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Hendrikje, Voruebergehend Erschossen

Hendrikje, Voruebergehend Erschossen

Titel: Hendrikje, Voruebergehend Erschossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Purschke
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noch irgendwas zu sagen hätte, ich hätte das letzte Wort. Und ich hab gesagt: ›Ich könnte kotzen.‹
Ich habe ihm erklärt, dass das Quatsch ist, dass Holger sich umgebracht hätte, dass es so gewesen war, wie ich es bereits gesagt hatte, dass Ernst das Gift mitgebracht hat, weil
ich
mich im Kreis meiner Freunde umbringen wollte, wie wir das an meinem Geburtstag ‘ne Woche vorher verabredet hatten. Und dass Holger immer schon, da, wo andere Leute
ein
Eis essen,
zwei
Eis gegessen hat und dass er deshalb das vergiftete Sorbet gegessen hat. Und dass es Quatsch ist, dass man Holger wegen emotionaler Überforderung in die Gefrierkühltruhe gelegt hat und auch nicht um eine Straftat zu vertuschen, sondern wegen seiner Nieren, damit die frisch bleiben, weil Sophies Vater eine braucht. Und dass es Quatsch ist, dass ich Ernst verlassen habe, sondern dass im Gegenteil Ernst
mich
verlassen hat, und zwar
wegen
Sophie, und dass es Quadratquatsch ist, dass Ernst als werdender Vater von ganz allein vom Dach gefallen wär, sondern dass ich ihn im Gegenteil geschubst habe. Mit Absicht. Und dass ich das wieder tun würde, wenn er mir wieder da oben sagen würde, dass es ihm egal wär, ob ich springe oder nicht, und dass aus mir sowieso nichts mehr werden würde, nicht als Frau und nicht als Malerin, und dass man mit meinem Namen nicht mal Liebe machen kann.
    Und dass Lisa und Sophie kein Wort davon mitgekriegt haben, weil sie überhaupt nicht im Dachbodenfenster standen und zuhörten, sondern unten im Treppenhaus gewartet haben und deshalb auch ganz schnell – und zwar vor meinen Augen – bei der Leiche unten im Hof sein konnten. Und dass ich Ernst zwar geschubst habe, aber aus Notwehr. Und dass Ernst zwar keine Bewegung gemacht hat, die mich zu der Annahme verleiten hätte können, dass er mich schubsen wollte, aber ich wusste, dass er mich schubsen
würde
, es war ehrlich nur noch eine Frage von Minuten oder weniger. Denn dass er überhaupt auf das Dach zu mir geklettert kam, hatte ja nichts anderes zu bedeuten gehabt, als dass er mich hatte schubsen
wollen
, Ernst tat nämlich nichts, also wirklich gar nichts, ohne vorher Ursache und Wirkung und das daraus zu schlagende Kapital berechnet zu haben!
Der Richter wollte jetzt von mir wissen, welcher Art denn das daraus zu schlagende Kapital hätte sein können, wenn ich vom Dach gesprungen wäre. Und ich sagte ihm: ›Na, meine Wohnung! Ich hatte ihm doch als werdendem Vater meine Wohnung versprochen, und die Renovierung lief ja bereits. Er hatte ja die Handwerker ins Haus geholt, ehe ich überhaupt tot war!‹
    ›Mit denen sie dann erst mal geschlafen hat!‹, traute Lisa sich, ohne gefragt zu sein, einzuwerfen, und da hat es mir aber gereicht und ich habe mich zu Lisa umgedreht und gesagt: ›Nee, Lisa,
das
war gelogen.
Geschlafen
habe ich mit Dieter!‹ Und da wurde sie bleich und hielt ihre Klappe.
    Hier erst erfuhr der Richter davon, dass Ernst zur Belohnung für seine Hilfe bei meinem Selbstmord die Wohnung bekommen sollte, und sagte ›Ahaa …!‹
    Ich erzählte, dass wir sogar einen Untermietvertrag getürkt hatten, so dass der Vermieter denken sollte, dass Ernst schon seit zwei Jahren bei mir und meiner Omi zur Untermiete gewohnt hätte und er ihn also nicht so ohne weiteres hätte rausschmeißen können. Und dass ich sogar einen juristisch einwandfreien Abschiedsbrief geschrieben hatte, um meine Freunde nicht zu belasten, und dass es Lisa war, die darauf besonderen Wert gelegt hatte, dass ich aber diesen Abschiedsbrief nicht mehr hätte, dass ich den verbrannt hatte, nachdem ich von der Lungenentzündung genesen war.
    Der Richter sagte, dass ein Abschiedsbrief in diesem Fall sowieso kein Beweis wäre, denn den hätte ich ja sonst wann geschrieben haben können. Aber der Untermietvertrag wär interessant, und wo der denn steckte. Daraufhin wurde die Verhandlung vertagt und es wurde Ernsts Wohnung durchsucht. Man fand diesen Untermietvertrag und besah daraufhin noch mal meine Wohnung. In der Zwischenzeit waren Küche und Bad wohl komplett neu gemacht worden. Neu gekachelt, neue sanitäre Anlagen, Einbauschränke. Aber da der Bauherr nicht wieder aufgekreuzt war, waren alle anderen Arbeiten gestoppt worden und alle fünf Zimmer waren noch so, wie die Omi und ich in ihnen gewohnt hatten. Omis Schlafzimmer, ihr Wohnzimmer, ihr winziges Nähzimmer und das Esszimmer waren mit ihren Möbeln, ihren Häkeldeckchen und ihren Porzellanballerinas vollgestopft, und mein

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