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Hengstgeflüster (German Edition)

Hengstgeflüster (German Edition)

Titel: Hengstgeflüster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Levi
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sich herumschleppte, schienen immer kleiner zu werden, das Gewicht des Ballastes leichter und leichter. Sie fühlte sich beinah wie eine normale, unbeschwerte Frau. Es war einfach zu schön, um wahr zu sein.
    Natalia bewunderte unterdessen mit Lori einen der farbenprächtigen Tücherstände.
    „Glaubst du, es würde Dad gefallen, wenn ich ihm eins davon mitbringen würde?“, fragte Lori gerade Natalia.
    Sie verkniff sich ein Lächeln und meinte überzeugt: „Er würde bestimmt toll darin aussehen.“
    „Kleines, würde es dir gefallen eins für ihn auszusuchen?“ mischte sich Bell schadenfroh dazwischen. Sie sah Chris bereits vor sich, mit einem leuchtend grellen Tuch um seinen Dickschädel, das ihn wie einen schwulen Maharadscha aussehen lassen würde.
    Natalia schien denselben Gedanken gehegt zu haben. Bell hatte keine Gewissensbisse, Lori für diese Art ihrer Rache zu missbrauchen.
    Sie deutete auf das auffallende, pink– gelb– grüne Seidentuch und es wurde gleich vom Haken genommen und eingepackt.
    Natalias Verhandlungsgeschick erinnerte an einen Politiker beim G8-Gipfel, dass Bell nur so staunte. Belustigt blickte sie die ältere Frau an. „Du könntest sogar dem Präsidenten sein Präsidentenamt abschwatzen.“
    Natalia lachte vergnügt. „Mit den Jahren entwickelt man in Italien einfach ein gewisses Verhandlungsgeschick.“
    „Hier herrscht sogar noch mehr Trubel als auf einem türkischen Bazar“, meinte Bell kopfschüttelnd.
    „Da hast du gar nicht so Unrecht“, sagte Natalia und deutete auf die frischen Feigen weiter links und machte sich vom Acker.
    „Komisch, dass…“, begann Bell, wurde jedoch rüde unterbrochen.
    „Geben Sie das her.“ Eine alte, etwas gebückte Frau riss Bell die Tüte mit dem Seidenschal, der als Geschenk für Chris gedacht war, aus der Hand.
    „Bitte, bitte, keine Ursache“, konterte eine überraschte, aber durchaus nicht auf den Mund gefallene Bell. „Steht Ihnen sicher wunderbar.“
    Sie musterte die dürre Alte, die über die Tasche gebeugt dastand und neugierig ihre Nase hineinsteckte. Sie war von oben bis unten in einen blitzblauen Satinoverall gehüllt, der an ihr so fehl am Platz wirkte wie ein Affe im Supermarkt. Ihr faltiges Gesicht war mit tonnenweise viel zu hellem Make-up verschmiert und von ihren falschen Zähnen leuchtete ein gar nicht dezenter, leuchtend roter Lippenstift. Ihr langes Haar fiel in weichen, wasserstoffblonden Wellen bis über ihren gebeugten Rücken hinunter. Sie wirkte wie ein in die Jahre gekommener Möchtegern-Paradiesvogel, umgeben von einer durch und durch niederträchtigen Aura der Bosheit. Die Ignoranz dieser Person schlug wie eine Welle über Bell zusammen. Es war genau jene Ignoranz, welche die Frau daran gehindert hatte, in Würde zu altern.
    „Wie heißen Sie?“, fragte diese Bell barsch, die einen durchdringenden texanischen Slang heraushörte.
    „Bellona Torres, und Sie?“
    „Und du, sag mir deinen Namen!“, fuhr sie daraufhin Lori an, die sich angsterfüllt an Bells Hand festkrallte.
    „Wer ist diese Frau, Bell?“, fragte Lori mit großen Augen.
    „Kannst du nicht auf eine einfache Frage antworten, du kleine Göre“, zischte die Alte.
    Jetzt wurde es Bell aber langsam zu bunt. „Die Umgangsformen verbieten es mir, Ihnen diesen toten Fisch um die Ohren zu schlagen“, sagte sie lächelnd, aber mit zusammengebissenen Zähnen. „Aber sollten Sie nicht gleich damit rausrücken, wer zum Teufel Sie sind und was Sie von mir und Lori wollen….“
    Wieder wurde sie barsch unterbrochen. „Lori? Meine Güte, wie kann man ein Kind nur nach einem Papagei benennen?“
    „Ich mag Papageien“, protestierte Lori schwach.
    „Wer hat denn mit dir geredet?“ zischte die Alte. „Du bist ein unhöfliches Gör.“
    Lori ging sprichwörtlich die Luft aus.
    Bell wandte sich suchend um. Wo war bloß Natalia geblieben? Sie sollte sich besser schleunigst hierher bewegen, bevor es Tote gab…
    „Lady“, begann Bell und atmete tief durch, „es hat uns sehr gefreut Ihre überaus freundliche Bekanntschaft zu machen.“
    Die Alte zischte beleidigt und spuckte dabei einen wahren Sprühregen aus ihrem grotesk bemalten Mund.
    Bell legte einen Arm um Lori, damit sie nicht zu viele Hände freihatte, um diese gemeine alte Spucktüte zu erwürgen.
    „Ist das dein Schal? Hast du den für dich gekauft“, fragte die Fremde Lori knapp, wartete ihre Antwort aber nicht ab. „Sieh dich nur an, wie du aussiehst, ganz farblos und ohne

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