Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
wiederholte, wurde in unserem Haus ein Walkie-Talkie installiert, damit wir für den Fall, dass unsere Telefonkabel durchtrennt würden, direkt mit der nächsten Polizeistation verbunden wären.
Auch wenn von den Hauptakteuren im Prozess nur Older und ich Personenschutz bekamen, war es ein offenes Geheimnis, dass sich einige, wenn nicht sogar alle Verteidiger vor der Family fürchteten. Wie mir einer seiner Kollegen erzählte, hatte Daye Shinn für einen ungebetenen Besuch vorgesorgt und in jedem Zimmer seines Hauses eine geladene Waffe deponiert. Ob und, wenn ja, welche Vorsichtsmaßnahmen Kanarek ergriffen hatte, erfuhr ich nicht, obwohl Manson ihm auf seiner Liste der Todeskandidaten oft genug den Spitzenplatz einräumte. Laut einem anderen Anwalt der Verteidigung drohte Manson viele Male, Kanarek umzubringen. Das sei nur recht und billig, wurde Manson zitiert, da Kanarek das Leben seines Mandanten vor Gericht verspiele.
Einmal ließ Manson Fitzgerald einen Antrag für Kanareks Entlassung aufsetzen. Paul erzählte mir, dass Kanarek sich mit Tränen in den Augen hingekniet und Manson angefleht habe, ihn nicht zu feuern. Manson gab nach, und trotz ihrer fortgesetzten Meinungsverschiedenheiten blieb Kanarek mit dem Fall betraut.
Jede Woche gab die Aufsichtsbehörde Los Angeles eine Pressemitteilung heraus, in der die bisherigen Verfahrenskosten aufgelistet wurden. Doch trotz Kanareks unendlich vieler Einsprüche, die häufig genug ausgedehnte Beratungen nach sich zogen, schafften wir tagtäglich zahlreiche Zeugenaussagen. Ein altgedienter Gerichtsberichterstatter bescheinigte uns, dass er in über 20 Jahren noch nichts Vergleichbares erlebt habe.
Es war eine beachtliche Leistung, wie Richter Older Kanarek im Zaum hielt. Hätte er auch nur der Hälfte aller »beweiserheblichen Anhörungen« stattgegeben, die Kanarek ständig forderte, wäre es vielleicht tatsächlich zu dem zehnjährigen Verfahren gekommen, das manche vorausgesagt hatten. Stattdessen antwortete Older auf jeden erneuten Antrag Kanareks nur: »Stellen Sie den Antrag schriftlich, und fügen Sie die entsprechenden Grundsatzurteile an.« Nur selten machte sich Kanarek diese zeitaufwendige Mühe.
Für die Anklage hatte ich die ursprünglich geplante Zeugenzahl von ungefähr 100 auf etwa 80 reduziert. Für einen Prozess dieser Größenordnung und Komplexität war das eine erstaunlich niedrige Anzahl. An manchen Tagen riefen wir etwa ein halbes Dutzend Zeugen auf. Wenn möglich, nutzte ich einen einzigen Zeugen für mehrere Zwecke. So fragte ich beispielsweise DeCarlo abgesehen von den Hauptpunkten seiner Aussage auch nach dem Namen und dem ungefähren Alter jedes Mitglieds der Family, um den Geschworenen vor Augen zu führen, dass Manson, der deutlich älter war als alle anderen, wohl kaum eine untergeordnete Rolle spielte.
Als ich den Hilfssheriff William Gleason in den Zeugenstand rief, um von ihm bestätigen zu lassen, dass bei der Razzia am 6. August auf der Spahn Ranch kein einziges Buckmesser gefunden worden war, erhob Kanarek, dem die Brisanz dieses Sachverhalts bewusst war, Einspruch, und Older gab ihm statt.
Ich hatte die Hoffnung, diesen Umstand einführen zu können, schon fast aufgegeben, als Fitzgerald, der wohl annahm, dass das Fehlen solcher Messer für die Verteidigung ein Plus war, im Kreuzverhör fragte: »Haben Sie am 16. August 1969 auf der Spahn Ranch irgendwelche Buckmesser gefunden?«
A: »Nein, Sir.«
Der Versuch der Family, Barbara Hoyt für immer zum Schweigen zu bringen, war ein absoluter Fehlschlag. Denn die vormals eher zögerliche Zeugin war jetzt hochmotiviert, ihre Aussage zu machen.
Barbara bestätigte nicht nur Lindas Darstellung von der gemeinsam gesehenen Nachrichtensendung, sondern erinnerte sich auch daran, dass Sadie sie in der Nacht der Tate-Morde auf dem Feldtelefon im Hinterhaus angerufen und ihr aufgetragen hatte, drei Sets dunkler Kleidung zur Vorderseite der Ranch zu bringen. Als sie dorthin gekommen war, hatte Manson gemeint: »Sie sind schon weg.«
Barbaras Darstellung der Ereignisse bestätigte nicht nur Linda Kasabians Aussage, sondern führte auch eindrücklich vor Augen, dass Manson in die Morde verwickelt war, weshalb Kanarek verbissen, wenn auch vergeblich, darum kämpfte, ihre Erklärungen aus dem Prozess herauszuhalten.
Die Unterhaltung auf der Meyers Ranch konnte ich erst einführen, nachdem wir einen halben Prozesstag lang im Richterzimmer darüber diskutiert hatten, und auch dann nur wie
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