Helvetias Traum vom Glück (German Edition)
dann komm und pfleg mich», befahl der schöne Sigi in einem Ton, der keine Widerrede zuliess.
Helen tat, wie ihr geheissen wurde.
«Du morgen kommen zu mir. Wichtig!», flüsterte sie Nadine beim Hinausgehen zu.
«Was will sie von mir?»
«Wir werden es erfahren, mit der Betonung auf dem Wörtchen wir. Ich lass dich auf gar keinen Fall allein. Man kann dich ja sowieso nirgends allein hingehen lassen. Das Resultat sieht man dir an. Der Turban steht dir übrigens ausgezeichnet.»
«Ha! Ha! Sehr witzig. Apropos allein, morgen bist du mich wieder los. Ich bleibe noch heute Nacht. Danach ist Schluss mit dem Umsorgen und mit der Kontrolle.»
Nadine parkierte den Porsche vor Ferraris Haus. Als sie ausstieg, blieb ihr Blick am vorderen linken Rad hängen.
«Verdammter Mist! In den letzten Tagen läuft auch alles schief. Jetzt habe ich noch den Felgen geschlissen. Komisch nur, dass ich nichts gemerkt habe. Schau nicht so doof. Das kann jedem passieren. Ich muss wohl das Trottoir gestreift haben.»
Das Glück ist auf deiner Seite, Ferrari! Nein, so geht das nicht. Du musst es ihr beichten, jetzt sofort, meldete sich das schlechte Gewissen. Sei still, oder ich schaff dich ab, konterte der Kommissär verschmitzt lächelnd.
11. Kapitel
Helen Löffler würde sicher nicht vor zehn Uhr früh ihrer Arbeit nachgehen. Zeit genug, um nochmals einen Blick in die Akten zu werfen. Nichts zu machen. Auch bei wiederholter Durchsicht stellten sich keine neuen Erkenntnisse ein. Patrick Stolz war absolut sauber. Ebenso Edgar Huber, was für Ferrari keine Überraschung war. Ausserdem wäre sicher irgendwo etwas durchgesickert, wenn Edgar straffällig geworden wäre. Als ehemaliger Polizist wurde er nämlich von den Kollegen mit Argusaugen beobachtet. Edgar war einer der wenigen gewesen, die trotz bevorstehender Beförderung den Weg in die Privatwirtschaft gewählt hatten. Ein hervorragenden Polizist, der nicht blindlings den Gesetzen Folge leistete, sondern auch einmal ein Auge zudrückte, ganz im Sinne von Ferrari. Er hatte Edgars Weggang sehr bedauert.
«Wollen wir, Nadine? … Herr Staatsanwalt?! Was verschafft uns die Ehre? Heute ist doch Sonntag, der Tag des Herrn.»
Jakob Borer war ohne zu klopfen eingetreten.
«Nicht so zynisch, Ferrari. Ich könnte Sie dasselbe fragen. Mir war so, als hätte ich Ihre Stimme gehört, Frau Kupfer. Sie sind doch krankgeschrieben. Was machen Sie hier?»
«Ich arbeite.»
«Nichts da, ab nach Hause. Ich will Sie erst wieder sehen, wenn mir ein Arzt bescheinigt, dass Sie absolut gesund sind.»
«Ich fühle mich gut.»
«Kommt nicht in Frage. Stellen Sie sich vor, es gibt irgendwelche Komplikationen und Folgeschäden, für die dann die Staatskasse aufkommen muss. Sie wären nicht die Erste, die sich so etwas ausheckt.»
Nadine griff sich an den Kopf. Die Schmerzen verstärkten sich.
«Das ist eine absolute Frechheit! Werfen Sie mir vor, dass ich hier auf IV mache?»
«Das habe ich nicht gesagt. Nur, dass es schon öfters vorgekommen ist. Die Mitarbeiter sind diesbezüglich sehr kreativ. Und glauben Sie ja nicht, dass Sie sich jetzt alles erlauben können, nur weil ich Ihnen einmal beigestanden bin. Es ging mir lediglich um die Einhaltung der Disziplin!»
Nadine sah hilflos zu Ferrari.
«Weihnachtskoller. Davor sind auch die härtesten Sünder nicht gefeit.»
«Habe ich Sie eben richtig verstanden, Ferrari?», raunte der Staatsanwalt.
«Ich denke schon. Bedauerlicherweise leiden Sie unter der weit verbreiteten Weihnachtsdepression.»
«Das ist unerhört! Auf diesem Niveau diskutiere ich doch nicht mit Ihnen beiden.»
«Wahrscheinlich sitzt der Herr Staatsanwalt an Weihnachten allein zu Hause, Nadine. Das ist traurig.»
«Sie! Was erlauben Sie sich?! Wie in jedem Jahr verbringe ich mit meiner Frau die Weihnachtszeit in Samedan. In unserem kleinen Chalet. Fein, aber mein. Zum Neujahr kommt dann unser Sohn mit seiner Freundin.»
«Danke für die Aufklärung, Herr Staatsanwalt. Dann ist ja alles in bester Ordnung.»
«Wie? Was? … Was erzähle ich da? Was geht Sie das überhaupt an, Ferrari?»
«Nichts. Ich habe Sie auch nicht danach gefragt. Sie sind eben ein kommunikativer Mensch.»
«Das ist die Höhe! Aber Ihr Ablenkungsmanöver zieht nicht. Nicht bei mir!» Seine Stimme überschlug sich. «Sie sind krankgeschrieben, Frau Kupfer. Basta. Und Sie, Ferrari, werden doch wohl in der Lage sein, den Fall allein zu lösen. Früher konnten Sie das jedenfalls oder sind Sie gar nicht so eine
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