Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
während das Gericht tagte. Dies führte zu einer Aufhebung vor dem Berufungsgericht, das zu dem Schluss kam, das Recht auf Beistand schließe das Recht auf Beratung zwischen einem Angeklagten und seinem Anwalt während des Verfahrens ein.
Ich erwähnte dies gegenüber Older und schlug vor, eine Art Telefonverbindung herzustellen, doch Older hielt das nicht für nötig. Nach der Mittagspause bekundeten die Mädchen ihre Bereitschaft zurückzukehren. Im Namen aller drei sagte Patricia Krenwinkel zu Older: »Wir sollten bei diesem Theater hier dabei sein.«
Für Krenwinkel war es nichts weiter – Theater. Sie blieb stehen und kehrte der Richterbank den Rücken zu. Atkins und Van Houten taten es ihr augenblicklich gleich. Daraufhin ließ Older alle drei erneut entfernen.
Als Richter Older am nächsten Tag alle drei wieder in den Saal bringen ließ, warnte er sie, dass sie sich im Rahmen dieses Prozesses großen Schaden zufügen könnten, wenn sie weiterhin auf ihrem Verhalten beharrten. »Ich fordere Sie daher auf, ernsthaft darüber nachzudenken, was Sie da tun, denn ich bin der Meinung, dass Sie Ihrer Sache ernsthaft schaden.« Nachdem Manson noch einen Versuch unternommen hatte, die Erlaubnis zu erhalten, sich selbst verteidigen zu dürfen, sagte er: »Also gut, dann lassen Sie mir gar nichts. Dann können Sie mich jetzt töten.«
Immer noch stehend, senkte Manson dann den Kopf und streckte die Arme wie ein Gekreuzigter aus. Die Mädchen ahmten ihn sofort nach. Als die Polizisten versuchten, alle auf ihre Sitze zu drücken, leisteten sie Widerstand, und Manson trug das Handgemenge mit einem Ordnungshüter schließlich am Boden aus. Zwei Beamte trugen ihn daraufhin in die Arrestzelle, während die Wärterinnen die Mädchen hinausbegleiteten.
Kanarek: »Ich möchte um medizinische Hilfe für Mr. Manson ersuchen, Euer Ehren.«
Das hohe Gericht: »Ich werde den Gerichtsdiener bitten zu prüfen, ob er welche benötigt. Falls ja, wird er sie bekommen.«
Doch er brauchte keine. Kaum war er in der Zelle und außer Sichtweite der Presse und der Zuschauer, war Manson wie ausgewechselt. Er setzte eine andere Maske auf und war plötzlich der willfährige Gefangene. Nachdem er mehr als sein halbes Leben in Besserungsanstalten und Gefängnissen zugebracht hatte, beherrschte er diese Rolle im Schlaf. Vollkommen an die Erfordernisse einer Anstalt angepasst, hielt er sich im Gefängnis immer an die Regeln und machte nur selten Ärger.
Nach der Mittagspause hatten wir Gelegenheit, Kanarek in Aktion zu erleben. Er brachte einen Einspruch gegen die Fahndung nach und die Festnahme von Manson vor und begründete ihn damit, dass die Verhaftung widerrechtlich gewesen sei, da »Mr. Caballero und Mr. Bugliosi sich verschworen haben, Miss Atkins zu bestimmten Äußerungen anzustiften«, und das »Büro der Staatsanwaltschaft sie zum Meineid verleitet« habe.
So absurd das Ganze auch war, so stellte die Verleitung zum Meineid doch einen äußerst schwerwiegenden Vorwurf dar, und da Kanarek ihn bei einer öffentlichen Gerichtsverhandlung vor versammelter Presse erhoben hatte, fiel meine Reaktion entsprechend deutlich aus.
Bugliosi: »Euer Ehren, bevor Mr. Kanarek ohne Sinn und Verstand daherredet, sollte er im Richterzimmer Beweise vorlegen. Dieser Mann agiert vollkommen verantwortungslos. Ich ersuche das Gericht dringend darum, diese Angelegenheit unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu verhandeln. Gott weiß, was dieser Mann sonst als Nächstes vorbringt.«
Das hohe Gericht: »Beschränken Sie sich auf Ihre Begründung, Mr. Kanarek.«
Als Kanarek sich endlich bemüßigt fühlte, diese Begründung für seinen Einspruch vorzubringen, verblüffte er selbst die anderen Vertreter der Verteidigung. Kanarek erklärte: Da »der Haftbefehl gegen den Angeklagten Manson auf widerrechtlich erlangten, meineidlichen Zeugenaussagen beruht, ist die Festnahme der Person Mr. Manson gesetzeswidrig. Die Person Mr. Manson darf daher vor Gericht nicht als Beweismittel zugelassen werden.«
Während ich mich noch wunderte, wie man einen Angeklagten aus dem Verfahren gegen ihn selbst ausschließen sollte, lieferte Kanarek schon die Erklärung dafür: Er beantragte, dass »das dingliche Beweismittel, nämlich Mr. Mansons physischer Körper«, nicht »begrifflich als Beweismittel verwendet werden darf«. Kanareks abstruser Logik zufolge sollte es Zeugen nicht gestattet sein, Manson zu identifizieren.
Older wies den Antrag ab.
Einen anderen Charakterzug
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