Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson

ausgesucht werden. Da das Verfahren sich voraussichtlich ziemlich in die Länge ziehen würde, beschloss Older, sechs Ersatzleute zu wählen, eine ungewöhnlich hohe Zahl. Wieder brachten wir die Prozedur der Geschworenenbefragung hinter uns, wenn auch diesmal ohne Ira Reiner. Am 17. Juli stellte Leslie Van Houten den förmlichen Antrag auf Entlassung ihres Anwalts und Bestellung von Ronald Hughes.
    Nachdem Richter Older Hughes, Manson und Van Houten zur Gefahr eines Interessenkonflikts befragt hatte, gab er dem Antrag auf Auswechslung statt. Reiner war draußen, ohne für die acht Monate Arbeit, die er in den Fall gesteckt hatte, auch nur ein Dankeschön zu bekommen. Mansons ehemaliger Rechtsbeistand, der »Hippie-Anwalt« Ronald Hughes mit seinem Rauschebart und den Walter-Slezak-Anzügen, wurde nun Leslie Van Houtens Prozessbevollmächtigter.
    Ira Reiner war aus einem einzigen Grund entlassen worden – er hatte versucht, seine Klientin nach bestem Wissen und Gewissen zu vertreten. Und er hatte daran festgehalten, dass nicht Charles Manson, sondern Leslie Van Houten seine Mandantin war.
    Über Mansons Gesicht huschte ein schwaches, doch nicht zu übersehendes Lächeln. Mit gutem Grund. Es war ihm gelungen, ein Verteidigungsteam aufzustellen, das an einem Strang zog. Und auch wenn Fitzgerald pro forma der Leiter war, so hatte offensichtlich jemand anderes das Sagen.
    Am 21. Juli wurden die sechs Ersatzleute vereidigt und ihrerseits isoliert. 74 Die Auswahl der Geschworenen hatte fünf Wochen in Anspruch genommen, in deren Verlauf 205 Personen geprüft und nahezu 4500 Seiten Protokoll geschrieben worden waren.
    Es waren harte fünf Wochen gewesen, in denen ich mehrere Auseinandersetzungen mit Older durchgefochten hatte, Reiner sogar noch einige mehr. Außerdem hatte Older vier Anwälten gedroht, sie wegen Missachtung des Gerichts zu belangen, und seine Drohung in einem Fall auch wahrgemacht.
    Drei Ermahnungen bezogen sich auf die Verletzung des Redeverbots: Aaron Stovitz wurde wegen eines Interviews gerügt, das er der Zeitschrift Rolling Stone gegeben hatte; Paul Fitzgerald und Ira Reiner wurden wegen ihrer Äußerungen gegenüber der Los Angeles Times ermahnt, die folgendermaßen zitiert wurden: »Tate-Verdächtige versuchen Anwälte zum Schweigen zu bringen.« Während Older die Rügen wegen Missachtung des Redeverbots gegen alle drei schließlich fallen ließ, hatte Irving Kanarek weniger Glück. Am 8. Juli erschien er sieben Minuten zu spät im Gerichtssaal. Obwohl er einen triftigen Grund hatte – kurz bevor das Gericht tagte, war es sehr schwer, einen Parkplatz zu finden –, zeigte Older, der Kanarek schon einmal mit einer Rüge gedroht hatte, als er sich nur drei Minuten verspätet hatte, keine Nachsicht. Er befand Kanarek der Missachtung des Gerichts für schuldig und erlegte ihm ein Bußgeld von 25 Dollar auf.
    Während wir mit der Wahl der Geschworenen beschäftigt waren, wurden zwei von Mansons Mördern auf freien Fuß gesetzt.
    Mary Brunner wurde im Mordfall Hinman angeklagt und verhaftet. Daraufhin beantragten ihre Anwälte die gerichtliche Anordnung eines Haftprüfungstermins. Richterin Kathleen Parker entschied, dass sie die Bedingungen der Straffreiheitsvereinbarung erfüllt habe, und gab dem Antrag statt. So wurde Brunner entlassen.
    In der Zwischenzeit bekannte sich Clem, mit richtigem Namen Steve Grogan, des schweren Autodiebstahls für schuldig, ein Vergehen, das noch auf die Zeit der Barker Ranch zurückging. In Van Nuys verhandelte Richter Sterry Fagan den Fall. Ihm war Grogans langes Vorstrafenregister bekannt. Außerdem empfahl die sonst eher großzügige Bewährungsabteilung, Grogan zu einem Jahr Freiheitsentzug zu verurteilen und ihn in die Bezirkshaftanstalt zu überstellen. Zudem ließ Aaron den Richter wissen, dass Clem äußerst gefährlich sei und nicht nur bei den LaBianca-Morden dabei gewesen sei, sondern nach unserer Beweislage auch Shorty Shea geköpft habe. Doch so unglaublich es auch klingt, Richter Fagan gewährte Clem Bewährung.
    Als ich erfuhr, dass Clem zur Family auf die Spahn Ranch zurückgekehrt war, setzte ich mich mit seinem Bewährungshelfer in Verbindung und bat ihn, sich für die Aufhebung der Bewährung für Clem einzusetzen. Denn dafür gab es reichlich Anlass. Es gehörte nämlich zu den Bewährungsauflagen, dass er am Wohnsitz seiner Eltern bleiben, sich eine Anstellung suchen und behalten musste, keine Drogen nehmen oder besitzen durfte und keinen Umgang mit