Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
äußerte sich ähnlich und fügte hinzu: »Für mich liefe das auf Beihilfe zum Mord hinaus.«
Als sich das Gericht vertagte, war das Problem noch nicht aus der Welt.
Am nächsten Tag überraschte Manson alle mit der Erklärung, auch er wolle in den Zeugenstand treten, und zwar noch vor den anderen. Wegen möglicher Probleme mit den Aranda-Vorgaben wurde jedoch entschieden, dass Manson zunächst in Abwesenheit der Geschworenen aussagen sollte.
Manson wurde daraufhin vereidigt. Statt sich aber von Kanarek vernehmen zu lassen, bat er darum, eine Erklärung abgeben zu dürfen. Es wurde ihm gestattet.
Er sprach über eine Stunde lang. Er fing beinahe entschuldigend an und sprach so leise, dass sich die Zuschauer im überfüllten Gerichtssaal vorbeugen mussten, um ihn zu hören. Doch nach wenigen Minuten veränderte sich seine Stimme, sein Tonfall wurde bestimmter, engagierter, und wie mir bereits bei unseren persönlichen Gesprächen aufgefallen war, wechselte er dabei auch seinen Gesichtausdruck. Manson, der Niemand. Manson, der Märtyrer. Manson, der Lehrer. Manson, der Prophet. All diese Rollen nahm er im Lauf seines Vortrags an und sprang zuweilen mitten im Satz von einer zur anderen, auf seinem Gesicht wechselten ständig die Gefühlsausdrücke, sodass er nicht nur ein Gesicht zeigte, sondern ein ganzes Kaleidoskop an verschiedenen Gesichtern, jedes für sich genommen ganz real, aber nur für einen Moment lang.
Er schwadronierte, er schweifte ab, er wiederholte sich, doch es war nicht zu leugnen, dass der ganze Auftritt etwas Faszinierendes hatte. Auf seine Weise versuchte er – ganz ähnlich wie bei seiner leicht beeinflussbaren Gefolgschaft –, die Zuhörer in seinen Bann zu schlagen.
Manson: »Es hat eine Menge Anklagepunkte gegen mich gegeben, und vieles ist über mich und meine Mitangeklagten in diesem Prozess gesagt worden. Vieles davon ließe sich aufklären und richtigstellen …
Ich bin nie zur Schule gegangen, also habe ich, als ich klein war, nie richtig lesen und schreiben gelernt, also bin ich im Gefängnis gewesen und bin dumm geblieben, und ich blieb ein Kind, während ich zusah, wie Ihre Welt erwachsen wurde, und dann sehe ich mir an, was Sie tun, und ich verstehe es nicht …
Sie essen Fleisch und töten Lebewesen, die besser sind als Sie, und dann beklagen Sie sich, wie schlecht Ihre Kinder sind, dass sie sogar zu Mördern werden. Sie haben Ihre Kinder zu dem gemacht, was sie sind …
Diese Kinder, die mit Messern auf Sie losgehen, das sind Ihre Kinder. Sie haben ihnen das beigebracht, nicht ich. Ich wollte ihnen nur helfen, sich ihrer Haut zu wehren.
Die meisten Leute auf der Ranch, die Sie als die Family bezeichnen, waren einfach nur Leute, die Sie nicht wollten, Leute, die auf der Straße standen, die ihre Eltern vor die Tür gesetzt hatten, die nicht in den Jugendknast wollten. Also tat ich mein Bestes, nahm sie auf meiner Müllhalde auf und sagte zu ihnen: In der Liebe gibt es kein Unrecht …
Ich habe ihnen gesagt, alles, was sie für ihre Brüder und Schwestern tun, ist gut, wenn sie es mit einem guten Gedanken tun …
Ich habe daran gearbeitet, mein Haus aufzuräumen, es wäre gut, wenn auch Nixon das täte. Er hätte an der Straße stehen und seine Kinder aufsammeln sollen, hat er aber nicht. Er war im Weißen Haus und hat sie in den Krieg geschickt …
Ich verstehe Sie nicht, aber ich versuche es auch gar nicht erst. Ich weiß, dass ich nur einen Menschen beurteilen kann, nämlich mich … Aber eines weiß ich: In Ihrem Herzen und in Ihrer Seele sind Sie ebenso sehr für den Vietnamkrieg verantwortlich wie ich dafür, dass diese Leute ermordet wurden …
Ich kann keinen von Ihnen beurteilen. Ich hege keinen Groll gegen Sie, und ich hefte Ihnen auch keine Orden an. Aber ich glaube, es ist höchste Zeit, dass Sie alle endlich in den Spiegel schauen und sehen, was für eine Lüge Sie leben.
Ich hege keine Abneigung gegen Sie, aber eines will ich Ihnen sagen: Ihnen bleibt nicht mehr viel Zeit, bis Sie sich alle umbringen werden, weil Sie alle verrückt sind. Und Sie können das auf mich projizieren … aber ich bin nur das, was in jedem von Ihnen steckt.
Mein Vater ist das Gefängnis. Mein Vater ist Ihr System … ich bin nur das, wozu Sie mich gemacht haben. Ich bin nur Ihr Spiegelbild.
Ich habe aus Ihren Mülltonnen gegessen, um nicht wieder in den Knast zu kommen. Ich habe Ihre abgelegten Kleider getragen … ich habe mich aufrichtig bemüht, in Ihrer Welt
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