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Hendrikje, Voruebergehend Erschossen

Hendrikje, Voruebergehend Erschossen

Titel: Hendrikje, Voruebergehend Erschossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Purschke
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irgend so ein Freak und bricht in schallendes Gelächter aus.
›19 nach!‹,
wiehert er.
›Das ist ja geil! Die Züge nach Frankfurt!‹
Und er kreischt richtig hysterisch und kriegt sich gar nicht wieder ein:
›19 nach! Die Züge nach Frankfurt! Ist das geil! Und die nach Hannover? He Fräulein, und die nach Hannover?!‹
Ich war völlig brüskiert, dass dieser Freak so ein Theater machte, und sagte sehr kühl:
›Das sind dieselben.‹
Das weiß doch jeder, dass die Züge von Hamburg nach Frankfurt über Hannover fahren, das war doch rein provokativ, dass der das fragte, aber er kreischte weiter, richtig laut:
›Dieselben! 19 nach über Hannover nach Frankfurt! Ist das geil-o-geil! Das glaubt mir kein Mensch!‹
Ich hab den dann ignoriert, aber die Oma fühlte sich verarscht, und zwar von
mir
, weil ihr zwischenzeitlich natürlich klar geworden war, dass sie
eine Kellnerin
nach den Abfahrtszeiten am Bahnhof gefragt hatte. Jetzt traute sie mir nicht mehr über’n Weg und dachte wahrscheinlich, ich würde mit dem Freak unter einer Decke stecken, dabei lag mir nichts ferner als das. Sie ging kopfschüttelnd raus und murmelte anklagend:
›19 nach, man wird ja wohl noch fragen dürfen, Entschuldigung.‹
Außerdem saß am Ecktisch noch die Babygruppe, also vier Mammas mit vier Babys, das heißt, dass später, wenn die weg sind, in jedem Aschenbecher, auf jedem Stuhl und in den Kerzen aufgeweichte Butterkekse liegen und unter jedem Stuhl ’ne volle Windel. Ich hasse das, aber das Ekligste war, dass ein Pärchen am Nebentisch dabei war, ein Baby zu machen, jedenfalls sah es so aus. Die Frau saß auf dem Schoß des Mannes, sie hatten ihre dicken Wintermäntel an und bewegten sich sehr, sehr seltsam. Ihre Gesichter verfärbten sich, also ehrlich, ich glaube, die haben gevögelt. Ich hab nichts gesagt, ich hatte einfach nicht das Gefühl, dass ich genügend Autorität gehabt hätte, jemanden auch nur davon abzuhalten, ans Vögeln zu
denken
, schließlich hatte ich eben noch nicht mal einer Oma die Abfahrtszeiten der Züge nach Frankfurt ungestraft mitteilen können.
    Aber zu meiner großen Beruhigung sah ich, dass der Nadelstreifensenator sich seine Socken jetzt wieder anzog, nach Verarztung seines Fußpilzes.
    Ich habe vier koffeinfreie Cappuccini an den Babytisch gebracht und kriegte Gesprächsfetzen dieser Muttis mit, also, diese Babys fingen an, mir leid zu tun. Dieser Freak saß am Nebentisch und kicherte die ganze Zeit glucksend in sich hinein, er hatte sich noch nicht wieder eingekriegt, und eine dieser Mammis keifte:
›Du bist das siebte Zeichen der Hautalterung!, hab ich zu ihm gesagt.‹
Ihre Freundin stöhnte:
›Ich musste die ganze Wäsche zu meiner Schwiegermutter schaffen!‹
Und die Dritte posaunte raus:
›Ich fühle mich jetzt den ganzen Tag trocken!‹
Die Erste schrie:
›Du bist das Schmutzereignis, das ich nicht vergesse!, hab ich ihn total angebrüllt.‹
Ich weiß nicht, ob sie ihren Mann oder ihr Baby meinte, und von dem Tisch, an dem das Pärchen sich einen Stuhl teilte, schmatzte es herüber und ich dachte: Gleich werde ich wahnsinnig, und da kam der doofe Bruno rein und setzte sich an den Tresen, und ich war so fertig, dass ich anfing, mich über den doofen Bruno zu freuen. Ich bin aus Versehen sogar richtig nett zu Bruno gewesen, ich hab ihm seinen Espresso hingestellt und ›Fröhliches Neues Jahr‹ zu ihm gesagt, aber er nickte nur und nuschelte ›Dito‹, und das hat mir dann gleich wieder gereicht.
Ich habe angefangen, Ernst herbeizusehnen, ich dachte, scheiß doch der Hund drauf, dass er nur mein Geliebter ist und nicht mein Freund, hoffentlich kommt er bald aus dem Skiurlaub zurück, damit ich mir mit ihm die Bettdecke übern Kopf ziehen kann. Ich dachte, Mensch, ich fahre am Abend nach der Arbeit nicht nach Hause, sondern gleich zu Ernst, auf meinem schönen roten Rennrad, ich dachte, heute muss er doch aus dem Skiurlaub kommen, die 14 Tage sind doch heute rum. Ich war ganz besessen von der Idee. Ich habe Feierabend gemacht und das Café abgeschlossen, und wie ich zu dem Fahrplan der Bahn komme, an dessen Metallrahmen ich immer mein schönes rotes Rennrad anschließe, da hing da nur noch das durchgesägte Schloss und mein schönes rotes Rennrad war weg.«
    »Ich halts nicht aus«, stöhnt die Palmenberg leise und stützt ihren Kopf erschöpft in die Hand, ihre Schreibhand, mit der sie schon lange nicht mehr mitschreibt.
    »Genau dasselbe hab ich auch gedacht«, sagt Hendrikje,

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