman verhandelt wurde, erschien Manson vor Richter Dell und ersuchte ihn um die Erlaubnis, sich selbst zu verteidigen. Als Dell den Antrag zurückwies, bat Manson das Gericht, Irving Kanarek und Daye Shinn als seine Verteidiger zu bestellen. Richter Dell erklärte, dass es zu »einem deutlichen Interessenkonflikt führen« würde, wenn Shinn sowohl Manson als auch Susan Atkins vertreten würde, und wies das Ersuchen ab. Also blieb noch Kanarek.
Manson sagte zu Richter Dell: »Ich denke, wir alle kennen Mr. Kanarek und seinen Ruf. Ich habe nicht den geringsten Wunsch, diesen Mann zu meinem Anwalt zu machen, aber Sie lassen mir keine Wahl. Ich weiß, was ich tue. Glauben Sie mir, ich weiß, was
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