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Hendrikje, Voruebergehend Erschossen

Hendrikje, Voruebergehend Erschossen

Titel: Hendrikje, Voruebergehend Erschossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Purschke
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mich zu retten.
    Da habe ich gesagt, dass er mir doch
geraten
hat zu springen, weil das das Beste für meinen Seelenfrieden wär und ihm wär’s egal.
    Daraufhin wollte die Frau Kogge wissen, ob es für ein solches Gespräch Zeugen geben würde, und die gab es nicht, denn Lisa und Sophie waren uns keineswegs auf den Dachboden gefolgt, sondern hatten hübsch unten gestanden und den Ausgang bewacht. Es kam zur Verhandlung. Ich saß auf der Anklagebank und sagte, was ich zu sagen hatte, nämlich die Wahrheit. Dass Holger an dem Gift gestorben war, das Ernst für
mich
beschafft hatte, und dass man Holger in meinem Beisein in die Gefrierkühltruhe in Lisas Landhaus in Schleswig-Holstein gesteckt hatte. In der Zwischenzeit hatte man Holgers Leiche obduziert und das mit dem Metadon kam heraus.
Ich erzählte dem Richter, dass ich an jenem Abend, an dem Holger starb, fliehen konnte, und dass ich auch Anlass zur Flucht gesehen hätte, weil Ernst, nachdem Holger in der Truhe verstaut war, sich zu mir auf der Stiege umdrehte und:
So, Hendrikje, und nun zu dir
… gesagt hätte und dass mir das gereicht hätte.
    Lisa und Sophie saßen im Zeugenstand. Lisa war in einem anderen, parallel laufenden Prozess angeklagt, wegen der Vertuschung einer Straftat, also wegen Holger. Ich wunderte mich, dass nicht auch ich und Sophie wegen Vertuschung angeklagt waren, aber die Frau Kogge hat mir das erklärt: Sophie und ich hatten eine ungeplante Tat, nämlich den Totschlag an Holger, beobachtet. Und es ist nicht strafbar, wenn man so was nicht anzeigt. Aber Lisa hatte die Tat nicht nur beobachtet, sondern mitgeholfen, die Leiche aufs Eis zu legen, und ich und Sophie eben nicht, und damit hatte Lisa eine Straftat vertuscht. Wie gesagt, Holgers Tod kam erst durch Frau Kogge raus, die es von mir wusste, und die hat das natürlich nicht für sich behalten und so war Lisa völlig überrumpelt worden, als man ihr Landhaus in Schleswig-Holstein mit einem Durchsuchungsbeschluss nicht einmal umkrempelte, sondern sehr zielgerichtet gleich im Keller nachsah und sie plötzlich, genau wie ich, in Untersuchungshaft saß.«
    »Sind Sie beide sich dort begegnet?«
    »Nein. Ich weiß nicht, entweder saß Lisa in einem anderen Gebäude oder man hat extra besonders darauf geachtet, dass wir uns nicht begegnen, und ich glaube, dass das so war, denn ich kriegte irgendwann auf einmal mein Essen auf meiner Zelle serviert und durfte nicht mehr in den Speisesaal zu den grünen Gesichtern. Zuerst wusste ich nicht, warum das plötzlich so war, aber später wurde es mir natürlich klar: Lisa und ich sollten uns nicht austauschen können und unsere Aussagen, die wir ja noch vor Gericht machen mussten, nicht miteinander abstimmen können.
Also. Meine Verhandlung lief. Ich habe dem Richter alles genau so erzählt, wie es sich zugetragen hatte. Dann wurden die Zeugen befragt, also Lisa und Sophie. Und da sind mir ja fast die Ohren abgefallen, als die zu erzählen anfingen. Lisa war die Wortführerin, natürlich, denn Sophie saß mit schon einem kleinen Kugelbäuchlein nur da und heulte, was das Zeug hielt.
    Lisa also sagte, man dürfe mir, ihrer Ansicht nach, kein Wort glauben. Man möge doch bitte so freundlich sein und überprüfen, ob ich überhaupt vernehmungsfähig wär, denn alles, was ich erzählt hätte, käme ihr vor wie eine absolut verzerrte Wahrnehmung aller Ereignisse, und ich hätte eine Schuldpsychose, immer schon, ich würde mich an allem und allem immer schuldig fühlen, auch wenn ich gar nicht schuld wäre, auch, wenn in Afrika die Kinder verhungern oder wenn es im Juli regnet. Es sei nämlich ihrer Wahrnehmung nach so gewesen, dass Holger sich selbst getötet hätte, mit einem Gift, das er an jenem Abend aus seiner Jackentasche gezogen hätte. Das wollte sie sogar gesehen haben. Und sie hätte sich gar nichts dabei gedacht, als sie das sah, es hätten ja ebenso gut Bachblüten sein können oder flüssige Kopfschmerztropfen, die Holger vielleicht prophylaktisch einnahm, weil ja sehr viel getrunken worden wär an jenem Abend. Und es könnte theoretisch auch sein, dass Ernst ihm vorher das Fläschchen mit der Flüssigkeit gegeben hätte, aber das hätte sie jedenfalls nicht gesehen. Jedenfalls wäre die Geschichte von dem Selbstmord, den ich angeblich im Kreis meiner Freunde mit deren Wissen und Einverständnis geplant hätte, der reinste Humbug, so was würde sie heute zum ersten Mal hören, sagte Lisa, es würde aber zu mir und meiner geschundenen

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