Helvetias Traum vom Glück (German Edition)
Er überhäuft mich mit Geschenken. Das ist mir nicht recht. Er tut schon so unendlich viel für mich. Mein Knie soll noch vor Weihnachten im Merian Iselin operiert werden. Toni kennt dort einen Spitzenarzt und nur den lässt er an mich ran. Ach, Nadine, das ist wie im Paradies.»
Und deine Ideale, deine Visionen, der Traum von einer gerechten Welt? Deine Freunde auf der Strasse, Ruedi und Bodo? Hast du alles so schnell vergessen? «Jetzt fehlen mir nur noch Bodo und Ruedi zu meinem Glück. Sie sind wie vom Erdboden verschwunden. Toni meint, dass sie hier bei uns wohnen können, solange sie wollen. Wisst ihr, wo sie sind?»
«Wir mussten Ruedi zur Fahndung ausschreiben, Dagi. Kannst du uns eine Frage beantworten?»
«So ernst, Nadine?»
«Ja. Ist Ruedi am Mordabend im Garten des Hauses gewesen?»
«Das ist nicht fair, Nadine.»
«War er da, Dagi? Es ist wirklich wichtig.»
«Er wollte mit Andreas reden, sich mit ihm aussprechen. Da ist er reingeschlüpft. Doch mit dem Mord an Andreas Vater hat er nichts zu tun. Das weiss ich, Nadine. Ich spüre so etwas, hier drinnen im Herzen.»
«Danke, dass du so ehrlich bist. Wenn Ruedi auftaucht, ruf uns bitte an. Wir müssen mit ihm reden.»
«Du verlangst viel von mir. Ruedi ist mein Freund.»
«Ich weiss. Aber ewig kann er nicht fliehen. Und wenn er nicht in den Mord verwickelt ist, muss er sich auch nicht verstecken. Ständig auf der Flucht zu sein, ist keine Lösung.»
Anton Geigy kam, diskret hustend, zurück.
«Störe ich?»
«Nein, du störst nie, Toni. Wir müssen weiter. Es war schön, dich wieder einmal zu sehen.»
Der alte Mann begleitete sie zum Auto.
«Du hast mir mit Dagmar einen wunderbaren Schatz ins Haus gebracht, Francesco. Dafür möchte ich mich bei dir bedanken. Ich hoffe, dass sie sehr sehr lange bei mir bleibt. Sie versüsst meine alten Tage. Lebt wohl.»
Nadine fuhr los.
«Und?», fragte Ferrari zuckersüss.
«Eine unfaire Wette! Du wirst gewinnen.»
«Unfair? Weshalb?»
«Ich kannte Toni nicht. Er ist wirklich ein Gentleman der alten Schule. Die sind leider vom Aussterben bedroht. Jetzt würde ich nicht mehr mit dir wetten … dein Handy fibriert. Hörst du das denn nicht?»
Ferrari nahm ab, hörte aufmerksam zu und wandte sich dann an seine Kollegin.
«Fritz Löffler ist zurück aus Rumänien, sagt Georg. Er war gestern in eine Schlägerei verwickelt. Manchmal hat sogar eine Prügelei ihr Gutes. Soll ich allein zu ihm hin oder willst du mitkommen?»
«Was für eine Frage. Ich komme selbstverständlich mit.»
Der jüngere Bruder vom schönen Sigi pflegte seine Wunden.
«Ihr fehlt mir gerade noch. Bist du die Braut, die meinen Bruder in die Eier getreten hat?»
Nadine nickte.
«Aber du bist auch nicht ungeschoren davongekommen, wie mir scheint.»
Ferrari wollte sich auf keine lange Diskussion einlassen.
«Sie waren in Bukarest?»
«Geschäftlich.»
«Erfolgreich?»
«Nein. Leider nicht.»
«Sie haben Irina also nicht gefunden?»
«Das dreckige Luder versteckt sich gut, zu gut. Ich habe alle gängigen Spelunken abgeklappert. Ich glaube nicht, dass sie in Bukarest ist.»
«Sondern?»
«Keine Ahnung. Weiss der Teufel, wo.»
«Und die Frau Ihres Bruders weiss auch nicht, wo Ihre beste Freundin ist?»
«Ach die! Die hat doch nur Stroh in der Birne. Versteht die Hälfte von dem nicht, was wir sagen. Eine dumme Kuh. Bin gespannt, wie lange Sigi das noch mitmacht. Schafft zu wenig Kohle an. Das Weib ist zum Kotzen.»
«Haben Sie gestern bei der Schlägerei wenigstens gewonnen?»
«Scheisse! Die haben mich regelrecht zu Hackfleisch verarbeitet und Sigi gleich mit. Er liegt halbtot unten in der Wohnung.»
«Sie können ja eine Anzeige machen.»
«Um dann nochmals eins abzukriegen. Danke, das lass ich jetzt lieber auf sich beruhen.»
«Eine alte Rechnung?»
«Eine neue. Aber Ihnen werde ich das bestimmt nicht auf die Nase binden. Sonst noch etwas?»
«Nein. Nur, falls Irina auftaucht, rufen Sie uns an.»
«Leckt mich!»
Nadines Wut staute sich. Zu gern hätte sie draussen wieder gegen die Wand geschlagen. Doch ihrem Kopf zuliebe, verzichtete sie. Wohlweislich.
«Diese verdammten Penner. Aber jetzt hat es sie wenigstens selber erwischt. He, wohin gehst du?»
«Zum Spunten an der Ecke, dem Ort des Geschehens.»
Das Lokal roch stark nach kaltem Rauch. Es war spärlich besetzt. Ferrari ging zur Theke.
«Sind Sie der Wirt?»
«Wer will das wissen?»
«Die Polizei. Ich bin Kommissär Ferrari.»
Der Beizer hielt den
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