Helvetias Traum vom Glück (German Edition)
Telefongespräch.
«Hast du etwas zum Schreiben?», wandte er sich kurz darauf an Dagmar.
«Das ist die Telefonnummer eines Freundes. Auch einer der Bonzen und ein ausgezeichneter Arzt. Er wird dir helfen, mit oder ohne Krankenkasse. Am besten du rufst gleich an.»
Dagmar nahm den Zettel.
«Danke.»
«Schon gut. Komm, Nadine, wir gehen … Ist noch was?»
Nadines Schmunzeln war ihm nicht entgangen.
«Kommst du in deinem Suff überhaupt noch die Leiter runter?», flüsterte sie Ferrari zu. Sie genoss sichtlich jedes einzelne Wort.
Mist! Daran habe ich nicht gedacht. Er schaute zum Fenster hinaus. Das war … das war hoch, verdammt hoch. Tja, da musste er durch. Gerade als er mutig auf die Leiter steigen wollte, hielt ihn Dagmar zurück.
«Sorry für vorhin. Ich gehe heute Nachmittag zum Arzt. Es ist etwas mit der Kniescheibe. Du bist echt in Ordnung, Ferrari. Aber, dass der Weller tot ist, um den ist es nicht schade.»
«Weller war mit Sicherheit kein unbeschriebenes Blatt, aber …»
«Er war eine Superdrecksau.»
«Hör auf», Ruedi Fink zog Dagmar zur Seite.
«Lass mich. Ich will es ihm sagen.»
Nadine gab Francesco einen Wink, sich nochmals hinzusetzen. Sie warteten geduldig. Ruedi Fink lehnte an der Wand und schüttelte den Kopf.
«Das bringt doch nichts, Dagi.»
«Ich will es aber so. Weller war ein Schwein und sein Sohn auch.»
«Du kennst seinen Sohn?», hakte Nadine nach.
«Andreas gehörte zu uns. Vielmehr, Andreas mimte den guten Freund. Alles nur Show. Beim ersten Windstoss bekam er weiche Knie. Du kannst besser reden, Ruedi. Sag es ihnen, ich will, dass du es ihnen sagst.»
Ruedi Fink setzte sich an den Tisch.
«Andreas hat keine Eier! Ein mieser kleiner Feigling. Aber der Reihe nach: Wir waren gute Freunde, er gehörte zu unserer Clique. Zumindest glaubten wir das. Er hielt uns auf dem Laufenden, was in der rechten Politszene so abging. Er war sozusagen unser Informant. Inzwischen glaube ich aber, dass er nur sehr selektiv erzählte. Er gefiel sich in der Rolle des Spions.»
«Und dann ist etwas geschehen, was euch vom Gegenteil überzeugte?»
«Es hat nichts mit uns zu tun. Im Sommer sind wir total viel am Rhein und da gehen auch einige Mädchen auf den Strich. Eine von ihnen ist Irina. Andreas machte mit ihr rum. Zuerst wars nur gegen Geld, doch plötzlich wollte er sie vor ihrem Zuhälter retten. Das ging einige Wochen gut.»
«Wir haben ihn mehrmals gewarnt. Ihm gesagt, er solle die Finger von ihr lassen. Aber er lachte uns nur aus. Er sei verliebt und wolle mit Irina sein Leben verbringen.»
«Es ist so, wie Dagi sagt. Dann, eines Tages, sah ihn Wellers Schatten, dieser Wagner, zufälligerweise mit Irina und mir. Was danach geschah, können wir uns nur zusammenreimen. Vermutlich hat ihm sein Alter kurzerhand den Umgang mit Irina und uns verboten. Wie auch immer, er ward nie mehr gesehen. Andreas hat einfach gekuscht … stell dir das vor! Der hat wirklich keine Eier!»
Ferrari füllte sich nochmals einen halben Becher mit Glühwein. Ich sehe deinen Blick sehr wohl, Nadine, und entgegne schlicht: Carpe diem.
«Das ist alles gut und recht, Dagmar, aber noch lange kein Grund, einem Menschen den Tod zu wünschen.»
«Erzähl ihnen den Rest, Ruedi.»
«Nein!»
«Dann mache ich es. Ruedi wollte mit Andreas reden und fing ihn vor der Uni ab. Andreas war wie verwandelt, meinte, er wolle mit uns linken Säcken und dieser dreckigen Hure nichts mehr zu tun haben.»
«Ich habe an unsere Freundschaft appelliert, doch das ging ihm voll am Arsch vorbei.»
«Eine Woche später war Irina nicht mehr da. Sie ist einfach verschwunden. Das Gerücht ging um, Irina sei von Wellers Schergen unter Druck gesetzt worden. Und zwar dermassen, dass sie zurück nach Russland oder Polen geflüchtet sei. Ich weiss ehrlich gesagt gar nicht, woher sie ursprünglich kommt. Sogar ihr Zuhälter hatte null Ahnung, wo sie ist, und suchte sie.»
«Es macht noch eine zweite Story die Runde. Der alte Weller soll ihr Geld gegeben haben, damit sie für immer verschwindet», ergänzte Ruedi.
«Wie heisst der Zuhälter von Irina?»
«Keine Ahnung. Fritz irgendwie. Sie kam einmal mit ihrer besten Freundin zu uns. Auch aus dem Osten. Die ist noch nicht lange hier und kann kaum Deutsch. Helen, aber den Nachnamen kenne ich nicht.»
Ferrari lehrte den Becher.
«Ausgezeichneter Glühwein! Gibst du mir das Rezept?»
«Es ist eigentlich ein Geheimrezept … O.k., ich schreibe es Ihnen auf, weil Sie Dagi
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