Hengstgeflüster (German Edition)
unterstützte diese Geste. Dieses hinterhältige Tier hatte sich also auch in sie verguckt.
Er hielt befangen inne. Auch in sie verguckt? Hatte er sich etwa in diese nervtötende Granate verguckt? Nein, das konnte nicht sein. Bell war unterhaltsam und ein ebenbürtiger Gegner. Vor allem aber war sie nervig. Chris war scharf wie eine Tellermine, doch verguckt hatte er sich ganz sicher nicht in sie.
„Sei das nächste Mal ein bisschen netter zu ihm, okay? Wir wollen doch nicht, dass er dich wieder weggibt“, fuhr sie fort, „und falls er dir zu sehr auf die Pelle rückt, dann sagst du´s einfach und ich werde seinen Sattel mal so richtig einölen. Einverstanden?“
Chris räusperte sich.
Ertappt fuhr sie herum. „Entschuldige bitte, aber das hier ist ein Privatgespräch“, meinte sie gespielt beleidigt.
„Ich hatte eher das Gefühl, ihr plant einen Aufstand“, entgegnete Chris.
„Er brauchte ein wenig seelischen Beistand. Ich wollte ihm nur ein paar Tipps geben, wie er mit dir umgehen muss…“, sagte sie so selbstverständlich wie ein professioneller Psychiater.
„Du meinst also, du bist ein Profi, was mich betrifft?“, frage er belustigt.
„Natürlich bin ich das. Denn wenn du bei mir schreist, dann nicht aus Zorn sondern weil ich dich so in die Mangel nehme…“, sie war sich ihrer Macht über ihn also bewusst. Dieses verflixte Weib, kaum reichte man ihr den kleinen Finger…
„…das wird ihm zwar nicht viel helfen, wenn ihr beide so richtig zur Sache kommt, aber ich dachte mir, vielleicht geht’s ihm besser, wenn er solche Dinge einfach weiß, verstehst du?“ Bell streichelte Tango am Hals. Er hob sein Köpfchen und pustete ihr zärtlich ins Ohr.
„Hör zu, ich habe mir überlegt…“, rang er um Worte.
Bell wurde hellhörig.
„Was hältst du davon, wenn wir gemeinsam trainieren? Du mit Tango und ich mit Annie….“
Er sprach gleich weiter, bevor sie von vornhinein ablehnen würde. „Die beiden müssen Anfang September auf demselben Level sein und es kann nicht schaden, wenn Casanova sich ein wenig von Annie abgucken würde.“
Sie wollte etwas erwidern, doch er fuhr gleich fort. „Ich kann nicht mit beiden gleichzeitig arbeiten und…“, er fuhr sich mit der Hand durchs Haar, „… und ich zahle dir auch das Doppelte.“
„Das würde bedeuten, dass ich dich den ganzen Tag um mich haben werde“, folgerte sie nachdenklich.
„Tja…“, zuckte er ergeben mit den Schultern.
„Also, ob ich das ohne psychologische Betreuung hinbekomme? Und denk erst mal an den armen Kleinen hier, den du so verschreckt hast….“, sie deutete auf Tango.
„…das Dreifache und einen richtigen Cowboyhut gegen die Sonne“, erwiderte Chris.
Sie neigte den Kopf und betrachtete ihn belustigt. „Okay“, sagte sie.
Sie hatte ihn hereingelegt, diese hinterhältige, durchtriebene Frau, bemerkte er kopfschüttelnd.
Sie streichelte Lulu und verkniff sich ein Lächeln.
„Ich hätte dir auch noch mehr gezahlt“, sagte er dann in ernsterem Ton und blickte ihr in die Augen.
„Ich hätte es auch umsonst getan“, entgegnete sie, drehte sich um und ließ ihn stehen.
„Aber den Hut, den will ich haben. Einen braunen aus Leder“, rief sie ihm beim Hinausgehen noch zu.
Bevor die Mittagssonne mit ganzer Kraft herunterknallte, fuhren Bell und Natalia mit Lori auf den wöchentlichen Markt in Cascine di Buti um die Einkäufe zu erledigen. Vergnügt schlenderten sie durch die Reihen von Ständen, an denen Marktschreier überschwänglich und laut frischen Fisch, Schweine- und Rinderfleisch und tonnenweise saftiges, reifes Obst zum Verkauf darboten. Dazwischen hingen Tücher und Kleider in schillernden Farben und außergewöhnlichen Schnitten. Bell liebte die Betriebsamkeit der heiteren Menge, all die vielschichtigen Geräusche und intensiven Gerüche. Aus jeder Ecke sprachen sie redselige Leute an und wollten die Aufmerksamkeit der fremden Frauen auf ihre Waren lenken. Es roch nach Fisch, Hitze und Schweiß. Nach frischen Feigen und Trauben. Ein alter Mann saß auf einem klapprigen Sessel und rauchte gemütlich seine Zigarre und eine gebückte Alte wetterte temporeich auf ihn ein. Sie schleuderte ihm heißblütig das Tagesblatt an den Kopf. Der Mann ließ es mit stoischem Gleichmut über sich ergehen.
Bell musste grinsen. Dieses hitzige Temperament hier gefiel ihr ausnehmend gut. Hier fühlte sie sich leicht und frei wie ein Vogel. Ihr üblicher Schwermut und die Last, die sie normalerweise mit
Weitere Kostenlose Bücher