Helvetias Traum vom Glück (German Edition)
gewisse Bedingungen geknüpft.»
«Ja. Sie musste die Schweiz unverzüglich verlassen, ohne mit jemandem darüber zu sprechen. Das Risiko, dass sie bei ihrem Zuhälter oder bei einer Freundin plaudert, war uns zu gross. Das hat sie verstanden. Sie nahm den Koffer und ist abgehauen. Wahrscheinlich wird sie das Geld innert Kürze verjubeln und dann wieder in der Gosse landen. Aber jetzt …», er biss sich auf die Unterlippe.
«Jetzt ist Peter Weller tot und Andreas kann tun und lassen, was er will. Auch eine Prostituierte heiraten.»
«Sie sagen es, Frau Kupfer. Jetzt interessiert das kein Schwein mehr.»
«Das wars schon. Vielen Dank, Herr Stolz. Sie haben uns sehr geholfen», mit diesen Worten verabschiedeten sich Ferrari und Nadine.
Somit war klar, dass Irina nicht irgendwo verscharrt unter der Erde lag und dass Lutz Wagner die Wahrheit gesagt hatte. Vielleicht gelang es den rumänischen Kollegen schon bald, Irina aufzutreiben. Am besten, bevor sie in die Klauen von Fritz Löffler geriet.
«Wie wärs mit noch einem Besuch», schlug Nadine vor. «Wir könnten doch einen Abstecher zu deinem Freund Toni Geigy machen. Mich würde es interessieren, wie es Dagmar geht.»
«So, so und ganz nebenbei ein Auge auf den Lustmolch werfen … Einverstanden.»
Anton Geigy lebte in einer alten Villa mit grossem Umschwung. Nadine war beeindruckt.
«Bist du in Ordnung? Hast du Schmerzen?», fragte Ferrari besorgt, als er sah, wie sich Nadine an den Kopf griff.
«Nur, wenn ich ruckartige Bewegungen mache. Sonst gehts. Hallo, Dagi.»
Dagmar umarmte Nadine herzlich.
«Ich hätte dich heute auch noch angerufen, Nadine. Wie gehts dir?»
«Beim Zähneputzen habe ich noch Schmerzen. Und du?»
«Im Vergleich mit dir bin ich glimpflich davongekommen. Kommt doch rein.»
Stilvoll eingerichtetes Haus, das muss ich neidlos zugeben. Und tolle Kunstwerke an der Wand. Ah, da kommt der Herr des Hauses, dachte Nadine. Ein distinguierter älterer Herr mit Stock. Fast wie Doktor House.
«Herzlich willkommen, Frau Kupfer. Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen. Francesco hat mir schon viel von Ihnen erzählt. Nur das Beste versteht sich.»
Sonore Stimme, der ich stundenlang zuhören könnte.
«Darf ich euch in den Salon bitten? Nehmt ihr auch einen Kaffee? Und etwas Süsses oder lieber ein Croissant?»
Gentleman der alten Schule. Schiebt mir sogar den Stuhl unter.
«Es ist schön, dich wieder einmal zu sehen, Francesco. Wissen Sie, Frau Kupfer, oder darf ich Nadine sagen?»
«Selbstverständlich.»
«Und ich bin Toni, meine Freunde nennen mich alle so. Weisst du, Nadine, Francesco macht sich ziemlich rar. Er kennt seine alten Freunde nicht mehr. Dabei sollte man einen alten Freund nicht fahren lassen, denn der neue kommt ihm nicht gleich.»
«Ich muss doch sehr bitten, Toni.»
«War ein Scherz mit einem klitzekleinen Funken Wahrheit. Ich weiss ja, Francesco, dass du viel um die Ohren hast. Du musst wissen, Nadine, Francesco hat mir vor Jahren bei einer sehr delikaten Angelegenheit geholfen. Dir kann ich das Geheimnis anvertrauen. Ich war damals an einem Ärztekongress in Wien. Ein Kollege bat mich, für ihn einen Koffer mitzunehmen. Ich bin eigentlich ein sehr vorsichtiger und bedachter Mensch. Aber weil die Bitte von einem Kollegen kam, habe ich mir nichts weiter dabei gedacht. Der Zufall wollte es, dass ich bei der Ankunft in Basel von einem Zollbeamten kontrolliert wurde. Zu meinem Entsetzen befand sich in dem Koffer eine ziemlich grosse Menge Rauschgift. Der langen Rede kurzer Sinn. Francesco boxte mich da raus und seither sind wir Freunde. Ah, da kommt endlich Dagmar. Aber wir hätten den Kaffee doch selber machen können. Vielen Dank, das ist lieb von dir.»
Nach dem Kaffee erhob sich Toni.
«Ich werde euch nun verlassen. Ihr wollt sicher etwas Wichtiges besprechen. Wir sehen uns später.»
Nadine sah dem alten, leicht humpelnden Arzt nach. Er hat das gewisse Etwas. Ja, das hat er.
«Den habe ich mir ganz anders vorgestellt», gestand Nadine.
«Er ist süss.»
«Dann gefällts dir hier, Dagi?»
«Super! Ich fühl mich total zu Hause. Das Haus ist ein wenig altmodisch eingerichtet. Aber das kann man leicht verändern. Toni sagt, dass ich so viel umgestalten darf, wie ich will.»
«Du willst also bleiben?»
Sie schaute Nadine irritiert an.
«Was für eine Frage! Selbstverständlich bleibe ich. So gut ist es mir noch nie gegangen. Toni ist wie ein Vater zu mir. Echt genial. Ich muss ihn allerdings ein wenig bremsen.
Weitere Kostenlose Bücher